Illegale Ausländer

Am ersten Januar erhielten wir alle vier eine SMS von Cubacel, der staatlichen Mobiltelefongesellschaft: „Bitte melden Sie sich in unserem Büro, sonst wird Ihre Nummer gelöscht.“ Ach ja, fiel uns ein, mit dem alten Jahr endete auch unsere Aufenthaltserlaubnis, und damit auch der Handy-Vertrag. Gleich am Montag, 3.1., gingen Jacques, Martin und Cyrille zu Cubacel und erhielten ohne weiteres eine Verlängerung des Vertrages für anderthalb Monate. Ich konnte wegen meines Deutschunterrichts erst einen Tag später hingehen. Als die lange Wartezeit in der Menschenschlange endlich vorbei war, fragte ich im Büro nach Jeanette, die am Vortag die Angelegenheit für die anderen drei geregelt hatte. „Jeanette hat heute frei,“ sagte die Kollegin und lächelte freundlich, als ich mein Problem geschildert hatte. Ich bin sicher nicht der einzige Ausländer, der schon seit einem Monat auf die Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung wartet. Da alle Aufenthaltsgenehmigungen gleichzeitig am 31.12. ablaufen, hat die Behörde so viel zu tun, dass die neuen Genehmigungen erst für Mitte Januar erwartet werden. Sie füllt ein Formular aus, tippt etwas in den Computer. Dann zögert sie, geht zu ihrer Chefin, die hinten im Büro sitzt. „Wir brauchen ein Schreiben von der Institution, zu der Sie gehören.“ Ich gehe selbst zur Bürochefin. Der Verweis darauf, dass die Verlängerung gestern ohne Probleme geklappt hat, nutzt mir nichts, die Frau erinnert mich an die Funktionäre vom Typ „DDR“ – mit Kubanern kann man eigentlich immer diskutieren. Also in die Altstadt, dort kann ich mir im Bischofshaus schnell das Schreiben ausstellen lassen. Allerdings geht auf Kuba nichts „schnell“, auch nicht bei der Kirche. Ich lande nach einigen Umwegen schließlich beim Kanzler persönlich, nach dem Kardinal die „Nummer Zwei“ in der bischöflichen Verwaltung. Der stellt mir im Ein-Finger-Suchsystem ein feierliches Schreiben mit gestanztem Siegel aus: „Ich, Monseñor Ramón Suárez Polcari, Ehrenprälat Seiner Heiligkeit Benedikts XVI. und Kanzler des Erzbischofs von San Christobal de La Habana bezeuge …“ Für so viel Feierlichkeit lohnt sich der Aufwand doch. Nochmal zum Büro von Cubacel, wo mir endlich die Vertragsverlängerung gelingt – bis zum 17.Februar. Am nächsten Tag erhalten dann meine drei Brüder eine SMS von Jeanette: „Kommen Sie zum Büro von Cubacel …“ Frau Chefin hat den kundenfreundlichen Fehler ihrer Mitarbeiterin korrigiert. Gestern war ich wieder bei Cubacel, zeige den neuen kubanischen Ausweis (vor knapp zwei Wochen endlich eingetroffen), aber die Angestellte fragt mich nach der Telefonnummer. „Oh, die weiß ich nicht auswendig,“ sage ich. Darauf Sie: „Dann kann ich Ihnen nicht helfen. Ihr Name ist so kompliziert, und wenn da ein Tippfehler drin ist, dann findet der Computer den nicht. Verstehen Sie ?“ Mein Name ist Sandrock, und so kompliziert kann der auch für Kubaner eigentlich nicht sein. Außerdem bin ich erkältet und schlechter Laune. Daher sage ich: „Nein, ich verstehe nicht, wieso Sie Ihren Kunden den Service verweigern.“ Ihre Kollegin am Nachbarschalter mischt sich ein, gibt die Nummer meines Personalausweises statt des Namens in den Computer ein, und schon ist mein Handyvertrag bis zum 31.12.2012 verlängert.



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