INFO: Baustopp des Radschnellwegs Ruhr RS1 in Essen – Die Fakten!

Viele haben es schon mitbekommen das in Essen der plötzliche Baustopp des Radschnellwegs Ruhr RS1  hohe Wellen schlägt. Die vielen Presse-Artikel und die mediale Berichterstattung überschlagen sich zum Teil (schaut dazu auch mal auf meine facebook-Seite!) Um was es dabei eigentlich geht und wie die Faktenlage aussieht, hat Mirko Sehnke (Vorstand des ADFC Essen) einmal gut leserlich zusammengefasst. Hier also einmal die Zusammenfassung:

Radschnellweg Ruhr – RS1 wird wohl in Essen frühestens ab 2020 einen Lückenschluss bekommen

Die Essener Radverkehrsverbände und –initiativen hatten es schon länger befürchtet, nun wurden die Befürchtungen leider bestätigt.

Erstmals alarmiert wurden wir bereits 2015, als eine Präsentation zum „Eltingviertel“ auf der Webseite der Stadt Essen veröffentlicht wurde. In dieser Präsentation wurde eine Vision zu besagtem Viertel vorgestellt in der der geplante Verlauf des RS1 komplett durch Neubebauung überplant, der für den kreuzungsfreien Verlauf des RS1 wichtige Bahndamm komplett entfernt dargestellt wurde.

Schon damals haben wir unsere Bedenken schriftlich bei der für das Projekt zuständigen Leiterin beim Amt für Stadterneuerung und Bodenmanagement der Stadt Essen und den Ansprechpartnern der Projektpartner Vonovia (vormals Deutsche Annington) und Innovation City Management GmbH geäußert.

INFO: Baustopp des Radschnellwegs Ruhr RS1 in Essen – Die Fakten!

Unsere Bedenken wurden damals als unbegründet mit der Aussage zurückgewiesen, diese Grafik stamme lediglich aus einer externen Vorabstudie, konkrete Planungen der Stadt gäbe es noch keine.

Am 18.02.2016 wurde dann durch Stadtdirektor Best im Ausschuss für Stadtentwicklung und Stadtplanung erneut das Projekt „Eltingviertel“ vorgestellt, darin wird erneut eine vorliegende Studie erwähnt.

„Es liegt nun ein städtebaulicher Entwurf eines renommierten Planungsbüros (Speer und Partner) vor, der von der Vonovia in Auftrag gegeben wurde und eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen für das Eltingviertel enthält. Er bezieht sich (auch) … auf den Übergang zwischen Eltingviertel und Viehofer Platz.“

Mehrfache Anfragen und Bitten um Einsicht in diese Studie wurden mit der Aussage „Die Veröffentlichung dieser Studie ist seitens der Stadt nicht vorgesehen“ abgelehnt, selbst Ratsmitglieder der Stadt Essen haben uns glaubhaft versichert, keinen Einblick in diese Studie zu haben.

Alle Personen aus lokaler Politik, Verkehrsministerium NRW, RVR und weitere, die wir schon frühzeitig auf mögliche Überplanungen im Eltingviertel hingewiesen haben, haben uns ähnlich wie die Stadt beschwichtigt und betont es bestünde keine Gefahr für den RS1 und den Bahndamm.

Wir haben sehr auf einen Anschub und Weiterbau des RS1 im Jahr der „Grünen Hauptstadt – Essen 2017“ gehofft, war dieser doch auch explizit als eines der Leuchtturmprojekte in der Bewerbung der Stadt Essen hervorgehoben und wurde auch bei jeder sich bietenden Möglichkeit Bestandteil von Reden seitens der Stadtspitze, selbst in den Reden bei der Eröffungszeremonie zur Grünen Hauptstadt Europas am 21.01.2017 war der zügige Weiterbau des RS1 einer der genannten Punkte.

Es sah auch erst alles sehr gut aus:

– die Änderung des Straßen- und Wegegesetzes die Radschnellwege Landesstraßen gleichstellt und die somit in die Baulast des Landes fallen
– zugesagte Fördermittel des Landes NRW für Ortsdurchfahrten bei Städten >80.000 Einwohnern
– Aufnahme von Radschnellwegen in den Bundesverkehrswegeplan und zugesagte Bundesförderungen

Der Landesbetrieb Straßen.NRW übernimmt vom RVR die Planung und Ausführung für den RS1 und im Planungsausschuss des RVR am 16.11.2016 gibt es in einer Präsentation zum aktuellen Planungsstand erfreuliche Neuigkeiten zum Weiterbau des RS1, darunter explizit auch der Abschnitt Essen-Gelsenkirchen.

– Entwurfsplanung bis Ende 2016
– Gehölzschnitt im Februar 2017
– Einzelfallprüfung gem. § 3c UVPG durchgeführt
– Zustandsbewertung BW durch Brückenprüfer ist erfolgt -> Bauwerke für RS 1 ohne großen Aufwand nutzbar
– Bauwerks-Entwurf Gladbecker Str. ab 1. Quartal 2017

Es drängt sich der Verdacht auf, das ein Teilnehmer dieser Sitzung bei dieser Präsentation jäh aus seinen visionären Träumen zum Eltingviertel gerissen wurde und es mit der Angst zu tun bekommen hat. Noch am selben Tag wurde nämlich ein gemeinsamer Eilantrag von SPD/CDU für den einen Tag später (am 17.11.2016) tagenden Ausschuss für Stadtentwicklung und Stadtplanung mit folgendem Wortlaut verfasst:

„Die Verwaltung wird im Zuge der Planung des Radschnellwegs Ruhr RS1 gebeten, die möglichen Varianten einer Entwicklung im Bereich des Bahndamms der ehemaligen Rheinischen Bahn zwischen Gladbecker Straße und Goldschmidtstraße zu prüfen. Die Öffnung der angrenzenden Quartiere zur Innenstadt durch eine zumindest teilweise Abtragung des Bahndammes und die Schaffung neuen – möglichst öffentlich-geförderten – Wohnraums muss dabei Bestandteil der Planungen sein.“

In der Begründung zu diesem Antrag schwärmen die beiden Unterzeichner des Antrages Peter Dinkelmann (sachkundiger Bürger – SPD) und Uwe Kutzner (Ratsherr – CDU) geradezu von Stellen am Niederfeldsee oder an dem Universitätsviertel an denen der Bahndamm bereits komplett abgetragen wurde.

Natürlich haben wir auch diesen Antrag kritisiert und bei entsprechenden Stellen hinterfragt, man kann es schon ahnen wie die Antwort lautete: „Es besteht keine Gefahr für RS1 und Bahndamm, maximal wird dieser ein wenig schlanker“. Wie man aber eine Öffnung des Viertels mit einem schmaleren Bahndamm hinbekommen möchte, möchte sich uns nicht wirklich erschließen. Zitat von einem sehr geschätzten ADFC-Kollegen dazu:
„Auch ein etwas schmalerer 20m hoher Wall bleibt trotzdem noch ein Wall“.

Auch gibt es Bestrebungen im o.g. Ausschuss die eigentlich für den RS1 nutzbare Brücke über die Altenessener Straße abzureißen und durch eine neue, breitere Brücke zu ersetzen. Hier ist dann mit weiteren Verzögerungen und Kostensteigerungen zu rechnen die in diesem Fall zu Lasten des Stadthaushaltes gehen dürften.

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Die alte Bahnbrücke am Eingang der Altenessener Straße / Viehofer Foto: Frank Rosinger

Zum Jahreswechsel schreibt die Essener Fahrrad Initiative (EFI) einen offenen Brief an Oberbürgermeister Thomas Kufen, eine der Hauptforderung für dieses Jahr:
„Bringen wir (deshalb) den Radschnellweg mit einem Spatenstich in östliche Richtung noch in 2017 voran, ohne uns in Einzelheiten wie die Anbindung einzelner Anschlussstellen, z.B. am Eltingviertel, zu verlieren!“

Schon diese Antwort am 15.01.2017 fällt eher kurz, knapp und ernüchternd aus, verfasst wurde diese von Umweltdezernentin Simone Raskob. In dieser wird bezüglich des RS1 auf eine von Grün und Gruga geplante Alternativstrecke (die sogenannte „Intercityroute“) verwiesen, bezüglich der eigentlichen RS1-Streckenführung Klärungs- und Gesprächsbedarf mit dem Bauministerium genannt ohne diese näher auszuführen.

Schon durch den Umstand, dass diese Alternativroutenplanung besteht, drängt sich bei der Essener Fahrradcommunity die Vermutung auf, das es bezüglich des RS1-Weiterbaus wohl zu größeren Verzögerungen kommen wird. Warum baut man eine Alternativstrecke und nicht am eigentlichen Trassenverlauf weiter?!?

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Geplanter Verlauf der Alternativstrecke „Intercityroute“ (Öffentliche Vorlage im Ratsinformationssystem der Stadt Essen)

Spätestens als uns erste Informationen bezüglich einer Ablehnung seitens der Landschaftsbehörden zum geplanten Freischnitt erreichen ist eine neue Eskalationsstufe erreicht und wir bereiten eine Informationsveranstaltung zum RS1 vor.

Durch vermehrte Rückfragen zum Thema RS1 aus der Essener Fahrradcommunity beim Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen und dessen offener und ehrlicher Antwort überschlagen sich jedoch die Ereignisse. Antwortet er anfangs noch sichtlich optimistisch zum Weiterbau des RS1, so fällt seine detaillierte Antwort am 24.01.2017 leider deutlich ernüchternder aus und übertrifft unsere schlimmsten Befürchtungen um Längen:
–   Die Rodungsarbeiten auf dem Bahndamm mussten aufgrund von Einsprüchen der Naturschutzbehörde erstmal ruhen.
– Der vorgesehene Baubeginn im Januar 2017 konnte nicht gehalten werden, weil gemäß Änderung des UVP-Gesetzes im Dezember 2016 nunmehr eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) notwendig ist. Diese UVP wiederum macht gemäß § 38 Abs. 1 StrWG NRW ein Planfeststellungsverfahren notwendig. Mit der UVP soll zeitnah (April 2017) begonnen werden (Dauer ca. 9 Monate) und in diesem Zusammenhang die Öffentlichkeit beteiligt werden. Der Einstieg in das Planfeststellungsverfahren ist für das erste Halbjahr 2018 vorgesehen (Dauer ca. 2 Jahre).
– Eine Entbehrlichkeitsprüfung der Deutschen Bahn AG hinsichtlich der Güterbahnstrecke steht noch aus.
– Die Beschaffenheit des Bahndamms (mögliche Altlasten) muss bei den Planungen berücksichtigt werden.
– Die Stadt Essen ist in die Planungen von Straßen.NRW. eingebunden, um eine vernünftige städtebauliche Einbindung des RS1 im Bereich Eltingviertel/Viehofer Platz sicherzustellen.

Insbesondere der letzte Punkt lässt jedoch wieder aufhorchen … „städtebauliche Einbindung im Bereich Eltingviertel“?!? Die Sorgen um den Erhalt des Bahndamms und der somit kreuzungsfreien und steigungsarmen Führung des RS1 sind noch lange nicht ausgeräumt.

Wir wollen uns an dieser Stelle jedoch ausdrücklich bei Herrn Oberbürgermeister Thomas Kufen für seine ehrliche und offene Art bedanken und auch dem Team der „Grünen Hauptstadt Europas – Essen 2017“ explizit für ihren Einsatz und ihre Motivation danken. Wir gehen stark davon aus, dass selbst der Oberbürgermeister erst nach ersten Presseanfragen zu diesem Thema von seinem Amt für Stadtentwicklung zu diesem Sachverhalt „die Karten auf den Tisch bekommen hat“. Der „faule Apfel“ sitzt definitiv an anderer Stelle in der Verwaltung, die leider in vielen Bereichen die Umsetzung der „Grünen Hauptstadt“ entweder nicht unterstützt oder sogar torpediert, sei es aufgrund anders gelagerter Interessen und möglicher Einflüsse von Investoren wie der Vonovia im Bereich Eltingviertel oder einer quasi Arbeitsverweigerung durch ein noch immer fehlendes Konzept zum Ziel Modal Split 2020 (11%) und 2035 (25%).

Gerade durch die o.g. zeitlichen Zusammenhänge drängt sich irgendwie der Verdacht auf, das gewisse Stellen in der Verwaltung das ganze bewusst (und sicherlich in Kenntnis der Gesetzesänderungen) zeitlich verschleppt haben um die eigene „Vision Eltingviertel“ zu schützen.

Scheinbar scheint es in Essen leider schon „5 nach 12“ zu sein, einzige Hoffnung auf einen zügigen Weiterbau des RS1 ist ein verkürztes Prüfungsverfahren oder ein möglicher Ministerialerlass seitens der NRW-Minister Johannes Remmel (Umwelt) und Michael Groschek (Verkehr).

Mirko Sehnke (Vorstand ADFC Essen)

Mittlerweile hat sich sogar NRW-Verkehrsminister Michael Groschek zu dem Thema geäußert. Doch die Lesart lässt zu wünschen übrig. Es wird so dargestellt als ob behauptet wurde der RS1 würde komplett von einem Baustopp betroffen sein. Das hat jedoch niemand gesagt! So manch einer hätte sich da ein bisschen noch mehr positives einmischen seitens des Ministers gewünscht. Lassen wir es mal so stehen.

Aufrufen möchte ich hier aber trotzdem – auch wenn es jetzt sehr kurzfristig ist –  zur Informationsveranstaltung des ADFC und der EFI am morgigen

SAMSTAG, den 28.1.2017 um 11:55 ( fünf vor zwölf) auf dem Viehofer Platz in Essen!

Wenn es sich einrichten lässt erscheint bitte! Vielen Dank!

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