Holzbau Deutschland fordert verständliche und anwenderfreundliche europäische Bemessungsnormen

Mit der bauaufsichtlichen Einführung der europäischen Bemessungsnormen EUROCODES ab Mitte 2012 hat sich der Ausschuss Technik und Umwelt von Holzbau Deutschland – Bund Deutscher Zimmermeister im Zentralverband des Deutschen Baugewerbes beschäftigt und fordert eine Vereinheitlichung der Struktur der EUROCODES sowie die Verständlichkeit und die Durchgängigkeit von Regelungen über Baustoffe hinweg. „Insgesamt müssen die Normen wieder verständlicher und anwenderfreundlicher formuliert sein, ohne dass Kommentare und Erläuterungen erforderlich sind“, erklärte der Vorsitzende des Ausschusses und Vorstandsmitglied von Holzbau Deutschland, Michael Schönk, im Anschluss.

Eine Konsolidierung ist dringend notwendig, um 90 Prozent der täglichen Bauaufgaben praxisgerecht und damit wirtschaftlich lösen zu können. Die Verantwortung des Ingenieurs muss gestärkt werden, wenn es darum geht, im Einzelfall zu entscheiden, ob ein genauerer Nachweis zu wirtschaftlicheren Ergebnissen führt. In diesem Zusammenhang mahnte der stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses und Präsident des Holzbau Deutschlands Instituts Walter Bauer an, dass die Einwirkungen bei Wind und Schnee deutlich vereinfacht werden müssen. Durch einen einheitlichen Gamma-Faktor von 1,4 für ständige und variable Lasten würde sich die Anzahl der Lastkombinationen deutlich reduzieren und es bestünde die Möglichkeit einer einfachen Plausibilitätskontrolle. Ferner schlägt er vor, die im Holzbau anzuwendenden Modifikationsbeiwerte in Nutzungsklasse 1 und 2 durch einen geeigneten Mittelwert zu ersetzen. Tragfähigkeitstabellen für den praktischen Anwender würden dadurch deutlich vereinfacht.

Damit bekräftigte der Ausschuss von Holzbau Deutschland die Position der Europäischen Vereinigung des Holzbaus, die sich bereits im September 2010 zur zweiten Generation der europäischen Holzbaubemessungsnorm EC 5 geäußert und Vereinfachungen mit Blick auf die täglichen Bauaufgaben gefordert hatte. Die EVH forderte ebenfalls eine Verbesserung der Verständlichkeit und Anwendbarkeit, ohne dass Kommentare und Erläuterungen notwendig werden.

Die bauaufsichtliche Einführung der europäischen Bemessungsnormen hat insgesamt die Bauwirtschaft und die Ingenieurverbände mobilisiert. Hauptkritikpunkt sind der wissenschaftliche Aufbau und die Komplexität, die letztendlich zu zeitaufwändigen Bemessungen führen, die nicht in jedem Fall wirtschaftlichere Ergebnisse liefern. Handrechnungen und Plausibilitätskontrollen sind nicht mehr möglich. Verbände der Bauwirtschaft, der Ingenieure und der Baustoffindustrie gründeten am 13. Januar 2011 den Verein „Initiative praxisgerechte Regelwerke im Bauwesen“, dem unter anderem auch der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes beigetreten ist. Holzbau Deutschland ist eine Bundesfachgruppe des ZDB. Der Verein hat sich die praxisgerechte Fortschreibung der EUROCODES zur Aufgabe gesetzt, beginnend bei den Lastannahmen und über alle Baustoffe hinweg, mit dem Ziel der Vereinheitlichung sowie einer besseren Verständlichkeit und Handhabbarkeit.

Der Beratung im Ausschuss Technik und Umwelt ging ein Vortrag von Prof. Dr. Ing. Stefan Winter von der Technischen Universität München voraus. Er erläuterte zunächst die grundlegenden Zusammenhänge aller EUROCODES, von der Standsicherheit über die Einwirkungen und die baustoffspezifischen Bemessungsnormen bis hin zur Erdbebensicherheit und erläuterte die nationale Umsetzung und Einführung in Verbindung mit den nationalen Anwendungsdokumenten. Im Vergleich zu anderen Baustoffen stehe der Holzbau hinsichtlich Seitenumfang, Anzahl nationaler Parameter und weiterer Regelungen gut da. Hinzu kommt, dass in einem neuen Teil 10 zur DIN 1052 Fragen der Ausführung geregelt sind, die europäisch derzeit nicht geregelt sind, wie z. B. Einstufungsscheine für Verbindungsmittel oder auch die Qualifikation von Ausführenden bei der Eignung zum Kleben. Insgesamt sprach er sich für konsolidierte Nachweise aus, wobei diese in einem Anhang des EUROCODES angeboten werden sollten. Dagegen wurde in der anschließenden Diskussion die Auffassung vertreten, dass mit einer konsolidierten Fassung der Norm Holzkonstruktionen grundsätzlich bemessen werden müssen und dem Tragwerksplaner genauere Nachweise im Anhang angeboten werden sollen.


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