Diese Auflistung von Argumenten, mit denen man denen begegnen kann, die noch immer die Meinung vertreten, dass die Evolution ein Hirngespinst wäre, habe ich im November 2009 im “alten” EHBB-Blog veröffentlicht. Da dieser Blog stillgelegt wurde (bzw. nach gbs-berlin.org umgezogen ist), und es mir leid tun würde, wenn dieser Artikel verloren ginge… hier noch einmal in voller Länge:
Aus gegebenem Anlass möchte ich Interessierten ein paar Argumente an die Hand geben, wie sie auf die pseudowissenschaftlichen Fragen diverser Religiöser antworten können.
Evolution läßt sich nicht beweisen.
FALSCH. Für die Evolution liegt eine geradezu überwältigende Fülle von empirischen Belegen aus sämtlichen Gebieten der Biologie und ihrer Randdisziplinen vor. Pflanzen- und Haustierzucht sowie verschiedene Experimente (Mutationsexperimente) liefern sogar einen sehr direkten Zugang zum Verständnis von Evolutionsprozessen; heute helfen dabei auch Computersimulationen.
Für die Evolution gibt es keine Augenzeugen.
IRRELEVANT. Auch für die Pharaonen des Alten Ägypten gibt es keine Augenzeugen, trotzdem zweifelt niemand an ihrer Existenz. Dem Historiker dienen Handschriften, Bilder, Bauwerke usw. bei der Rekonstruktion geschichtlicher Abläufe, dem Evolutionsbiologen Strukturen rezenter Organismen, Fossilien und so weiter bei der Rekonstruktion evolutionsgeschichtlicher Abläufe.
Das Fehlen von Übergangsformen lässt auf einen Schöpfungsakt und nicht auf Evolution schließen.
FALSCH. Es sind recht viele Übergangsformen vorhanden. Das bekannteste Beispiel ist der Urvogel Archaeopteryx als Bindeglied zwischen Reptilien und Vögeln, von dem mehrere Exemplare fossil überliefert sind. Fehlende Übergangsformen sind lediglich ein Indiz für die Lückenhaftigkeit der fossilen Überlieferung und rechtfertigen nicht die Annahme eines Schöpfungsaktes.
Die Selektion als „blinde Kraft“ kann die Ordnung des Lebenden nicht erklären.
FALSCH. In den großen zeiträumen, in denen sich Evolution abspielt, kann die Selektion sehr wohl vieles bewirken. Außerdem wirken fundamtentale Nautrgesetze, die zum Beispiel ausschließen, dass würfelförmige Haie oder vier Meter große Ameisen entstehen. Letztlich ist Evolution als komplexes Wechselspiel zwischen Umweltbedingungen und den Konstruktions- und Fuktionsbegingungen der Organismen zu verstehen. (innere Selektion)
Die Natur weist auf einen intelligenten Planer hin.
FALSCH. Die vielen Sackgassen der Evolution – bedingt vor allem durch eine Spezialisierung von Arten – lassen eher an einen Pfuscher als an einen intelligenten Planer denken. Warum hätte dieser zulassen sollen, dass 99,9 Prozent aller Arten, die je existiert haben, wieder ausgestorben sind? Warum hat er nicht gleich alle Organismen perfekt konstruiert? Warum lässt er zu, dass der Mensch, die „weise“ Spezies, die Natur zerstört und sich damit selbst den Boden unter den Füßen wegzieht?
Nicht alle Strukturen und Funktionen der Lebewesen lassen sich als Anpassung erklären.
IRRELEVANT. Schon Darwin wusste, dass nicht alles Anpassung ist. Lebewesen sind aktive Systeme, die sich nicht einfach anpassen, sondern auch ihre Umwelt verändern. Und sie können sich nicht beliebig anpassen – Flusspferde werden nie Flügen entwickeln können, um sich an irgendwelche neuen Umwelterfordernisse anzupassen.
Darwin konnte nicht alle Probleme der Evolution befriedigend beantworten.
IRRELEVANT. Es hat auch kein Physiker alle Probleme der Physik gelöst. Seit Darwin hat die Evolutionsbiologie unzählige Einzelerkenntnisse gewonnen, die unser Bild von der Evolution nach und nach vervollständigen.
Offene Fragen und Kontroversen lassen vermuten, dass Evolution keine Tatsache ist.
FALSCH. Probleme der Erklärung oder strittige Erklärungen von Einzelphänomenen ändern nichts an der Tatsache der Evolution selbst.
Die Entstehung geistiger Eigenschaften des Menschen lässt sich nicht evolutionstheoretisch erklären.
FALSCH. Auch Phänomene wie das reflektierende Selbstbewusstsein, Symbolsprache und so weiter fügen sich ins Kontinuum der Evolutionsprozesse ein. Verschiedene unserer geistigen Eigenschaften sind in Vorstufen auch bei anderen Tieren vorhanden. Sie sind Eigenschaften eines komplexen Gehirns, welches – genauso wie alle anderen Organe – in der Evolution durch natürliche Auslese entstanden sind. Auch wenn die geistige Entwicklung gegenüber der organischen Evolution einen eigendynamischen Verlauf zeigt, bleibt sie mit dieser untrennbar verbunden. Das Geistige ist kein von der Natur abgehobener, selbstständiger Bereich der Wirklichkeit.
Aus dem überaus lesenswerten Buch von Franz M. Wuketits: „Darwins Kosmos – Sinnvolles Leben in einer sinnlosen Welt“, Alibri Verlag 2009 – Seite 64 ff.
Das Buch im Denkladen