Von Michaela Preiner
Christopher Hinterhuber (Foto: Nancy Horowitz)
01.
Juli 2018
Felix Austria, unter diesem Generalthema steht das diesjährige Styriarte-Festival und beweist damit, dass Politik und gesellschaftliches Leben sich in der Musik nur bedingt wiederspiegeln.
Ein Paradekonzert im Hinblick auf diese These präsentierte das „Philharmonic Five“-Ensemble in der ersten Festivalwoche im Stefaniensaal. „Kaiserwalzer“, so der Titel, gab Einblicke in das musikalische Geschehen der 10er- und 20-er Jahre des vorigen Jahrhunderts.
Genauer gesagt, in die Konzerte des „Vereins für musikalische Privataufführungen“, der 1918 gegründet wurde, um zeitgenössische Musik zur Aufführung zu bringen. Die Idee dazu hatte Arnold Schönberg, der auch zum Präsidenten des Vereins in den Vorstand gewählt worden war.
Das „Philharmonic Five“-Ensemble besteht aus Streicher-Solisten und -Solistinnen der Wiener Philharmoniker und dem Pianisten Christopher Hinterhuber, der für die künstlerische Leitung verantwortlich zeichnet. Ergänzend zu diesem Ensemble war der Abend mit Flöte, Klarinette, Kontrabass, Harmonium und Schlagwerk bestückt. Auf diese Weise war es möglich, ein breites Spektrum an Musik zu spielen, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts komponiert worden war. Auch wenn die „Lieder eines fahrenden Gesellen“ von Gustav Mahler schon zuvor entstanden waren – in der Bearbeitung von Arnold Schönberg erhielten sie erst 1920 ihren orchestralen Kammermusikklang.
„Ludwig Mittelhammer“ (Fotos: Daniel Fuchs)
Der Solist dafür war DIE Entdeckung des Abends schlechthin – Ludwig Mittelhammer (geb. 1988 in München). Sein klarer und geschmeidiger Bariton beeindruckte gleich von Beginn an genauso, wie sein nobler, schauspielerischer Einsatz. Mit sparsamen Gesten, aber umso ausdrucksstärkerer Mimik machte er die Leiden und Glücksszustände nachvollziehbar, die der junge Mann in diesem Liederzyklus durchlebt. Selten hat man die Gelegenheit, h eine junge Stimme wie diese zu hören, die absolut keinerlei Wünsche offenlässt und das Verlangen evoziert, sofort in den Terminkalender des Sängers zu schauen, um ihn weiter live verfolgen zu können. http://www.ludwig-mittelhammer.de/schedule
Das weitere Programm wies einige Raritäten auf, wie Julius Bittners Tänze aus Österreich, die Christopher Hinterhuber klug vor Bartoks Volkstänze, Sz. 56 erklingen ließ. Auch Josef Labors „Allegretto grazioso“ aus dem Quintett für Klavier, Klarinette und Streichtrio in D, op. 11, gehörte dazu. Ein Stück, dessen Klang sich wie Samt und Seide in die Gehörgänge einschlich und das von Debussys „Syrinx“ für Flöte Solo abgelöst wurde. Dabei konnte man den Eindruck gewinnen, als ob schwerelose, schillernde Tonblasen sich aus der Flöte von Silvia Careddu lösten, die dann durch den Saal schwebten.
Bedenkt man den Ersten Weltkrieg zwischen 1914 und 1918 und die Auflösung der Monarchie, das Leid, das mit dem Kriegsgeschehen in die Welt gekommen war und das österreichische Selbstverständnis in seinen Grundfesten erschütterte, bleibt nur festzustellen: Felix Austria, dass es dir gelangt, diese traumatischen Jahre in Musik zu ertränken, die nichts, aber auch schon gar nichts davon hören lässt, was deine Menschen in diesen Jahren erleiden mussten.Einzig Alban Bergs atonale „Vier Stücke, op. 5“ wiesen in dem Konzert auf den kommenden, großen Umbruch hin, den Schönberg mit seiner 12-Ton-Musik ausformulierte. Die dunkle Serie Bergs kann mit kurzen Einaktern verglichen werden, die, kaum motivisch ausgebreitet, schon wieder verklingen.
Wie sehr die Arrangements Schönbergs auch mit Humor unterfüttert sind, bewies schließlich das Finale, der „Kaiserwalzer“ op. 437 von Johann Strauss Sohn. Allen Österreicherinnen und Österreichern hinlänglich aus dem Neujahrskonzert bekannt, überraschte hier der Beginn, in dem unüberhörbar keine elegante Gesellschaft das Tanzbein schwang, sondern Holzschuhe tragende Frauen und Männer. Erst mit Einsetzen des Hauptthemas entwickelte sich jene Eleganz, für die dieser Walzer bekannt ist. Mit der Zugabe des Walzers „Im Krapfenwaldl“, ebenfalls allseits bekannt durch seine Kuckucks- und Vogelstimmen, verabschiedete sich das Ensemble auf höchst launige Weise vom Publikum.
„Philharmonic Five“ (Foto: Mato Johannik)
Bedenkt man den Ersten Weltkrieg zwischen 1914 und 1918 und die Auflösung der Monarchie, das Leid, das mit dem Kriegsgeschehen in die Welt gekommen war und das österreichische Selbstverständnis in seinen Grundfesten erschütterte, bleibt nur festzustellen: Felix Austria, dass es dir gelangt, diese traumatischen Jahre in Musik zu ertränken, die nichts, aber auch schon gar nichts davon hören lässt, was deine Menschen in diesen Jahren erleiden mussten.
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