Au Weia, da sind wir aber am Ende einer tollen Saison knapp am Super-GAU vorbei gegangen: als ich auf dem Heimweg von meinem Vortrag am gestrigen Samstag im Auto die Pausenstände aus den Bundesligastadien hörte, blieb mir fast das Herz stehen: die grünen Radkappen aus der Stadt mit den ICE-Problemen führten in Stuttgart, und die Roten Riesen waren auf die Hilfe der schon abgestiegenen Pfälzer Teufelchen angewiesen, um wenigstens ein Unentschieden zu halten – trotzdem, weg war er zu diesem Zeitpunkt, der 7. Platz in der Abschlusstabelle der Bundesligasaison 2011/2012, der durch viele glückliche Umstände zur Teilnahme an der Europa-League-Qualifikation in der nächsten Saison berechtigt.
Und natürlich wäre ein solcher Stand nach 90 Minuten tatsächlich der Super-GAU gewesen, denn damit hätte 96 nicht nur die Neuauflage unserer Vierschanzentournee auf der Zielgerade vergeigt, sondern auch noch die Stellung als bester Nordclub verloren – und dies gegen den Werksverein aus dem Niemandsland zwischen der verbotenen Stadt und Uelzen.
Aber ein schöner Freistoss von Lars Stindl, ein komplettes Nickerchen der gegnerischen Abwehr und ein wuchtiger Kopfball von “Dieter” Ya Konan brachten nicht nur die 49.000 im Stadion in Feierlaune, sondern auch die vielen, vielen Fans am Radio und Fernseher (wo ich inzwischen angekommen war): “Europapokal – Vierschanzentournee” : der hannoversche Gassenhauer wird also auch in der neuen Saison erklingen.
Also doch der siebte Platz in der Tabelle, ein mehr als respektables Ergebnis, denn vergessen wir nicht, immerhin wurde dieser erkämpft trotz der für hannoversche Verhältnisse riesigen Doppelbelastung durch den Marsch in Europa bis ins Viertelfinale – wer hätte das den Roten schon vor der Saison zugetraut?
Für ein hannoversches Urgestein mit albanischen Wurzeln war dies sicherlich das Sahnehäubchen auf einem emotional aufregenden Tag: der letzte Auftritt von Altin Lala als Bundesligaprofi bei Hannover 96, eine beeindruckende Choreo zu seinen Ehren, eine Einwechslung zum Schluss und eine riesige Abschiedsparty: Altin, Alles Gute und noch Viel Spass bei der 2. Mannschaft der Bayern – und wir freuen uns, Dich dann wieder an der Leine zu sehen, vielleicht mit einer wichtigen Aufgabe in der Nachwuchsarbeit unserer Roten. Wenn es jemanden gibt, der das Gesicht der Roten in den Jahren von 1998-2012 geprägt hat, dann bist Du dies gewesen!
Ein paar Randnotizen hatte der Bundesliga-Spieltag natürlich auch noch: irgendwo im Westen freuten sich ein paar Leute über eine ziemlich hässliche Salatschüssel, und ein paar Kilometer weiter verabschiedete sich ein Karnevalsverein so in die 2. Liga, wie er sich die gesamte Saison präsentierte: chaotisch! Dem dortigen Übungsleiter kann man nur beipflichten – dort unter dem ehrwürdigen Kölner Dom sollten einige mal sehr ernsthaft darüber nachdenken, wie man einen anständigen Bundesligaverein aufstellt – und warum haben da einige Blödmänner, die sich wirklich nicht Fans nennen dürfen, nach Spielschluss in ihrem eigenen Stadion Autoreifen angezündet? So jedenfalls sah der Qualm bei dieser hirnrissigen Aktion aus.
Und nun? Werfe ich heute mal einen Blick auf die 2. Liga und drücke (vielleicht sogar im Olympiastadion selbst, wenn es die Termine zulassen) den Berlinern in der Relegation die Daumen – schon allein, damit dieser Unsympath Babbel nächstes Jahr mit seinem SAP-Retortenclub wieder gegen Hertha verlieren kann, hat sich dieser Herr in der letzten Woche doch einen Platz in der Unbeliebtheitsskala direkt hinter Quälix erarbeitet. Und dann freue ich mich fussballtechnisch noch auf drei hoffentlich spannende Pokalfinals: am liebsten eins für Schwatz-Gelb, eins für die Bayern und eins, bei dem eigentlich beide verlieren müssten, und von dem ich deswegen nur schönen Fussball erwarte.
Was ist mit Europameisterschaft, wird sich der geneigte Leser fragen? Irgendwie könnte man die nach meiner inneren Einstellung absagen – und nur das Ausrichterland Polen lässt ein bisschen Vorfreude aufkommen. Doch die Ukraine geht gar nicht: Hundetötungen, Menschenrechtsverletzungen, Schauprozesse, Misshandlungen von politischen Gefangenen, und, und, und – muss dort wirklich eine Europameisterschaft stattfinden? Und besonders Sorge macht mir, dass die vollmundigen Politkerankündigungen, man wolle dieses Spektakel zur Unterstützung des dortigen Regimes boykottieren, nicht lange Bestand haben werden: spätestens, wenn wieder wählerwirksame Bilder mit Gewinnern gemacht werden können, werden die Sondermaschinen schon wieder gen Kiew starten.
Aber jetzt freue ich mich erst einmal mit den Roten, die mir Alles in Allem in der abgelaufenen Saison 50 Spiele lang (überwiegend) sehr viele Freude gemacht haben – und ihren überraschenden Erfolg aus der vorherigen Saison bestätigten konnten. Da hoffe ich dann mal, dass Hannover jetzt in der oberen Hälfte der Bundesliga wirklich angekommen ist – keine Grossmacht im deutschen und europäischen Wettbewerb, aber immerhin eine Grösse, die es zu beachten gilt.
“Auf, Ihr Roten, Feiern und Ausruhen!”