© Sylvia Voigt / pixelio.de
Ich habe gerade mal wieder ein paar davon – doch Gott sei Dank sind sie nur virtuell…
Aber davon später, denn wir müssen schon vorne anfangen – also jedenfalls fast:
Gestern abend waren meine Frau und ich bei einer der 3 hervorragend besetzten Kabarett-Galas des hannoverschen Theaters am Küchengarten (TAK) im Theater am Aegi.
Neben einer Reihe von ganz tollen Nachwuchskabarettisten und arrivierten Künstlern wie zB. Volker Pispers war auch Hagen Rether am Start, einer derjenigen, der sich in kürzester Zeit in die Spitze dieses Genres katapultiert hat.
Hagen Rether jedenfalls referierte (ist dies der richtige Ausdruck? Ich weiss es nicht, aber ein besserer fällt mir nicht ein) über die alljährlich im Wonnemonat Mai durch die Medien geschürte Zeckenangst – und über eine Reihe von Zecken in der grossen, weiten Welt…
Nun kann man von einem solchen Abend mit intelligenten Wortspielen und treffenden politischen Analysen leider nur einen Bruchteil behalten – und manchmal ist es vielleicht noch nicht einmal das Wichtigste, was man erinnert; und so ist es bei mir eben die Zeckendiskussion des Hagen Rether haften geblieben…
Warum?
Vielleicht, weil man ja auch persönlich immer mal mit Zecken konfrontiert wird. Und zwar sowohl den wirklichen, wahrhaftigen, als auch den menschlichen – und eben auch denjenigen im Internet, nennen wir sie mal „virtuelle Zecken“.
Fragen wir uns erst einmal, was ist eigentlich eine Zecke? Nach der Definition ist sie „ein weltweit verbreiteter blutsaugender Parasit, der sich vom Blut seiner Wirte ernährt (Zecken.de: Die Zecke)“.
Und sie ist vor allen Dingen eines: lästig! Deswegen stellt man sich automatisch die Frage: Wie wird man Zecken wieder los?
Nun, Zecken soll man hautnah fassen und möglichst mit wenig Druck aus der Haut drehen, z.B. mit einer Pinzette oder Zeckenzange. So wird sie seltener beschädigt als beim Herausziehen (Zecken.de: Entfernen von Zecken).
Tatsächlich habe ich mit (tatsächlichen) Zecken recht viel zu tun, so weit es meinen weisshaarigen, schwarzohrigen Freund betrifft: Paulchen, unser Familienhund, sammelt im Sommer regelmässig viele dieser kleinen Biester auf, und wir müssen diese dann entfernen – und dies sehr vorsichtig, um zu verhindern, dass sie ihr Gift noch – sozusagen „in letzter Minute“ – ausschütten können.
Und diese (tatsächlichen) Erfahrungen prägen natürlich auch meinen Umgang mit menschlichen „Zecken“, denen man so im wirklichen und virtuellen Leben begegnen; Gott sei Dank sind es nicht viele, aber zwei sind mir dann doch sehr präsent:
Da ist erst einmal ein Kollege, den ich erst nach sehr langer Zeit wieder los wurde; Hintergrund war, dass bei der Gründung unserer Kanzlei eine Werbeagentur auf die Idee kam, aus dem Anfangsbuchstaben des ersten Teils unseres Familiennamens („S“) ein Logo („§“) zu entwickeln; wir haben dies erst im Rahmen der Neugestaltung unserer Homepage aufgegeben (inzwischen sind wir nach weit über 10 Jahren so etabliert, dass wir ein solch aggressives Logo – hoffentlich – nicht mehr brauchen), und erst in der letzten Woche haben wir auch in unserem schriftlichen „Auftritt“ das Logo entfernt – vielleicht war auch dies einer der Gründe, warum mir diese vergangene Geschichte wieder so präsent ist.
Tatsächlich war dieses „§“ auch einmal – ein einziges Mal – Gegenstand eines „Zeckenalarms“: ein Kollege fühlte sich in einem äusserst umfangreichen Scheidungsverfahren sachlich, fachlich und intellektuell wohl so unterlegen, dass er dazu überging, in seinem Anreden permanent das „S“ durch ein „§“ zu ersetzen.
Sein Ziel, bei uns jemanden damit zu ärgern, erreichte er allerdings schon allein deswegen nicht, weil es für uns natürlich ausgesprochen amüsant war, zu überlegen,welchen logistischen Aufwand der Kollege wohl betreiben musste, um diese Spitze in seiner Kanzlei installieren zu lassen -oder glauben Sie wirklich, eine Rechtsanwalts- und Notariatsangestellte würde solchen Kinderkram selbst initiieren? Wohl kaum!
Letztendlich erledigte sich das Problem durch öffentliche Nichtbeachtung und (für unsere Mandantschaft positiven) Abschluss des Mandats – analog der obigen Anweisung, möglichst wenig Druck auf die Zecke selbst aus zu üben…
Derzeit habe ich es mit einer ganzen Zeckensammlung zu tun – wenn es auch nur eine virtuelle ist: irgendwie scheinen es bestimmte geistig äusserst limitierte Internet-Accounts nicht begreifen zu können, dass man in einer freiheitlichen Gesellschaft auch andere Meinungen vertreten kann als diejenige, die sie haben.
Eines vorab zum Verständnis: der Beruf des Rechtsanwalts und Notars verhindert tatsächlich nicht, dass man daneben auch noch ein eigenes Leben hat; und ein solches Leben beinhaltet durchaus auch eine Mailadresse oder auch einen Twitter- oder Facebook-Account: und solches hat dann nichts mit dem Beruf zu tun, sondern mit den vielen Dingen, die eine Person nun einmal unterscheidet von einem Internet-Account: ich kommunziere durchaus mit Freunden, mit meinen Patenkindern, mit meinen Verwandten, aber auch mit Vereinskollegen über Facebook – so, wie dies inzwischen fast jeder tut.
Aber tatsächlich, ich lese auch andere Facebook-Einträge: über Hannover 96, über Castor-Transporte, und auch über den Kachelmann-Prozess. Und, man mag es glauben oder nicht, manchmal kommentiere ich auch die dortige Einträge von anderen Usern: „So iss Läbbe“, hat mal ein berühmter Trainer gesagt.
Und meine umfangreichen Recherchen haben ergeben, dass die für mich geltenden Berufsregeln mir nicht verbieten,
- eine eigene Meinung zu haben,
- ein Privatleben zu haben,
- meine privaten Meinungen öffentlich kund zu tun.
Gleichzeitig weiss ich natürlich auch, das meine Meinungen für machen Verblendeten gerade in Bezug auf den Kachelmann-Prozess durchaus schwer verdauliche Kost sind: es setzt eben eine bestimmte intellektuelle Reife voraus, differenzierte Positionen nachvollziehen zu können und komplexe juristische Sachverhalte zu verstehen.
Und gerade diese intellektuellen Hürden scheinen für einige meiner neuen „Follower“ nicht überwindbar zu sein…
Nun, es ist allerdings auch eine illustre Runde, die sich da zusammen getan hat: ein (nach Auffassung der von mir hoch geschätzten Oberstaatsanwältin i.R. G.Wolff angeblicher) Assessor der Rechtswissenschaften, der so wenig Selbstkontrolle besitzt, dass er in einem Meinungsforum im Internet wegen Drohungen gegen die dortigen Betreiber permanent gesperrt wird, eine intrigante Ex-Stewardess (vulgo: „Saftschubse“), die behauptet, reich geheiratet zu haben (besser: aufgrund ihres ehemalig umwerfenden Aussehens geheiratet worden zu sein), und die derzeit neben ihren Bekümmernissen um Rosen und Vögel (Letzteres ist keine Anspielung, wirklich nicht) Alice Schwarzers Gesamtwerk erkundet, eine Schmusekatze aus dem Randgebiet eines deutschen Mittelgebirges, die ihre gesamte Frustration daraus zieht, mit ihren Petitionen regelmässig schon beim Praktikant des Praktikantens zu scheitern, ein Mädel, welches schon Schwierigkeiten beim Anmelden in einem durchschnittlichen Internetforum hat, eine Dame, die seit Jahren diverse Internetforen mit ihren Tiraden und persönlichen Anfeindungen überzieht – und ein Account, der wohl die Funktion der Rechtschreibprüfung bei einem durchschnittlichen Computer noch nicht gefunden hat und deswegen das Internet mit Beiträgen bereichert, die nur mit massiver Kreativität sinnhaft entschlüsselt werden können.
Was macht man nun mit Accounts, die praktisch minutiös meinen Blog überwachen – offensichtlich reichen ihre Kenntnisse des Internets noch nicht einmal aus, um die „Referrer“-Funktion bei „wordpress“ zu kennen – und dann, wenn die dortigen Beiträge ihren intellektuellen Horizont überschreiten, beleidigend werden? Na, ganz vorsichtig mit einer virtuellen Pinzettenzange ausdrehen, oder?
Versuchen wir es also – den benannten Sportfreundinnen und – freunden geht es ja nur um den Kachelmann-Prozess – mit einer Aufstellung der tatsächlichen Fakten aus meiner Sicht:
- Ich weiss nicht, ob Herr Kachelmann seine Ex-Freundin vergewaltigt hat.
- Ich weiss nicht, ob sie ihn zu Unrecht beschuldigt hat.
- Ich weiss aber, dass sie gelogen hat, und zwar massiv.
- Deswegen weiss ich auch, dass dies der Grund war, warum er freigesprochen worden ist – erstinstanzlich und noch nicht rechtskräftig.
- Ich weiss, dass die Führung des Prozesses nicht so stattgefunden hat, wie ich ein rechtsstaatliches Verfahren führen würde.
- Und ich weiss, dass ich keinerlei Grund sehe, warum das Urteil, dass „Im Namen des Volkes“ nicht in anonymisierter und neutralisierter Form veröffentlicht werden soll – und beziehe mich dabei immerhin auf das Bundesverwaltungsgericht und den VGH Baden-Württemberg.
Und ich kann ein Urteil analysieren, genau so, wie ich auch den Grundsatz „in dubio pro reo“ richtig interpretieren kann. Dafür habe ich nämlich eine durchaus umfängliche Ausbildung durchlaufen, viele Jahre Berufserfahrung erworben – und eben nicht mein Leben hinter der Tapete, im Mittelgebirgsvorland oder beim Austeilen von Essen und Getränken verbracht.
Übrigens biete ich jedem Interessierten hier eine sachliche (!) Auseinandersetzung mit meinen Thesen an; allerdings höre ich aus dem Kreise meiner Zecken derzeit nichts dazu – es fehlt offensichtlich an den Fähigkeiten zu einem solchen Diskurs.
Wer also meine Aussagen als „Schmarrn“ bezeichnet, der sollte vielleicht ein wenig an seinen Argumentationsfähigkeiten feilen – die örtliche Volkshochschule bietet da durchaus interessante Fortbildungsmöglichkeiten; und wer meinen christlichen Glauben in Zusammenhang mit meinen durchaus angreifbaren, aber immerhin sachlich begründeten Absichten zum Fall Kachelmann stellt und mich deswegen als „XXXXXX“ bezeichnet, der sollte sich zum einen schämen – und zum anderen erinnern, dass er (sorry: sie!) es war, die mich anbetteln musste, dass ich ihre persönlichkeitsverletzenden Äusserungen gegenüber Herrn Kachelmann im Internet lösche. Mein durch meine geliebte Mutter anerzogener Respekt verbietet es, diese persönliche Nachricht hier einzustellen…
Aber – und damit kehre ich zu Hagen Rether zurück: im Mai eines jeden Jahres schüren die Medien eben die Angst vor Zecken – obwohl es dafür eigentlich keinen realistischen Grund gibt; und unter Berücksichtigung dieses Umstandes nehme ich die Zecken eben so, wie sie sind: als lästiges, aber zu vernachlässigendes Übel – egal, ob es sich dabei um tatsächliche, menschliche oder virtuelle Zecken handelt.
Ein paar Punkte zum Abschluss, liebe virtuelle Zecken:
- ich verspreche Euch, dass ich mir von Euch nicht das „Maul“ verbieten lassen werde – über wen solltet Ihr Euch denn sonst das Eurige zerreissen?
- Bitte schickt mir nicht wieder Eure Rechtsanwältin – die ist nämlich ebenfalls äusserst lästig…
- Und ein Heuchler bin ich auch nicht, denn ich kann meine Meinung nicht nur unter meinem Namen guten Gewissens veröffentlichen, sondern auch noch begründen – ein Vorteil, den ich Euch voraus habe.