oder Brasilien hatte sagenhaftes Glück.
Bei hr1 brachten sie am Dienstag gegen die Mittagszeit ein kurzes Feature über ein brasilianisches Paar, dass beim Spiel zwischen der Seleção und der DFB-Elf nicht für die »eigenen Jungs« sein würde. Gibts das auch?, fragte sich der Hörer da. Erklärung folgte natürlich. Die beiden argumentierten, dass ein Erfolg der brasilianischen Kicker die sozialen Ungerechtigkeiten noch stärker verdecken würde. Tja, der Abend war dann ein voller Erfolg. Nach dem Auftritt der Spieler hat wohl keiner mehr Lust auf einen Kick. Endlich wieder mehr Aufmerksamkeit für Wichtiges.
Caros amigos, euer Motiv ist exakt der Grund, warum ich will, dass das Team aus dem Land, in dem ich lebe, sportlich auch das Zeitliche segnet. So wie jeder anständige Mensch heute wollen muss, dass die Auswahl »seines« Landes scheitert.
Denn jedes Land leidet auf seine Weise unter der herrschenden Ökonomie. Alle bluten sie aus. Die einen mehr, die anderen weniger. An die Ressourcen geht es allen. Jeder Sieg der deutschen Nationalmannschaft verkappt den Niedriglohnsektor und kommunale Haushalte, die so verstümmelt sind, dass Freibäder und Büchereien nicht mehr finanzierbar bleiben. Jeder Titel macht die Menschen blind für ein System, dass unser komplettes Zusammenleben zu einem Geschäft macht, von dem nur wenige profitieren. Der WM-Titel ist ein Vollstreckungstitel. Überall. Wo man diese Nebensache zur Hauptsache emporjubelt, da wird die Hauptsache zur Nebensache.
Brasilien, Deutschland, Argentinien oder Niederlande: In den Ländern aller Halbfinalisten gibt es wohl personifizierte »Kuriositäten« wie dieses Paar oder mich. Leute, von denen Grönemeyer vor acht Jahren nuschelte: »Bei wem jetzt nichts geht / bei dem geht was verkehrt.« Das sind dichterische Worte, die »Nestbeschmutzer« oder »Spielverderber« ausdrücken wollen. »Spielverderber« hat man womöglich schon jene kritischen Römer genannt, die panem et circenses für etwas hielten, was die Wirklichkeit vernebelt. Heute werden diese mahnenden Figuren der Geschichte als Hoffnungsträger in einer ansonsten blutgetränkten Zeit angesehen.
Die kritischen Geister aller Länder sind jedoch auch Egoisten. Das brasilianische Paar, weil es Deutschland weiter im Wettbewerb sehen wollte, um Brasilien vom Taumel zu erlösen. Ich, weil ich es gerne andersrum gesehen hätte. Gewisse Niederländer, weil sie für Argentinien sind und Argentinier, weil sie Oranje tragen. Sollen doch die anderen in Blindheit verweilen, sagen wir uns. Das ist die Ellenbogenweltgesellschaft derer, die den neoliberalen Zeitgeist verabscheuen. Sollen doch die anderen den bitteren Preis nationaler Schönfärberei bezahlen und die Verdeckung sozialer Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten ausbaden. Einer muss ja den Kürzeren ziehen. Brasilien hatte da sagenhaftes Dusel. Eine solche Niederlage kuriert.
Und nun? Deutschland oder Argentien? Einer muss in die Scheiße greifen. Hoffentlich die Gauchos. Sollen sie doch gewinnen und unter dem Titel leiden. Besser die als »wir«.
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Bei hr1 brachten sie am Dienstag gegen die Mittagszeit ein kurzes Feature über ein brasilianisches Paar, dass beim Spiel zwischen der Seleção und der DFB-Elf nicht für die »eigenen Jungs« sein würde. Gibts das auch?, fragte sich der Hörer da. Erklärung folgte natürlich. Die beiden argumentierten, dass ein Erfolg der brasilianischen Kicker die sozialen Ungerechtigkeiten noch stärker verdecken würde. Tja, der Abend war dann ein voller Erfolg. Nach dem Auftritt der Spieler hat wohl keiner mehr Lust auf einen Kick. Endlich wieder mehr Aufmerksamkeit für Wichtiges.
Caros amigos, euer Motiv ist exakt der Grund, warum ich will, dass das Team aus dem Land, in dem ich lebe, sportlich auch das Zeitliche segnet. So wie jeder anständige Mensch heute wollen muss, dass die Auswahl »seines« Landes scheitert.
Denn jedes Land leidet auf seine Weise unter der herrschenden Ökonomie. Alle bluten sie aus. Die einen mehr, die anderen weniger. An die Ressourcen geht es allen. Jeder Sieg der deutschen Nationalmannschaft verkappt den Niedriglohnsektor und kommunale Haushalte, die so verstümmelt sind, dass Freibäder und Büchereien nicht mehr finanzierbar bleiben. Jeder Titel macht die Menschen blind für ein System, dass unser komplettes Zusammenleben zu einem Geschäft macht, von dem nur wenige profitieren. Der WM-Titel ist ein Vollstreckungstitel. Überall. Wo man diese Nebensache zur Hauptsache emporjubelt, da wird die Hauptsache zur Nebensache.
Brasilien, Deutschland, Argentinien oder Niederlande: In den Ländern aller Halbfinalisten gibt es wohl personifizierte »Kuriositäten« wie dieses Paar oder mich. Leute, von denen Grönemeyer vor acht Jahren nuschelte: »Bei wem jetzt nichts geht / bei dem geht was verkehrt.« Das sind dichterische Worte, die »Nestbeschmutzer« oder »Spielverderber« ausdrücken wollen. »Spielverderber« hat man womöglich schon jene kritischen Römer genannt, die panem et circenses für etwas hielten, was die Wirklichkeit vernebelt. Heute werden diese mahnenden Figuren der Geschichte als Hoffnungsträger in einer ansonsten blutgetränkten Zeit angesehen.
Die kritischen Geister aller Länder sind jedoch auch Egoisten. Das brasilianische Paar, weil es Deutschland weiter im Wettbewerb sehen wollte, um Brasilien vom Taumel zu erlösen. Ich, weil ich es gerne andersrum gesehen hätte. Gewisse Niederländer, weil sie für Argentinien sind und Argentinier, weil sie Oranje tragen. Sollen doch die anderen in Blindheit verweilen, sagen wir uns. Das ist die Ellenbogenweltgesellschaft derer, die den neoliberalen Zeitgeist verabscheuen. Sollen doch die anderen den bitteren Preis nationaler Schönfärberei bezahlen und die Verdeckung sozialer Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten ausbaden. Einer muss ja den Kürzeren ziehen. Brasilien hatte da sagenhaftes Dusel. Eine solche Niederlage kuriert.
Und nun? Deutschland oder Argentien? Einer muss in die Scheiße greifen. Hoffentlich die Gauchos. Sollen sie doch gewinnen und unter dem Titel leiden. Besser die als »wir«.
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