Davon bekommt der Tourismusdirektor schlaflose Nächte: wenn gesagt wird, in seinem Ort gäbe es zu wenig Unterhaltung. Denn die Gäste kommen nicht mehr, wenn es langweilig ist. Längst genügt es nimmer, wenn es herrliche Berge, Wasserfälle, Seen und gute Luft gibt. Es braucht Klettergärten, Hallenbäder, Einkaufsläden, Gondelbahnen und Nachtleben. Die Menschen wollen Unterhalten werden.
Das Wort halten ist verwandt mit altgriechiesch "kellein" oder der indogermanischen Wurzel "kel" - beide in der Bedeutung rufen, schreien - und zwar beim treiben des Viehs! Deshalb wurde auch im althochdeutschen das gotische Wort "haldan" ursprüngliche benutzt als: Vieh hüten, Weiden. Alle abgewandten Formen wie "Haltung", "Behälter" oder "Unterhalt" bezogen sich auf die Haustiere. Damit diese nicht weg liefen machte man eine "Halterung" oder man rief einfach "halt", wenn das Tier folgsam war. Auch das Wort Hirt ist natürlich verwandt, selbst der "Gehalt": es ist der Geldbetrag, für den man jemanden in Diensten hält, ähnlich wie das Heu für die Kuh oder den Salat für das Meerschweinchen.
Zurück zur Unterhaltung. Was tut man, wenn man mit jemandem gemeinsam die Schafe hütet? Man Unterhält sich. Man redet zusammen. Und wenn nur der Hirt spricht und die Hirtin zuhört, dann wird sie nur unterhalten. Wenn der Hirt allein ist, unterhält er sich halt selber.
Heute sind die Menschen sehr anspruchsvoll geworden. Man will sich nicht selber unterhalten und man unterhält sich auch nicht gern mit wildfremden oder bekannten Leuten, nein, man will unterhalten werden. Für gutes Geld.
Bild oben: Walk and talk / 21cm x 30cm / Filzstift auf Papier / 2006, Nr.06-083