Ich mach das mit links

Ich habe in der letzten Woche viele Erfahrungen gesammelt, die ich lieber verzichtet hätte, wenn ich ehrlich bin.

Zuerst fing alles ganz harmlos an: eine kleine Schwellung rund um den Ringfingernagel der rechten Hand, die etwas schmerzte. Sowas hatte ich schon mal und habe dem Ganzen keine große Beachtung geschenkt. Nach wenigen Tagen besserten sich die Schmerzen und auch die Schwellung zuerst. In den nächsten 3 Tagen nahm die Schwellung wieder zu und die Schmerzen waren auch nicht mehr ganz so erträglich. "So 'ne Nagelbettentzündung ist doch nichts, weswegen man zum Arzt geht", dachte ich. Also blieb ich weiter tapfer und hoffte darauf, dass es von alleine wieder weg geht. Mit Kindern hält sich die Zeit, in denen man überhaupt Zeit hat, darüber nachzudenken, sowieso in Grenzen. Deshalb wurde mir erst am frühen Samstagabend richtig bewusst, dass es nicht wirklich von allein besser geworden ist und dass es zwischenzeitlich schlimmer wurde und nun doch schon sehr geschwollen und schmerzhaft ist. Ich fuhr in die Apotheke und holte mir "Zugsalbe" und kaufte bei der Gelegenheit auch noch ein paar Sachen ein. Die Kleine schlief auf der Fahrt ein, sodass die Große noch ganz in Ruhe auf einem Kinder-Auto klettern durfte. Ausnahmsweise warf ich mal Geld ein, obwohl ich sonst so gar nichts davon halte. Sie war so stolz und glücklich, dass ich den Euro gut investiert fand:

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Zu Hause angekommen, kam die Salbe und ein Pflaster auf meinen Finger. Wir aßen zu Abend und ich brachte die Kinder ins Bett.

Die Kleine wachte nur kurzem Schlafen beim Stillen wieder auf, also nahm ich sie aus dem Schlafzimmer wieder mit. Sie krabbelte noch etwas herum, spielte und fuhr auf ihrem kleinen Robben-Auto. Ich schaute drückte leicht an meinen Finger herum in der Hoffnung, dass die Haut schon etwas aufgeweicht war und ich es eigenständig schaffte, die Schwellung zu reduzieren, obwohl meine Mama mir vorher am Telefon sagte, dass ich lieber die Finger davon lassen soll und dass es mithilfe der Salbe bestimmt besser wird. Ich beschrieb ihr leichte Verspannungsschmerzen am rechten Arm in der Ellenbeuge und in der Achselhöhle. Sie sagte, dass durch die Entzündung bestimmt die Lymphknoten leicht geschwollen waren. Nur wenn ich Fieber bekomme, soll ich zum Arzt gehen - spätestens Montag, sagte sie. Im Nachhinein betrachtet war wahrscheinlich genau das der Fehler, dass ich mich selbst daran versuchte: auf Mamas sollte man besser hören. 😉

Mein Finger schwoll mehr an rund um den Fingernagel und es zeigte sich eine deutliche Steigerung der Rötung. Ich beobachtete noch kurz und sagte meinem Mann, dass ich besser in die Ambulanz fahre, weil mir das irgendwie komisch vorkam. Es war inzwischen 23 Uhr und die Kleine zeigte leichte Müdigkeitsanzeichen. Ich nahm sie mit, weil es abends schwierig ist, ohne mich einzuschlafen. Es war mir zu unsicher, dass sie zu Hause blieb und im schlimmsten Fall so laut und lange weinte, bis eventuell die Große auch wieder wach wird. Im besten Fall schläft sie im Auto ein und ggf. stille ich sie dann nochmal während der Wartezeit im Krankenhaus, wozu ich sicherlich noch Gelegenheit bekomme, da ich ja bekanntlich nicht die einzige bin samstags nachts in einer Krankenhaus-Ambulanz.

Nach der Anmeldung setzte ich mich in den Wartebereich zu den anderen Wartenden. Mir wurde gesagt, dass die Wartezeit heute nicht allzu lang ist, was auch immer das bedeutet. Nach etwa einer Stunde meldete ich mich noch einmal an der Anmeldung, weil ich das Gefühl hatte, mein Arm wird immer wärmer und ein hellroter breiter Streifen zog den Arm hoch Richtung Ellenbogen. "Ach, machen Sie sich keine Sorgen, bis dass Sie eine Blutvergiftung bekommen, das dauert Stunden", bekam ich als Antwort. Ich hatte ja keine Ahnung, also setzte ich mich wieder hin. Die Kleine war zum Glück inzwischen eingeschlafen.

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Kurze Zeit später wurde ich aufgerufen und es war ein sehr netter Arzt, der sich um mich kümmerte. Er erklärte mir, dass er nun die Stelle aufschneidet mit einem kleinen Skalpell und bot mir sicherheitshalber an, mich hinzulegen und fragte noch dreimal, ob ich wirklich Blut sehen kann und ob es mir gut geht.

Anschließend gab es ein Fingerbad und diesen hübschen Verband. Zum Glück passte der Ehering trotz Schwellung noch drüber - das hätte ich ja nicht übers Herz gebracht, den nicht zu tragen.

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Für den folgenden Tag wurde ich wieder bestellt und meinen Finger durfte ich wieder baden. Der freundliche Arzt war dann direkt erstmal etwas angefressen, dass ich den Ring trug und sagte, dass ich den sofort abmachen soll, sonst wird er geknackt. "Niemals" war mein Gedanke und schraubte ihn über meinen Finger. Die nächsten Tage begleitete er mich also im Portemonnaie.

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Seht ihr den breiten roten Streifen, der sich über den Handrücken zieht? Der ging noch weiter bis zum Oberarm, war warm und geschwollen. "Ruhig stellen und schonen" war die Ansage. Es wurde noch Blut abgenommen, um den Entzündungswert zu ermitteln und um Antibiotikum kam ich wohl auch nicht drumherum.

Ein sehr netter Pfleger modellierte dann diese wunderschöne Gipsschiene und überreichte mir die Rezepte für das stillfreundliche Antibiotikum (obwohl sie nicht begeistert waren, dass ich daruaf bestand) und ein Medikament, das ich bei Bedarf nehmen soll, falls mein Magen/Darm-Bereich das Zeug nicht so gut verträgt. "Wie alt ist denn das Kind, das Sie stillen" fragten sie abfällig, weil mich dieses Mal die Große ins Krankenhaus begleitete, während die Kleine ihren Mittagsschlaf in Papas Auto machte. Sie durfte auch die Farbe aussuchen. Ich trage ja nicht so gerne rot, aber in diesem Fall war es ok.

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Ich durfte dann 2 Stunden später noch dort anrufen, um den Blutwert zu erfragen, der zwar etwas erhöht, aber nicht grenzwertig war. Und wir sind durch ganz Leverkusen und anschließend noch bis nach Burscheid gefahren, weil die Leverkusener Notdienst-Apotheke das Antibiotikum nicht vorrätig hatte. Sie klärten aber freundlicherweise für mich, wo es vorrätig ist und ließen es für mich zurücklegen. Ich entschied, es möglichst schnell zu nehmen, um eine schnelle Besserung herbeizuführen. So waren die Einnahmezeiten dann bei 14 Uhr und 2 Uhr. Da ich sowieso zurzeit die halbe Nacht am Stillen bin, war es auch egal, wenn ich um 2 Uhr nachts mal eben die Tablette nehmen musste. Trotzdem feierte ich heute ein kleines Fest, als ich das letzte Mal um 2 Uhr die Tablette nahm.

Freundlicherweise stimmte der Arzt der Ambulanz zu, dass ich mich am nächsten Tag noch einmal dort sehen lassen darf, weil meine Hausärztin Urlaub hat und ich mit 2 Kindern im Schlepptau wenig Geduld und Lust hatte, mich stundenlang in die Arztpraxis des Vertretungsarztes zu setzen.

Hätte ich gewusst, wie freundlich (Scherz beiseite) mich der Arzt begrüßte und behandelte, hätte ich mir das nochmal überlegt. Beide Kinder waren mit dabei und waren äußerst geduldig, worüber ich sehr froh war. Als ich ihm sagte, dass der rote Streifen schon viel weniger leuchtend und nicht mehr so hoch ist, wollte er mir nicht glauben bzw. sagte, dass er es ja gestern nicht gesehen hat. Ich bat ihn, dass ich den doch sehr störenden Gips nicht mehr tragen muss, weil ich zwei kleine Kinder zu versorgen habe, was als Rechtshänderin mit der linken Hand nicht so leicht ist. Empathisch und verständnisvoll war er nicht, vermutlich weil er sich das nicht ansatzweise vorstellen konnte oder es ihm schlichtweg egal war. Er "verordnete" mir einen Oberarmgips, mit dem ich meinen rechten Arm gar nicht mehr hätte bewegen können. Natürlich machen sie nichts gegen meinen Willen und wenn ich es nicht möchte, bekomme ich keinen Gips. Im gleichen Atemzug bekam ich die Ankündigung, dass eine Verschlechterung sofort zur stationären Aufnahme führt und dann keine Rücksicht mehr auf das Stillen genommen wird beim Antibiotikum. Ich stimmte also der Gipsschiene bis zum Ellbogen zu und er notierte direkt im Arztbrief, dass ich den Oberarmgips ablehnte. Ich war wütend, als ich das las und bereute, dass ich nicht doch zum Vertretungsarzt gegangen bin.

Auf dem Rückweg telefonierte ich die Vertretungsärzte ab und in einer Praxis bekam ich einen Termin für den nächsten Tag, ohne Wartezeit, wie mir gesagt wurde.

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Das klang für mich zwar unglaubwürdig, aber ich ließ mich überraschen und hoffte das Beste. Zeitgleich hatte ich keine Ahnung, wie ich den Kindern ein Brot schmieren, einen Apfel schneiden, Essen kochen und der Kleinen die Windel wechseln sollte. Das alles ist wohl nicht vorgesehen, dass eine Mama mit zwei kleinen Kindern den Arm in Gips hat. Ich hatte die Blitzidee, meine Krankenkasse anzurufen und nach einer Haushaltshilfe zu fragen. Die bekommt man aber nur auf Verordnung des Arztes, den ich ja erst am nächsten Tag sehen. Ich organisierte mir eine Hilfe und hoffte darauf, dass mir der Arzt die entsprechende Verordnung am nächsten Tag rückwirkend ausfüllt.

Mit dem hilfreichen Utensil konnte ich wenigstens den kleinen Hunger zwischendurch auch allein bedienen. Es lag jahrelang ungenutzt in der Schublade und nun war ich echt froh, dass es da noch lag.

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Beim Arzt war ich wirklich positiv überrascht, dass ich innerhalb von 5 Minuten ins Sprechzimmer gerufen wurde. So ist das wohl meistens, wenn man einen Termin hat, wurde mir gesagt. Klingt verlockend, mal über einen Wechsel nachzudenken. . . Der Arzt war sehr freundlich und verständnisvoll. Er ließ beim erneuten Anlegen der Gipsschiene die Finger frei, sodass ich den Daumen und Zeigefinger wenigstens irgendwie halbwegs mit benutzen konnte, wenn es nötig war. Er verordnete mir eine Haushaltshilfe ohne es auch nur im Geringsten in Frage zu stellen, was mich sehr beruhigte, da ich mir ja bereits auf eigene Kosten Hilfe geholt hatte.

Ich fühlte mich so hilflos, einfach so wenig machen zu können. Selbst eine Flasche Wasser aufdrehen mit links ist schon eine Herausforderung. Wenn dann noch beide Kinder gleichzeitig auf den Arm wollen, ist das Drama perfekt. Wie gut, dass sie abends ohne Geschrei akzeptierten, dass der Papa sie durch die Gegend trug.

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Zum Abschied beim letzten Besuch, als ich die Schiene nicht mehr brauchte, bekam die Große sie geschenkt und ich wurde mit einem Pflaster versorgt. Nie war ich so froh darüber, meine rechte Hand zu bewegen und beide Hände zur Verfügung zu haben. Der rote Streifen war ganz verschwunden, das Antibiotikum musste ich verständlicherweise trotzdem noch zu Ende nehmen.

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Dummerweise mussten wir in der einen Woche einige Unterlagen unterschreiben. So sieht das mit Links aus - wie vor ungefähr 30 Jahren.

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Diese Unterschrift wurde übrigens nicht akzeptiert, obwohl ich als Erklärung schriftlich per E-Mail mitteilte, dass ich die rechte Hand im Gips habe. Ich musste sie noch einmal wiederholen, nachdem ich wieder mit der rechten Hand schreiben konnte. Muss ja alles seine Richtigkeit haben (Bürokratie pur!).

Mehr Infos zur Beantragung einer Haushaltshilfe werde ich demnächst zusammenschreiben. Für heute reicht's erstmal. Nicht dass ich noch ne Sehnenscheidentzündung bekomme, weil die rechte Hand das Tippen nicht mehr gewohnt ist. 😉

Wie üblich sind alle Bilder mein Eigentum und dürfen nur mit meiner Zustimmung gespeichert und genutzt werden: "© Mamis Blog" Eure Renate

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