Gute Islamisten – schlechte Islamisten

Nein, ich lasse mir vom Wir-sind-bald-nicht-mehr-Papst-Terror nicht mein eigentliches Thema für heute kaputt machen, das auch etwas mit Religion, Moral und Geschäft zu tun hat: Die Bundesregierung will mal wieder mit den guten Islamisten in Saudi Arabien einen fetten Waffendeal abschließen – dieses Mal sollen es keine Panzer, sondern Patrouillenboote sein. Mit der Moral ist es irgendwie schon scheiße, wenn man auf dem Weltmarkt richtig Geld verdienen will. Angesichts der Tatsache, dass die NATO-Staaten ja alle sparen müssen, ist es nicht mehr so einfach, politisch korrekte Abnehmer für die Spitzenprodukte deutscher Rüstungsfabrikation zu finden. Denn autoritäre Regimes an der Spitze von Gottesstaaten sind eigentlich nicht die beste Adresse für Rüstungsgeschäfte – moralisch gesehen. Aber weil die Saudis stinkreich sind, kann man da schon mal ein paar Augen zudrücken: Immerhin sind die Saudis westlichen Werten gegenüber sehr aufgeschlossen, sofern man damit fahren oder schießen kann. Oder beides.

Den Mullahs im Iran würde die Bundesregierung natürlich nichts verkaufen, Ehrenwort! Außer vielleicht ein bisschen deutsche Atomtechnologie, solange sie nur zu friedlichen Zwecken eingesetzt wird – wie etwa Hightech von Siemens im iranischen Atomreaktor von Bushehr. Dabei ist der Iran anders als Saudi Arabien eine islamische Republik, der Präsident wird halbwegs demokratisch gewählt, auch wenn es mit der Pluralität nicht sehr weit her ist, das Sagen haben vor allem islamische Geistliche. Es gilt islamisches Gesetz. In Saudi Arabien gilt das auch, sogar in noch strengerer, konservativerer Auslegung, und der König wird natürlich nicht gewählt. Vom freiheitlichen Demokratie-Index her sieht es in Saudi-Arabien also nicht besser aus als im Iran. Trotzdem gibt es gute und schlechte Islamisten – es kommt halt immer drauf an, was man gerade von ihnen will.

Waffengeschäfte macht unsere Bundesregierung natürlich nur mit den guten Islamisten. Ehrenwort!

Waffengeschäfte macht unsere Bundesregierung natürlich nur mit den guten Islamisten. Ehrenwort!

Es ist beispielsweise noch nicht dermaßen lange her, dass die USA die afghanischen Taliban als heldenhafte Freiheitskämpfer mit großzügiger Unterstützung hochgerüstet haben, damit sie die Sowjets in Schach halten. Später wurden (und werden) die Taliban mit ähnlich großen Aufwand bekämpft, weil sie ja bösenTerroristen Unterschlupf gewähren und Mädchen nicht in die Schule lassen. Aus den hilfreichen guten Islamisten sind plötzlich schlechte Islamisten geworden, die man in Grund und Boden bomben muss.

Von den libyschen Freiheitskämpfern, die vom Westen unterstützt wurden, um den unbequem gewordenen Muhammar a-Gadaffi zu erledigen, hört man derzeit interessanterweise nichts – dafür werden aber die guten Islamisten von der Freiheitsfront in Syrien vom Westen mit Waffen unterstützt, um die Regierung von Baschar al-Assad zu stürzen. Die zugegebenerweise autoritär, aber nicht islamistisch ist. Verwirrend. Dabei ist, wie man eigentlich gelernt haben könnte, keineswegs ausgemacht, dass alles besser wird, wenn Assad erstmal weg vom Fenster ist. Als die Islamische Revolution den persischen Schah Mohammad Reza Pahlavi aus dem Amt gefegt hat, wurde auch nicht alles besser im Iran. Die Entwicklung passte den Amis so wenig in den Kram, dass sie den irakischen General Saddam Hussein, der auch nicht unbedingt als großer Menschenfreund bekannt war, unterstützt und hochgerüstet haben, um Iran in Schach zu halten. Saddam Hussein war so etwas wie ein V-Mann oder ein IM der CIA – aber wie gut V-Leute funktionieren, weiß ja inzwischen auch der deutsche Verfassungsschutz.

Das Ende vom Lied ist traurig, aber bekannt: Der mächtig und damit gefährlich gewordene Saddam Hussein mutierte zwar nicht zum islamistischen Terroristen, dafür aber zu einem gefährlichen Psychopathen, der mit Hitler verglichen wurde. Das war die Ausrede dafür, den Irak im so genannten 2. Golfkrieg und vor allem im wenige Jahre später vom Zaun gebrochenen Irak-Krieg in die Steinzeit zurück zu bombardieren. Die von den unglaublichen Zerstörungen des Vernichtungskrieges paralysierte Bevölkerung leidet noch immer entsetzlich und die chaotischen Verhältnisse führten dazu, dass Al Quaida im Jahr 2006 im Irak einen islamistischen Staat ausrief.

Ob in Irak jetzt gute oder schlechte Islamisten am Ruder sind, vermag ich nicht zu sagen – vermutlich ist der Irak einfach zu paralysiert, um von den Amis noch als Bedrohung wahrgenommen zu werden. Insofern spielt es auch keine Rolle, ob die irakischen Mädchen in die Schule dürfen oder nicht – die Hauptsache ist, dass die neue irakische Verfassung es zulässt, dass ausländische Investoren bis zu 100 Prozent an Ölgesellschaften besitzen dürfen – der irakischen Schlüsselindustrie.

Gespannt bin ich auch, wie sich der Krieg in Mali entwickeln wird – dort werden ja gerade wieder die schlechten Islamisten bekämpft, die man in Syrien derzeit noch mit Waffen ausrüstet, weil es da zur Zeit noch die guten sind. Wo ich schon dabei bin: So richtig toll hat es mit der arabischen Revolution in Tunesien oder Ägypten bekanntlich auch nicht geklappt, Hosni Mubarak ist zwar weg vom Fenster – aber unter der islamistischen Regierung Mursi geht es den Leuten in Ägypten auch nicht besser. Auf Waffendeals mit den Moslem-Brüdern dürfte die deutsche Rüstungsindustrie derzeit nicht spekulieren und sich die schönen Zeiten mit Mubarak zurückwünschen. Der war zwar kein Islamist, sondern nur autoritär – und damit ein Garant für Sicherheit im Nahen Osten, mit dem man wunderbar Rüstungsgeschäfte machen konnte. Ja, die Welt ist kompliziert. Selbst, wenn man keine Moral hat.



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