Red Hot Chili Peppers „I’m With You“ (Warner)
Kein Mensch wird ernsthaft bestreiten wollen, dass maßvolle Veränderungen von Zeit zu Zeit für Körper und Geist viel Gutes bereithalten und also begrüßenswert sind. Aber, um mal Herrn Polt zu zitieren: „Pass Obacht!“, denn wenn wir vom gemeinen Musikfan reden, dann sind wir zwar noch immer bei der Gattung „Mensch“, gleichwohl aber bei einer sehr eigenwilligen Spezies. Und diese wiederum tut sich mit Veränderungen, seien sie auch noch so geringfügig, gemeinhin sehr schwer, gibt sich störrisch und unnachgiebig und nur wenige begrüßen einen stilistischen Schwenk ihrer Idole.
Der aber war, glaubt man den Auskünften der Red Hot Chili Peppers, nach dem abermaligen Abgang von Gitarrist John Frusciante unumgänglich. Nachfolger Josh Klinghoffer, mit guten Zeugnissen von PJ Harvey, Beck und Warpaint ausgestattet und eine ganze Ecke jünger als der Rest der Band, soll frischen Wind ins eingefahrene Bandgefüge blasen, was nach dem zwar ordentlichen, jedoch etwas spannungsarmen und störend überlangen Vorwerk auch angebracht schien.
Was dann allerdings an Neuem hinzugekommen ist, erweist sich eher als marginal – der Bruch beispielsweise vom letzten wirklichen Meisterwerk „By The Way“ zu „Stadium Arcadium“ geriet damals weitaus härter. Unwiderruflich vorbei die Zeiten der rotzig-wütenden Gitarrenbreaks früher Platten, ein „Can’t Stop It“ und erst recht ein „Give It Away“ sucht man vergeblich und es wird nicht wenige geben, auf die Rückkehr zum knochentrockenen Krachfunk gehofft hatten – mit den wenigen Ausnahmen bei „Look Around“ und „Goodbye Hooray“ wird sich der enttäuschte Headbanger aller Voraussicht nach wohl nicht versöhnen lassen. Wem jedoch die sanfteren, melodischen Töne der letzten Dekade gefielen, der findet auch auf „I’m With You“ genügend Sehsuchtsstoff: „Brendan’s Death Song“ gibt sich trotz kurzzeitigen Aufbäumens dem Text gemäß noch eher zurückhaltend und besinnlich, aber „Annie Wants A Baby“ und das traumhaft melancholische Verlustliedchen „Police Station“ gehen einem schon zu Herzen.
Deutlich zu hören, dass die Band ihre Zeit nicht vertan und den Sound zeitgemäß etwas aufgehübscht hat, die butterweichen Diskobeats von „Monarchy Of Roses“ und Papa Kidies Kinderjingle „Ethiopia“ grooven in bester Hercules-&-Love-Affair-Manier. Überhaupt findet man nach mehrmaligem Genuß der Platte tatsächlich einen Zugang zur vielbeschworenen Lockerheit und Leichtigkeit, mit der die Jungs bei der Sache gewesen sein wollen. Mittlerweile scheinen sie ja einen Entspannungsgrad erreicht zu haben, mit welchem sie sich mit Jack Johnson nicht nur das Surfbrett, sondern ohne Probleme auch das Aufnahmestudio teilen könnten. Bei diesem Jam ließen sich dann auch so klassisch-unspektakuläre Hüpfnummern wie „Factory Of Faith“, ein fideles „Happiness Loves Company“ oder das bläserbesetzte „Did I Let You Know“ unterbringen.
Die eher mäßige erste Single „The Adventures of...“ muß nicht nochmals erwähnt werden, dafür sind die vier im Netz schon ausgiebig und nicht ganz zu Unrecht geprügelt worden, auch das Schlußstück „Dance, dance, dance“ packt man besser in die Kategorie „Gimmick“. Erwähnt werden sollen aber noch das gewitzte Jonglieren mit Sinnbildern bei „Even You, Brutus?“ und die freche Lou-Reed-Anleihe für „Meet Me At The Corner“, die das Album zu einem gediegenen, wenn auch überraschungslosen Spätsommerwerk abrunden. Bei aller guten Laune in der Familienväteridylle darf’s beim nächsten Mal aber gern wieder etwas handfester zur Sache gehen.
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