Deutschland gilt nicht gerade als Hochregion von Existenzgründungen und die Bundesbürger nicht gerade als Gründungsfreudig. Dabei stellt die Gründung eines neuen Unternehmens nicht nur viele Chancen für die beteiligten Personen dar, sondern gerade Start-Ups helfen oft auch dabei, verkrustete Strukturen aufzubrechen, in denen sich bestehende Konzerne bewegen. Dementsprechend schlecht ist natürlich der starke Rückgang an neuen Gründungen im vergangenen Jahr, der laut KfW-Analyse 2013 vermeldet wurde. Positiv ist hingegen aber der Anstieg im Bereich Energie, denn im Energiemarkt konnte sich die Zahl der Start-Ups laut Ralf Weiß, Projektleiter des Green Economy Gründungsmonitors*, seit dem Jahr 2008 immerhin mehr als verdoppeln.
Speziell im Bereich der Energie – seien es Strom, Gas und Öl oder noch schlimmer bei Benzin und Diesel – wird der Markt seit langem von einigen wenigen Konzernen kontrolliert. Dies hat dazu geführt, dass die Kunden stark abhängig von der Preisgestaltung einiger weniger Unternehmen sind und diese ihr bestehendes Geschäftsmodell meist auch nicht grundlegend ändern sonern eher verteidigen wollen. Bei der Stromerzeugung bedeutet dies z.B. dass sie große Kohlekraftwerke oder Atomkraftwerke selbstverständlich einer dezentralen Stromerzeugung mit Hilfe von Technologien zur Nutzung der erneuerbaren Energiequellen vorziehen. Daher ist auch Ralf Weiß der Überzeugung: “Grüne Energieunternehmen sind das Standbein der Green Economy. Erneuerbare Energien und Energieeffizienz sind bei weitem die größten Tätigkeitsfelder der grünen Start-ups.” Sie übernehmen eine zentrale Rolle bei der Entwicklung und vor allem auch der Bekanntmachung alternativer Geschäftsmodelle und Technologien. Weiß weiter: “Sie sind die Gestalter des neuen Energiemarktes und sie setzen damit die etablierten Unternehmen gehörig unter Druck.”
Fast zwei Drittel der grünen Existenzgründungen in deutschen Gründerzentren leisten einen Beitrag zur Energiewende. Regulierungen und Hürden beim Marktzugang sieht Ralf Weiß eher als Ansporn und Chance. Das bestätigen auch Energie-Start-ups wie Polarstern, tado, Changers und Electrolyte. Indem sie sich den neuen Markt- und Verbraucheranforderungen flexibel und mit innovativen Ansätzen anpassten, bedienten sie Nischen und offerierten Dienstleistungen und Produkte, mit denen die großen Unternehmen nur schwer Schritt halten könnten. Auch mit Blick auf ihr Unternehmensverständnis unterschieden sich die neuen, grünen Energie-Start-ups oftmals von den großen Konzernen. “Ihnen geht es nicht nur um das Geschäft”, erklärt Ralf Weiß. Vielmehr triebe sie häufig ein gesellschaftliches Anliegen an. Dafür entwickelten sie Lösungen, ohne nur an die finanzielle Rendite zu denken. Der unabhängige Ökoenergieversorger Polarstern beispielsweise will mit Energie die Welt verändern. Dafür bietet er Haushalten bundesweit 100 Prozent Ökostrom und 100 Prozent Ökogas. Gleichzeitig fördert das Unternehmen als erster Energieversorger in Deutschland für jeden Kunden direkt den weltweiten Ausbau der erneuerbaren Energien – hierzulande und in Entwicklungsländern.
Vier Energie-Start-ups und ein Ziel: gemeinsam den Energiemarkt verändern
Eine sichere und saubere Energieversorgung ist eine der großen Herausforderungen unserer Zeit und sie wird sicher nicht nur von ein paar wenigen Unternehmen und Menschen erreicht werden können. Von dieser Meinung sind auch die drei Polarstern-Gründer Jakob Assmann, Florian Henle und Simon Stadler überzeugt. Für diese Aufgabe benötigt es neben ihren Kunden vor allem aucweitere Unternehmen mit ähnlichen Zielen. Gerade in Kooperationen mit anderen Energie-Start-ups soll so die Energiezukunft nachhaltig geprägt werden. Markus Schulz vom Start-up Changers unterstreicht: “Wenn wir den Klimawandel aufhalten wollen, müssen wir zusammenarbeiten.” Und er ergänzt: “Das Bewusstsein im Umgang mit der Ressource Energie ist für den erfolgreichen Kampf gegen den Klimawandel in den Köpfen aller Menschen unerlässlich.” Auch Leopold von Bismarck, Geschäftsführer (CMO) von tado°, bestätigt: “Kooperationen und Partnerschaften mit gleichgesinnten Unternehmen, deren Produkte sich super ergänzen, sind für uns sehr wichtig, um so viele Leute wie möglich zu erreichen und die Energiewende voranzutreiben.”
Polarstern – Das vergleichsweise junge Unternehmen liefert nicht nur saubere Energie, es unterstützt als erster Energieversorger in Deutschland auch den Ausbau der regenerativen Energien in Entwicklungsländern. Für jeden Kunden, der 100 Prozent Ökostrom oder 100 Prozent Ökogas von Polarstern bezieht, wird eine Familie in einem Entwicklungsland dabei unterstützt, ebenfalls auf alternative Energien umzusteigen. Konkret leitet Polarstern Hilfe beim Bau einer eigenen Mikro-Biogasanlage, die mit menschlichen und tierischen Fäkalien betrieben wird, um den Lebensstandard der Familie zu erhöhen, sie von Diesel zur Stromerzeugung unabhängig zu machen und um Schmutz und Krankheiten zu reduzieren. Vor allem ist es auch ein wichtiger Beitrag für die notwendige globale Energiewende. “Denn”, so wiederholt Florian Henle, Mitgründer von Polarstern gerne immer wieder: “Klima und Umwelt kennen keine Grenzen. Die Energiewende kann letztlich nur weltweit funktionieren.” Weitere Informationen auf www.polarstern-energie.de
Changers – Mobile Informations- und Telekommunikations-Kleingeräte wie Smartphones oder Tablet PCs verbreiten sich immer mehr, doch natürlich benötigen sie alle Strom um zu funktionieren. Das junge Unternehmen Changers hat zu diesem Zweck ein knapp 100 Gramm leichtes Solarmodul namens “Maroshi” und eine Brieftaschen-große Batterie, genannt “Kalhuohfummi”, entwickelt. Mit seiner Hilfe lassen sich die Akkus der kleinen Elektrogeräte mit sauberem Sonnenstrom aufladen. Das Ladegerät erzeugt pro Stunde vier Watt an Strom und ermöglicht es zudem, Status-Updates über die Menge des eigens erzeugten Solarstroms direkt über soziale Netzwerke zu kommunizieren. Über ein Partnerprogramm kann diese eingesparte CO2-Menge in sogenannte Changers-Credits eingetauscht und so Angebotsvorteile genutzt werden. “So machen wir Energie für jeden zum sozialen Erlebnis und die eigene Energieerzeugung zum Lifestyleprodukt”, erklärt Gründer Markus Schulz. Weitere Informationen auf www.changers.com
Electrolyte – Eine weitere Möglichkeit zur Unterstützung der Energiewende ist neben der Energieerzeugung die Steigerung der Energieeffizienz bzw. die Senkung des Energieverbrauchs. Ersetzt ein Elektrofahrrad daher ein konventionelles Fahrrad, so ist dies sicher weniger sinnvoll, ersetzt es aber die Stadtfahrt im Auto, so lassen sich Energie und Emissionen einsparen. Das aus der Münchner Region stammende Unternehmen Electrolyte entwickelt seit drei Jahren solche Elektrofahrräder und hat es sich zum Ziel gesetzt, Innovationsführer für leichte Premium-Elektrofahrräder und Manufakturräder zu sein. Die Kernkomponenten der Electrolyte-Fahrräder, wie beispielsweise die Antriebsschwinge, werden dazu alle in Deutschland entwickelt und produziert. “Unsere Produkte sind eigenständige Fahrzeugkonzepte mit integriertem Antriebsystem”, erklärt Matthias Blümel von Elektrolyte. Electolyte möchte mit seinen innovativen, designstarken und leichten Fahrrädern dem oft belächelten E-Bikemarkt ein neues Gesicht verleihen. “Wir glauben an eine urbane Mobilität mit Elektrofahrrädern und Leichtfahrzeugen und an grüne Energie”, sagt Matthias Blümel. Seit Mitte 2012 ist die Marke Teil der Gerg Gruppe. Weitere Informationen auf www.electrolyte.cc
tado° – Heizenergie macht einen deutlich größeren Teil des Energieverbrauchs aus als Strom, dennoch stehen beim Energiesparen meist Technologien zum Stromsparen im Vordergrund. Die Idee, Räume sinnvoll zu beheizen, verfolgt dabei das 2011 gegründete Unternehmen tado°. Zu diesem Zweck hat es eine intelligente, Smartphone basierte Heizungsregelung entwickelt. Es ist die erste Heizungssteuerung, die die Position der einzelnen Bewohner erkennt und die Heizleistung automatisch anpasst – auch Wettervorhersagen und individuelle Gebäudeeigenschaften fließen in die Steuerung ein. Die durchschnittliche Einsparmöglichkeit bei den Heizkosten liegt für die Nutzer bei etwa 27 Prozent. tado° senkt mit seiner benutzerfreundlichen App deutlich die Eintrittshürden einer nachhaltigen Lebensweise und bietet den Verbrauchern einen großen Hebel, um den eigenen Energieverbrauch ohne persönlichen Komfortverlust zu optimieren. Leopold von Bismarck ist der Überzeugung, “dass man komfortabel leben und trotzdem verantwortungsvoll handeln kann”. Das will tado° mit seinem Angebot unterstützen. Weitere Informationen auf www.tado.com
* Der Green Economy Gründungsmonitor wurde vom Berliner Borderstep Institut für Innovation und Nachhaltigkeit und der Universität Oldenburg mit Unterstützung vom Bundesumweltministerium (BMU) und der nationalen Klimaschutzinitiative erhoben.