Halloween vs. St. Martin

„Die Praktik Halloweens passt perfekt in unsere Zeit, in unsere Gesellschaft, ins Gruselszenario des Zeitgeistes. Während wir den Kindern einmal im Jahr einen solchen zügellosen Freiraum lassen, scheint in der Welt der Erwachsenen der Halloween-Geist vollends losgebrochen zu sein. Es ist eben keinesfalls nur der kindliche Egoismus, der mehr Freude an Halloween als am Martinstag entstehen lässt, sondern auch die Tatsache, dass ersteres Fest einfach besser ins Hier und Jetzt passt. Süßes oder Saures! könnte nämlich auch Lohnkürzung oder Arbeitsplatzabbau! heißen; oder Integration oder Ausweisung!; oder in ganz verächtlicher Form: Arbeit oder Hunger!; und in weltpolitische Formel gegossen: Erdöl oder Krieg!

[...]

Das Verschwinden des Martinstages zugunsten von Halloween ist sicherlich keine isolierte Erscheinung, sondern geht Hand in Hand mit der geistig-moralischen Umstrukturierung unserer Tage, in denen Nehmen seliger denn Geben ist, in denen die Egomanie zur seligmachenden Grundeinstellung einer Gesellschaft gedeutet wird. Wir zeigen unseren Kindern sowieso schon viel zu häufig, dass nur das Materielle von Bedeutung ist, man sich vor allem am Haben zu orientieren habe. Der Sozialarbeiter ist nichts, der Rechtsanwalt alles – solche Einteilungen lehren wir schon unsere Kinder. Und an Halloween zeigen wir ihnen, wie man es zu was bringt in dieser Welt, während es der Heilige Martin, dieser armselige Trottel, zu nichts gebracht hat, weil er aus seinem Mantel nicht zwei oder drei machen konnte, sondern diesen auch noch halbierte, weil er Umsatzeinbrüche an wärmendem Gewebe verzeichnen musste.“

geschrieben von Roberto J. De Lapuente

Quelle:  http://ad-sinistram.blogspot.com/2011/10/sit-venia-verbo_31.html



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