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„Wir konnten nicht, und die wollten nicht!“ So äusserte sich der Trainer von St.Pauli nach dem für ihn unglücklichen, für Hannover 96 aber durchaus verdienten 1:0. Ein bisschen konnte ich seine nachfolgenden Krokodilstränen über den ach so unansehnlichen Fussball, der gespielt worden sei, dann aber doch nicht nachvollziehen. Bei aller Sympathie für den Kietzclub: inzwischen sollte St. Pauli in der Bundesliga angekommen sein, und da kann man schon erwarten, dass ein Bundesligaclub einen Spieluntergrund zur Verfügung stellt, der den Namen „Rasen“ verdient. Vor Ort vorhanden war ein Acker, der allenfalls zum Schlammcatchen oder – nur sehr bedingt – zum Rugby geeignet war, nicht aber zum gepflegten Fussballspielen. Und unter einer ordentlichen Platzpflege ist sicherlich nicht zu verstehen, den verfaulten und deswegen tiefbraunen Untergrund vor dem Spiel noch mit grüner Farbe zu besprühen, um dem Zuschauer den Eindruck einer Grasnarbe vorzugaukeln.
Mehr geärgert als über diese Bemerkungen, die einen Hauch von „schlechter Verlierer“ hatten, habe ich mich allerdings einmal mehr über den Kommentator des Bayern-München-Abfeiersenders „Sky“, der – mal wieder – vom „kleinen HSV“ gesprochen hat; nicht nur, dass dies mit den tatsächlichen Kräfteverhältnissen in dieser Saison nicht die Bohne etwas zu tun hat – jedenfalls die Fans des Hamburger Sportvereins pflegen eine sehr respektvollen Umgang mit Hannover 96 – und haben dies in der letzten Seuchensaison anlässlich des Aufeinandertreffens in der AWD-Arena auch mehr als deutlich gemacht. Diesen Fans noch einmal dafür ein herzliches Dankeschön, und dem im übrigen wie immer mehr als schlecht vorbereiteten Sprücheklopfer aus dem Himmelssender ein Hinweis: Gott sei Dank kann man auf Stadionton umstellen, um sein dümmlich-unwissendes Gelaber nicht hören zu müssen – nur sicherer wird sein Arbeitsplatz durch seine Sprüche nicht gerade.
Aber zurück zum „Geläuf“: Ich will jetzt gar nicht die Debatte vom Zaune brechen, ob ein solch schlechter Boden nicht eher einem spielerisch limitierten Team wie St. Pauli entgegen kommt, denn auch meine Roten sind sicherlich noch weit davon entfernt, eine Spielkultur wie die eine oder andere „gestandene“ Spitzenmannschaft zu entfalten, aber trotzdem sollte man akzeptieren, dass auf einem solchen Platz eben am Ende eine Standardsituation über Sieg oder Niederlage entscheiden kann – und dass es dieses Mal eben eine solche gegen die Heim- und zugunsten der Auswärtsmannschaft war.
Im übrigen ist Hannover 96 in dieser Saison eben gnadenlos effektiv: letztendlich gab es im Spiel drei Torchancen, und alle für die Roten: die erste setzt Stindl an den Pfosten, einen hervorragenden Freistoss von Pinto entschärft ebenso hervorragend der hamburger Torwart – und die dritte Torchance verwertet „Schuuuuuulz“ mit dem Kopf. Schade, dass seine Vertragsverhandlungen immer noch in der Luft hängen.
Nun, am Ende wird es St. Pauli nicht so sehr treffen, denn deren Position ist in dieser Spielzeit ja ziemlich gesichert. Und 96 ist weiterhin auf dem Weg nach Europa.
Und so überschlagen sich die hannoverschen Medien über das Aschenputtel-Märchen, welches bei 96 stattfindet, während Präsident Kind die lange Planung und Kontinuität für den Erfolg verantwortlich macht. Gemach, Gemach, nichts ist im Fussball so ungewiss wie die Kontinuität, deswegen bin ich da eher für die kleinen Brötchen, die zu backen sind. Mag es zu einer Teilnahme an internationalen Wettbewerben im nächsten Jahr kommen, trotzdem sollte das Augenmass nicht verloren gehen – Zusatzeinnahmen mitnehmen und sich weiter auf die Bundesliga konzentrieren, nur das kann die Richtung sein, denn nächstes Jahr muss in jedem Fall der diesjährige Erfolg in der Liga ansatzweise bestätigt werden, sonst wird es ein böses Erwachen aus dem Märchen geben – Bochum und Stuttgart sollten mahndes Beispiel sein, auch wenn beim VfB ja wieder Leben und damit Hoffnung zu spüren ist.
Doch nun am kommenden Wochenende steht erst einmal die Kür an: da kommt eine unbedeutende Mannschaft aus dem Tabellenmittelfeld, die ihre Punkte im schönsten Stadion der Welt lassen wird ….
Quatsch, die Bayern kommen, und da bleibt Hannover weiterhin krasser Aussenseiter: ein ungefährdeter Sieg für die Millionarios aus dem Süden wäre normal, eine knappe Niederlage für Hannover schon annehmbar, ein Unentschieden ein Erfolg und ein Sieg (wie auch immer erzielt) eine Sensation, denn sie würde nicht nur den 3. Tabellenplatz für 96 nachhaltig festigen, sondern München endgültig in die Depression stürzen, die ihnen halb Deutschland (seien wir doch ehrlich) wünscht. Zu verlieren hat also lediglich der „Stern des Südens“ etwas, meine „Alte Liebe“ kann locker aufspielen – und den Kommentator kann man getrost abschalten, da er ja sowieso gefühlt 96 x 96 Minuten lang erzählen wird, wie toll der FCB und wie nichtssagend der Rest der Welt (und besonders 96) sind….
Warten wir es ab; aber es gilt für dieses Spiel mehr als sonst (und sicherlich mit Daumendrücken in einem grossen teil der Republik):
Auf Ihr Roten, Kämpfen und Siegen!