Quelle: Junge Union
Komm aus Deiner linken Ecke, ruft ein Werbeplakat der hessischen Konservativen dem Betrachter zu. Wir sehen eine gelockte Frau, sie trägt grüne Boxhandschuhe, sie will denen, die aus der linken Ecke kommen, scheinbar eine verpassen. Die Handschuhe mögen grün sein, weil das zum Blümchen passt oder aber einfach nur, weil man damit verdeutlichen will, dass die hessischen Christdemokraten ökologisch aufgestellt sind. Wie McDonalds, das nun auch häufig mit grün unterlegtem Logo wirbt, unterfüttert sich das Schwarze grünlich. Der grüne Daumen ist hier zu einem Paar grüne Fäuste mutiert. Sie warten auf die, die aus der linken Ecke kommen. Dialog ist nicht geplant, Hiebe vermutlich schon. Wer aus der linken Ecke kommt, darf keine Gnade erwarten. Aufgetischt wird zudem, dass die in der linken Ecke feige sind, denn man muss sie herausfordern, in den Ring bitten. Von alleine kommen sie ja nicht heraus.Quelle: Spiegel Online
Deutlicher wird eine ausführlichere Variante des Plakates. Hier ist das ökologische Faible kein Thema mehr. Es geht nämlich um viel mehr als darum, den Wähler mit Ökologie zu neppen. Jetzt gibt es zwei Zusätze, die dem McCarthyismus alle Ehre machen. Verantwortung statt linke Politik heißt es da. Linke Politik ist also verantwortungslos, sie ist unbesonnen und damit gefährlich, will man implizieren. Und man leitet standesgemäß ein, schreibt: In Hessen aktueller denn je. Hier wird das große Märchen der Konservativen aufbereitet, nämlich jenes, wonach wir aktuell im linken Zeitgeist leben, sozialistische Ideen im Aufwind seien, die Marktwirtschaft am linken Lebensgefühl erstickt. Das sei ein Problem, das gerade in Hessen aktueller denn je sei. Man kürt einen linken Zeitgeist zum Kontrahenten, gegen den es sich zu wehren gilt. Notfalls mit Boxhieben. Einen Gegner, den es so nicht gibt, der nur als Nische existiert und der sicherlich nicht mal ansatzweise so gefährlich ist, wie die konservativen Konzepte. Es ist eine Meisterleistung an Verschlagenheit, sich einen Feind zu erfinden, um als wackerer Boxchampion aus dem Ring klettern zu können.Vielleicht verrät das Plakat aber mehr als es will. Die hessischen Konservativen fordern die politische Linke mit einer schmächtigen Frau heraus. Sie wirkt nicht besonders angsteinflössend, nicht sehr kraftvoll. Der Landesverband hat auf höchster Ebene einige Exemplare Mann, die einen mächtigen Gegner, den es aktueller denn je zu besiegen gilt, besser versohlen könnten. Man unterschätze hier nicht die Sprache des Unterbewussten. Man schickt eine nicht sehr robuste Frau in den Ring, eine, die sogar jetzt noch geschminkt ist. Man glaubt wohl, eine solche Verteidigerin des Landes vor den Typen aus der linken Ecke, reiche vollkommen aus. Warum einen bulligen Mordskerl vergeuden? Die plakative Gefahr von links wird demnach kraft des Layouts aufgehoben. Der fiese Kontrahent ist somit doch nicht das große Thema, es ist so nichtig, dass weibliche Fäuste genügen, ihn in die Seile gehen zu lassen.
Es sind Schattenboxereien, die die hessischen Konservativen da zu einem Plakat ausgearbeitet haben. Inhaltlich leer, was den Zustand der Partei karikiert. Es handelt sich um einen Rückgriff auf traditionell konservative Wahlslogans: Kommunismus oder Freiheit war einst, heute heißt es Verantwortung statt linke Politik. Damals gab es tatsächlich einen Gegenspieler - heute leider nicht. Es täte dieser Demokratie und dem Gemeinwohl gut, wenn der linke Gegenspieler mehr Einfluss hätte, wenn der Zeitgeist zuweilen auch nach links tendierte. Beides trifft nicht zu, nur in der Gedankenwelt der Konservativen, wo sie sich mittels Aufbau eines Gegners aufwerten wollen. Sie boxen gegen Schattenwesen. Sie haben 'nen Schatten - als Gegner.