Durch Bellas Blogparade vom Blog “Familie Berlin” zum Thema Freundschaften bin ich dazu angeregt worden, über das Thema “Freunde” nachzudenken.
Die Frage, die mir direkt in den Sinn kommt, ist “Habe ich überhaupt Freunde”, die mir bei dem Thema direkt in den Sinn kommt.
Schon in Schulzeiten war ich eine Außenseiterin, weil ich irgendwie anders war als die anderen oder mich zumindest so fühlte. Und da ich mich so fühlte, fühlten es die anderen wahrscheinlich auch. Anders war schon, dass ich ohne Vater aufwuchs – das war schon anders als bei vielen anderen. Dann hatte ich noch 2 Geschwister, davon eine Halbschwester, die einen anderen Vater hatte. Ich habe mich meiner Schwester immer verbunden gefühlt, aber irgendwann erfuhren die Klassen- und Spielkameraden eben doch, dass wir nicht den gleichen Vater hatten. Das sorgte dann für Stoff, uns zu ärgern und wir waren eben nicht wie die anderen. Außerdem hatten wir, weil meine Mutter alleinerziehend ohne Unterstützung meines Vaters war, nicht die modernsten Klamotten von teuren Marken an, sondern eben ganz normale. Das sorgte auch oft für Gesprächsstoff hinter unserem Rücken, das uns als Kinder sehr weh tat. Heute ist es mir egal, was andere über meine Kleidung denken.
Außerdem war es so, dass mir das Lernen sehr leicht fiel bzw. ich großartig gar nicht lernen musste, sondern mir viele Dinge einfach so merken musste und ich so eben gar nicht für Klassenarbeiten lernen musste, sondern das aus dem Unterricht noch im Gedächtnis hatte. Zumindest in allen Fächern außer Mathe und Erdkunde. Da hatte ich irgendwie eine Gedächtnislücke. :-)
Wenn auch wenige, hatte ich aber immer Freunde, die mit mir spielten als Kind bzw. als Jugendliche “rumhingen”, wie wir es bezeichneten. Eine Zeit lang wurde ich von allen aus der Klasse geärgert, was mich sehr belastete. Der Klassenlehrer hat dann gefragt, was ich tun müsse, damit sie sich mit mir abgeben. Und ihre Antwort war “sie soll sich nach hinten setzen und auch mal mit uns Mist machen”. Das tat ich also – in dem wichtigsten Halbjahr, nämlich in dem Halbjahr, in dem ich das Zeugnis bekam, mit dem ich mich bewerben musste. Eigene Dummheit. Leider realisierte ich das zu spät – ich wurde schlecht in der Schule und wurde nur so gerade versetzt. Zum Bewerben war das Zeugnis nicht geeignet, deshalb ging ich dann auf die Höhere Handelsschule. Und ich entschied für mich, dass mir die Schulnoten doch etwas wichtiger waren als diese Freunde, die mich dazu motivieren wollten, schlechter aufzupassen und Mist im Unterricht zu machen. Im Nachhinein betrachtet waren das doch keine Freunde, was ich aber leider etwas zu spät bemerkte. Zu der Zeit waren es die Leute, die ich toll fand und von denen ich gerne beachtet werden wollte.
Für die Ausbildung zog ich dann in eine andere Stadt und fing ganz von vorne an. Am Wochenende jobbte ich und hatte dort meine Freunde. Ich war allerdings nur so lange die Freundin, wie ich dort war und als ich da aufhörte, war ich aus den Augen – aus dem Sinn.
Ich zog mehrmals um und hatte neue Partner, die mich auch mit in ihren Freundeskreis nahmen. Leider war ich aber dort natürlich auch nur so lange willkommen wie die Beziehung hielt. Danach war eben nur noch einer von uns beiden willkommen und das natürlich verständlicherweise mein Partner, der eben schon länger dazu gehörte. Ich lernte nicht wirklich daraus und je älter ich wurde, umso schwieriger fällt es mir, neue Freundschaften zu schließen. Ich wurde eben schon sehr oft enttäuscht und Vertrauen zu fassen, um neue Bekannte als Freunde zu bezeichnen.
© “Astrid Götze-Happe / pixelio.de”
Ich habe, als ich zu meinem jetzigen Mann gezogen bin, hatte ich hier keine Kontakte und auch er hatte keinen Freundeskreis, in den er mich mit aufnehmen konnte. Und so gründete ich im Internet eine Gruppe, in der sich alle Zugezogenen in Leverkusen melden konnten, sodass wir uns kennen lernen und so neue Kontakte finden konnten. Aus dieser Gruppe enstanden tatsächlich Freundschaften, sogar Beziehungen und Kontakte. Bis heute habe ich mit 2 Paaren davon noch mehr oder weniger regelmäßigen Kontakt und wenn man so möchte, kann man es sogar als Freundschaft bezeichnen. Wir sehen uns (leider) viel zu selten, weil wir inzwischen alle Kinder haben und die Interessen und Einstellungen teilweise auseinander gehen, sodass eben doch wir alle unseren eigenen Weg gehen.
Im Job hatte ich auch viele gute Kontakte, mit denen ich teilweise auch regelmäßig etwas unternommen habe nach der Arbeit. Nun bin ich aber erstmal raus aus dem Job und da ich zur Arbeit immer 1 Stunde pro Strecke pendelte, bin ich eben auch nicht um die Ecke. Und so verloren sich auch diese Kontakte – kaum jemand meldet sich, und wenn dann nur ein kurzes verpflichtendes “Wie geht´s” und das war´s. Schade, aber irgendwie natürlich verständlich. Aus den Augen – aus dem Sinn.
Seit der Geburt der Tochter hat sich mein Fokus geändert und die Kontakte entstehen oft durch die Kinder. Wenn Kinder miteinander spielen, kommt man ins Gespräch und tauscht sich kurz aus, bevor dann doch jede Mama wieder zu ihrem eigenen Kind geht. Dadurch habe ich sehr viele Kontakte, mit denen ich beim Spaziergang oder in den verschiedenen Eltern-Kind-Gruppen kurz ein paar Sätze wechseln kann, mehr aber nicht. Manchmal haben wir Telefonnummern ausgetauscht, schreiben uns Nachrichten, aber eben auch nur sporadisch, weil man eben doch zu viel um die Ohren hat. Und unter Eltern ist man doch immer nur die “Mama von …. (hier den Namen vom Kind einfügen” und nicht man selbst als Person.
Mir haben meine Mitmenschen, Bekannte und Freunde immer sehr viel bedeutet und rückblickend betrachtet habe ich immer mehr gegeben als genommen von diesen Kontakten. Und ich habe nie aufgerechnet. Wenn ich aber dann irgendwann sehr spät gemerkt habe, dass ich nur investiere und gar nichts zurückbekomme, habe ich mich enttäuscht zurückgezogen. Und all das hat eben Spuren in meinem Herzen hinterlassen, sodass es inzwischen immer länger dauert, überhaupt Kontakte zu knüpfen bzw. mich zu öffnen.
© “Rainer Sturm / pixelio.de”
Wenn es dann in ein etwas tieferes Gespräch geht und vielleicht auch die Chance besteht, sich noch einmal wiederzutreffen oder sich näher zu kommen, ziehe ich mich oft zurück – vermutlich auch aus Angst, wieder enttäuscht zu werden.
© “Rike / pixelio.de”
Ich habe viele Telefonnummern und Adressen in meinem Handy – auch von alten Bekannten. Und auch über die sozialen Netzwerke ist es oft einfach, frühere Freunde wiederzufinden. Aber will ich das überhaupt? Vor Kurzem wurde ich zum 25-jährigen Erstkommunion-Jubiläum eingeladen. Erst hab ich mich sehr gefreut und dachte “Super, nach so vielen Jahren die Schulkameraden wiederzusehen – bestimmt interessant”. Und ich dachte noch weiter, dass ich sie bestimmt überrasche, weil eben früher von der kleinen zurückhaltenden Renate niemand gedacht hat, dass sie heute in einem großen Konzern arbeitet, verheiratet ist, eine Eigentumswohnung hat und zwei Kinder hat. Doch dann änderte ich meine erste Freude und ich war skeptisch. Denn wer mich finden wollte, der konnte mich über Internet finden. Das hat aber keine versucht und so denke ich, dass kein wirkliches Interesse bestand. Also entschied ich, nicht hinzugehen und ich habe es nicht bereut. Ich verbrachte den Tag mit meinem Mann und meiner Tochter und ich zündete eine Kerze in der Kirche an in Erinnerung an meine Erstkommunion. Das war wahrscheinlich viel schöner als Leute zu treffen, von denen ich dann die nächsten 25 Jahren auch wieder nichts hörte bis zum 50-jährigen Erstkommunion-Jubiläum. Da kann ich dann auch drauf verzichten.
Und nun zur Antwort der Frage aus der Überschrift: Ich habe zurzeit keine Freunde. Denn die Definition von Freundschaft ist für mich, dass ich Tag und Nacht, ob es mir gut oder schlecht geht, anrufen kann und sie für mich da sind. Dass wir zusammen lachen und weinen können, dass mir das, was ich habe, gegönnt wird, ohne Neid und ohne Missgunst. Und diesen Menschen zu treffen, das wünsche ich mir und hoffe, dass ich diesen Freund oder diese Freundin eines Tages haben werde. Momentan ist mein Fokus eben auf etwas anderem, nämlich dem wichtigsten, was ich habe: meiner eigenen kleinen Familie – meinem Mann und meinen beiden Kindern. Für viel mehr bleibt eben keine Zeit. Und wenn ich das für mich akzeptiere und realisiere, dann ist es doch ok. Wenn die Kinder selbstständiger werden, bleibt auch wieder mehr Zeit, mich auf Kontakte und das Knüpfen oder Festigen von Freundschaften zu konzentrieren. Entweder diejenigen, die dann eventuell zu Freunden werden könnten, sind noch oder wieder da für mich oder eben nicht. Und in beiden Fällen weiß ich, was ich davon zu halten habe. Es ist nicht immer einfach und es ist unklar, aber es ist ok. Ich lasse es auf mich zukommen und bin sicher, dass ich irgendwann eine Freundschaft schließe oder wieder aufleben lassen kann, die von beiden Seiten gleichermaßen wichtig ist und gepflegt wird.
© “PeterFranz / pixelio.de”
Liebe Bella, vielen Dank für den Aufruf zur Blogparade. Es hat mir gut getan, darüber nachzudenken und zu schreiben. Ich bin mir nun klarer geworden, dass es für alles bestimmte Phasen gibt. Und meine Phase für Freundschaften ist eben nicht jetzt, sondern vielleicht später. Möchtet Ihr auch teilnehmen? Hier geht´s zur Blogparade.
Eure Mami Renate
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