Nachdem die ersten Tage in Delhi einen Kulturschock erster Guete verursacht haben, wenden wir der Hauptstadt den Ruecken zu. Auf der Fahrt nach Ajmer wird das Gebiet laendlicher. Der Molloch liegt nun hinter uns. Kuehe, Ziegen, Kamele und Affen lungern auf den Strassen herum. Ein absurdes Bild: Zwischen aermlichen Hauesern bauen Toyota, Vodafone, Blackberry und Co. Flagshipstores mit glaenzenden Glasfassaden.Viele Gebaeude sehen angefangen und nicht beendet aus. Man hat das Gefuehl, das Land soll ueber Nacht modernisiert werden. Nur leider sind die Leute zu arm, um Mieten zu zahlen und die Gebaeude instand zu halten.
Ajmer beherbergt einen heiligen Sufhi-Schrein. Der ”Dargha” zieht jedes Jahr Hunderttausende von muslimischen Pilgern an. Eine Person aus unserer Reisegruppe ist Moslem und wir machen wir uns auf den Weg zum Schrein. Schnell bemaechtigt sich ein Guide unserer Gruppe. Tuecher und Blueten werden gekauft. Diese brauchen wir als Gabe fuer eine Art Segnung und nicht zuletzt als versteckte Bezahlung fuer den Guide. Eine Person aus der Gruppe riecht an den Blueten. Alle umstehenden Personen schauen uns missbilligend an. Was haben wir falsch gemacht? An den Blueten zu riechen verunreinige sie. Sorry! Nicht gewusst.
Wir laufen in Richtung Schrein. Bis jetzt kann ich noch nichts aussergewoehnliches an diesem Ort entdecken. Die enormen Fussnaegel unseres Guides erscheinen mir bisher am interessantesten. Lang und gelblich verdreht. Kaum habe ich diesen Gedanken zu Ende gebracht, wird mein Kopf in ein gruenes Tuch gestopft, arabische Woerter prasseln auf mich ein. Kurz danach werde ich in Hoechstgeschwindigkeit durch verschiedene Stationen geschleust, soll mich hinknien und ”yes you can give…’! Ich zuecke bei der erstbesten Gelegenheit einen viel zu grossen Schein. Am Ende habe ich kein Geld mehr und paradoxerweise ein schlechtes Gewissen, dass fuer den Schrein irgendeiner verstossenen Tochter nichts mehr uebrig ist. Ihr haette ich noch am liebsten meine Rupien angedeihen lassen.
Es gibt auch einen Zaun, an dem man einen Zettel mit seinen Wuenschen befestigen kann. Der Zaun will nicht mal Geld. Es fuehlt sich schon ganz gut an. Die Suche nach Spiritualitaet steckt in mir. Die Hoffnung, dass mein Wunsch in Erfuellung geht, keimt auf. Am Schluss bete ich an der Moschee. Es kribbelt. Begehe ich ein Sakrileg, weil ich nicht glaeubig bin? Bevor der Schrein schliesst, finden sich alle Glaeubigen vor dem Eingang der Moschee wieder und lauschen den Trommeln und dem Gesang des Kawalli. Am Ende fuehle ich mich traurig. Ich weiss selbst nicht genau, weshalb. Vielleicht weil ich merke: Hier kannst du nicht dazugehoeren. Die Reise geht weiter…
Am naechsten Tag vollzieht sich in Pushkar ein aehnliches Schauspiel. Hier soll einst Brahma, der hoechste Hindugott, eine Lotusbluete fallengelassen haben und ein See entstand. Dieser See ist heute eine Pilgerstaette fuer Hindus. Auch hier unterziehe ich mich, wieder halb zwangsweise, einer religioesen Zeremonie. Ein runder Mann mit weißem Bart drueckt mir Rosenblatter in die Hand und laesst mich Reime nachsprechen. Om und meine Familie kommen darin vor. Die Repetition der Worte ist angenehm. Und waehrend ich mich langsam entspanne, hoere ich mich selbst auf einmal sagen: “and I will donate Money…”. Was? Fuck! Will ich doch gar nicht. Also doch wieder nur das gleiche Spiel hier: Teurer Glaube. Hindus und Moslems sind sich dabei nicht so verschieden…