Manchmal, so denke ich mir, wäre es sicherlich von Vorteil, wenn der Homo Sapiens noch über eine weitere Hautschicht verfügen würde.
Mit ihrer Hilfe hätten wir eine größere Toleranz gegenüber kleineren Verletzungen und würden überhaupt robuster sein. Zudem – so könnte ich mir vorstellen – würde diese zusätzliche Schicht in kalten Jahreszeiten als Wärmedämmung und Schutz vor Wind und Wetter fungieren.
In Anbetracht dieser Umstände komme ich nicht umhin, mich zu fragen, warum es mir überhaupt nichts bringt, wenn das Hemd aufgrund der Schwüle und Hitze an meinem verschwitzen Körper „pickt“ (für unsere hochdeutschen Leser: „picken“ ist österreichisch für „kleben“) und ich mich so gar nicht dagegen erwehren kann
Meine Freundin hat mir Fotos aus meiner Heimat Osttirol zugesandt. Was sehe ich auf den Bergipfen?
Richtig. Schnee.
Hier in Jerusalem? Einer der heißesten Sommer seit Menschengedenken.
Am liebsten würde ich mich an solchen Tagen einfach an einem kühlen, schattigen Ort verkriechen – fixe Bleibe habe ich immer noch keine, aber bis zum 13. September zumindest etwas Temporäres – aus Talpiyot, einem Bezirk südlich der Innenstadt bin ich mittlerweile ausgezogen. Derzeit bin ich im jerusalemer Bezirk Kiriat Menachem, der es beliebt sich jenseits der Zivilisation zu befinden. Aber das Zimmerchen hat auch seine guten Seiten – selbst im Sommer ist es immer schön schattig, da vor meinem Fenster eine hübsche Mauer angebracht ist, die jegliches Sonnenlicht aus meinem Leben fernhält. Und wenn gerade das liebliche Rauschen des Wassers der Nachbarstoilette (die sich gleich neben meinem Fenster befindet) mein Leben erheitert, dann weiß ich, dass ich einen Ort habe, an dem ich mich heimisch fühlen kann…
Zu Mittag (12-13 Uhr) habe ich Sonne. Dann sehe ich auch die Mauer besser
Mein Zimmerfenster um etwa 16:00 - es ist draußen hell. Nicht bei mir
Weitaus weniger Probleme scheint die „heimliche Mehrheit“ in Israel zu haben.
In den Moschavim, in denen ich gearbeitet habe sind die jüdischen Israelis längst in der Minderheit. „Heimliche Mehrheit“? Welche heimliche Mehrheit?
Es gibt reichere Länder als Israel, aber ich kann mir kaum vorstellen, dass viele dieser Länder ähnlich viele Projekte am Laufen haben. Permanent werden neue Straßen gebaut, Städte umgebaut – zu tun gibt es immer etwas.
Früher wurden die meisten Jobs von Arabern erledigt – Israel konnte auf billige, gute Arbeitskräfte zählen und die arabischen Arbeiter wurden in Israel besser bezahlt als in einem andern Land in Nahost.
Irgendwann entschlossen sich die Palästinenser dazu die Intifada zu starten – Aufstände mit Steinen und Waffen, gewürzt mit der in-die-Luft-Jagung von Bussen in Israel – um der Welt zu zeigen, dass Israel böse ist.
In Israel war man davon nicht unbedingt begeistert. Natürlich muss es immer wieder Menschen geben, die demonstrieren, dass Israel der „Kleine Satan“ – wie es von den Mullahs im Iran genannt wird – ist (der Große sind übrigens -Wunder?- die USA), aber von explodierenden Bussen war man dann nicht sonderlich erheitert. Auch ich habe schon bemerkt, dass nicht jeder arabische Händler, der mich mit „My friend“ angesprochen hat wirklich mein Freund ist und auch an den Grenzen wurde man vorsichtiger – man wusste nicht, wer Freund und wer Feind ist. Dies hatte zur Folge, dass die Zahl der Arbeitskräfte weniger wurden, die Menge der Arbeit aber umgekehrt proportional zunahm.
Hilfe kam dann aus… Thailand.
Heute sind die „Thai-Worker“, wie wir sie genannt haben tatsächlich schon teilweise in der Majorität. In meinem ersten Moschav – Idan – gibt es thailändische Läden, thailändische Flaggen zieren Häuser und Thailänder begegnen einem fast überall. Dabei sind sie sonst eher „unsichtbar“ – sie bleiben meist unter sich und tun nichts wirklich Auffälliges. Außer arbeiten.
Und wie. Ich kann mich noch gut erinnern, als ich in den ersten Tagen vom Wüstenklima überrannt wurde und mich mit der Arbeit geplagt habe… während die „Thai-people“ fröhlich lächelnd gearbeitet haben – noch dazu fleißiger als ich im fitten Zustand. Auf der ersten Farm herrschte die Regel für die Volotärstätigkeiten: 6 Stunden, 6 Tage und im Arava-Tal ist es noch dazu außerordentlich heiß, deshalb verbrachten wir Freiwilligen die Zeit damit in klimatisierten Containern zu liegen und entweder zu leiden oder uns eine Erkältung zuzulegen – während die Thailänder… richtig… gearbeitet haben – teilweise über 12 Stunden… Überflüssig anzumerken, dass sie auch danach immer noch gelächelt haben…
Don't worry - be Thai
Thailand ist ja nicht unbedingt das reichste Land der Welt – für die in Israel arbeitenden Siamesen aber ist Israel das Tor zum Glück. Nach etwa drei Jahren Vollbeschäftigung kommen sie zurück und gehören in ihrer Heimat plötzlich zur Oberschicht – haben teilweise sogar für ihr restliches Leben ausgesorgt. Selbst für israelische Verhältnisse wären sie nach den drei Jahren mit einem nicht zu verachtenden Geldsegen ausgestattet, der hin und wieder sogar den des Gutsbesiters übertrifft, da sie während der Arbeit eigentlich nichts anderes machen außer… arbeiten.
Ich bin natürlich kein Thailänder... Ich bin Vietnamese
In Idan habe ich mich mit einem Thailänder besonders gut verstanden, da er im Gegensatz zu den meisten Anderen Englisch konnte. Auch wenn sie meist unter sich bleiben sind sie hilfsbereit und freundlich. Sein Name war Bunchoo und Ella, das jugoslawische Mädchen, mit dem ich mich angefreundet habe hat ihn (und alle anderen Thailänder) gerne als Jackie Chan bezeichnet. Warum? Weil sie alle genauso wie Jackie Chan waren (außer vielleicht von der geographischen Herkunft).
Bunchoo "Jackie Chan" Gon
Wie gesagt – wir verweichlichten Mitteleuropäer zogen es vor, am Nachmittag zu leiden und uns am Abend zu entspannen, die Thailänder haben gearbeitet und am Abend Volleyball ohne Hände gespielt.
Wie das geht? So:
oder so:
Um den Ruf der Europäer zu retten habe ich beschlossen im Alleingang gegen sämtliche Siamesen in diesem Spiel anzutreten.
Selbstverständlich waren diese keine Gegner für einen gestandenen Tiroler und der Sieg war mein.
Mario kann das auch
Und das kann Mario auch
Der Vollständigkeithalber möchte ich noch anmerken, dass es sich dabei großteils um ein Gedankenexperiment gehandelt hat dessen Durchführung sich sogar im abgeschlossenen Raum meiner Phantasiewelt als eher schwierig herausgestellt hat, das aber – wie gesagt – nur nebenbei.
Und das kann Mario sogar noch besser
Mario kann auch fliegen
Während also Mario Schwaiger, der große, goldene, tiroler Drache den Ruf der Europäer in der Welt verteidigen konnte wurde er auch vor einigen Tagen mit einem neuen Spitznamen gesegnet.
„Münchhausen“
Das hat aber weniger etwas mit der Tatsache zu tun, dass ich immer auf Kanonenkugeln zur Arbeit rolle, sondern damit, dass mir der russische Frisör bei dem ich war eine recht „eigentümliche“ Frisur verschafft hat, bei der ich meine Haare immer zusammenbinden muss, da sie sonst wie Pejes herabfallen (Wir erinnern uns? Die Schläfenlocken der orthodoxen Juden). Lustig war der Frisörbesuch trotzdem – ich hatte exakt noch 30 Schekel in meiner Geldtasche (etwa 6 Euro) und hab mir schon Sorgen gemacht, wie ich das jetzt bezahlen sollte… Gekostet hat‘s dann tatsächlich exakt 30 Schekel – russische Frisöre sind meist billiger. Grund zum Aufatmen – aber ich sehe trotzdem recht seltsam aus.
Mario vorher
Mario nachher
Aus solchen Gründen kann ich Chauffeure nicht leiden… Andere „Randgruppen der Gesellschaft“, die ich nicht ausstehen kann:
- Israelische und arabische Taxifahrer die einem um die 100m Nachlaufen und dabei immer wieder „Taxi? Taxi! Taxi?“ rufen
- Marktschreier, deren Geschäftsmodell ich kurz folgend skizziere:
- Wer am lautesten brüllt hat die meisten Kunden
- Wen es nicht stört, dass er auch herumbrüllt, wenn er gerade dem Kunden das Kleingeld rausgibt hat sogar noch mehr Kunden
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