Der Präsident der konservativen Fraktionen im Europaparlament, Jaime Mayor Oreja, hat heute die TV-Ausstrahlung der Madrider Demonstrationen kritisiert. Er hält es für eine “Unmöglichkeit, dass alle Probleme der öffentlichen Ordnung mit TV-Kameras ausgestrahlt werden, weil das zum Demonstrieren einlädt”. Es beunruhige ihn, dass die Polizei-Einsätze live ausgestrahlt werden, versicherte Mayor Oreja in einem Radio-Interview: “Nicht, damit es keine Transparenz gibt, sondern weil es Dinge gibt, die über die prudencia (Vorsicht, Umsicht, Klugheit, Behutsamkeit, Überlegtheit) hinausgehen. ” Den schlagenden Beweis, wie unmöglich solche Live-Übertragungen sind, hat der hochrangige Europapolitiker auch bereit: “Ich kann mir nicht vorstellen, dass in Deutschland so eine Protestveranstaltung vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen übertragen würde!” – Wer wollte ihm da widersprechen?
Währenddessen überlegt die Madrider PP-Kollegin von Mayor Oreja, wie man das Demonstrationsrecht ändern könnte, das “aktuell sehr weit gefasst” sei. Man solle die Ausführungsbestimmungen des entsprechenden Gesetzes “modulieren”, ohne die Verfassung zu ändern, um den “Umgang mit öffentlichen Flächen rationaler zu gestalten”. Madrid sei eine sehr komplizierte Stadt wegen der häufigen und zahlenmässig übertriebenen Demonstrationen, versicherte Cristina Cifuentes – die Delegada in Madrid, die die Demonstrationen am 25-S als “Staatsstreich” bezeichnet hatte. Besonders in 2012 sei die Zahl der Demonstrationen unverhältnismässig angestiegen, “wegen der aktuellen politischen Lange und dadurch, dass es Gruppen gibt, die das erreichen wollen, was sie bei der Wahl nicht erreicht haben.”
Das Demonstrationsrecht sei natürlich verfassungsgemäss, weiss Cifuentes, und brauche keine vorherige Erlaubnis, nur eine Ankündigung an ihre Behörde, doch das müsse kompatibel gemacht werden mit dem Anspruch der Restbevölkerung “in einer lebenswerten Stadt zu leben”: “Sich also frei bewegen zu können, ohne dasses Zwischenfälle, Aufruhr und andere Probleme der öffentlichen Ordnung gibt.” - Es sei ihr Ziel, genau das zu erreichen, versicherte Rajoys Stellvertreterin in der Hauptstadt. Oder kurz gefasst: Neoliberale Ruhe und Ordnung – wer demonstriert, stört beides in unzulässiger Weise.
Lesen Sie dazu auch:
* Madrid: 1.400 Polizisten schützen die Volksvertreter vor dem Volk
* Erneute Krawalle am 29-S: Lauf weg, dein Freund und Helfer kommt!
* Oscar-Preisträger Almodóvar watscht Rajoy ab
* Stinkefinger der Justiz: Richter lehnt Klage gegen Madrider Demonstranten ab
* Back to sender: Santiago Pedraz muss urteilen