Ich habe nie daran gezweifelt, dass sie mir treu ist. War ich blind? Zu vertrauensvoll? Ab einem gewissen Alter gibt es immer einen Exfreund, der noch präsent ist. Ein bester Freund, ein Kumpel, ja, vielleicht sogar ein Seelenverwandter. Warum per se so engherzig sein und eine solch innige Verbindung unterbinden?
Doch spätestens bei dem Kuss auf die Wange hätte ich aufhorchen müssen. Meine Küsse hatten ihr immer gefallen, nein, sie hatte es geliebt, mich zu küssen. Meine Küsse waren die Schubraketen gewesen, von denen sie sich in den Himmel unserer Zweisamkeit empor tragen ließ. Wie könnte man auch mit einem Menschen zusammen sein, dessen Küsse einen nicht tief im Herz berühren, aufwühlen, ja erregen? Doch nun wich sie vor meinen Küssen zurück, erwiderte sie, wenn überhaupt, nur flüchtig. Verlegen lächelnd drehte sie sich aus meinen Umarmungen heraus. Angespannt blickte sie zur Decke, wenn ich mich im Bett versuchte, mich ihr zu nähern.
Die vierte Woche unseres Lebens in der gemeinsamen Wohnung. Als ich eines Nachts von der Arbeit kam, lag ein Buch im Hausflur. Allen Carrs „Endlich Nichtraucher“. Im Nachhinein betrachtet kann ich natürlich sagen: Ihr lag wirklich etwas daran, mit mir glücklich zu bleiben, an unserer Beziehung zu arbeiten. Wäre es anders, dann hätte sie einen solchen Versuch nicht gestartet. Dass ich rauchte, machte ihr wirklich zu schaffen. Auch wenn sie mich so kennengelernt hatte. Das musste ich akzeptieren. Hätte ich vielleicht akzeptieren können, wenn in dem mir vor die Füße gelegten Buch nicht diese Widmung gestanden hätte. Ich meine, konnte Angela wirklich so im Stress sein (auf ihrer Arbeitsstelle entwickelte es sich nicht nach ihren Wünschen), dass sie dies einfach übersah?
„Mein Prachtweib! Lies – und entscheide. Zigaretten oder ich? Vergifte dich oder lebe in Ekstase. Ich weiß, du hältst das Buch in der Hand und findest mich enervierend. Doch lies, denke an unsere Küsse, an deine Orgasmen, so oft, so vielfältig, wie du sie noch nie erlebt. Denke an meine Lippen, meine Hände. Lies und entscheide!“
Konnte das denn wahr sein? Es war wahr. Schwarz auf weiß. Und Angela beschönigte, als ich sie darauf ansprach, nichts.
Ja, dies Buch hätte ihr Exfreund ihr geschenkt. …
Aus einer Kurzgeschichte, an der ich gerade arbeite