Grundsätzliche Gedanken zur Retrospektive

Fotografie ist für mich eines der wichtigsten Elemente meines Lebens. Ich weiß nicht ganz genau wie lange schon, aber es mag sich in raschen Schritten auf die vierzig Jahre zubewegen. Weit über 30 Jahre nehme ich die Fotografie sehr ernst, das weiß ich mit Bestimmtheit, kann mich daran erfreuen oder auch erregen. Mit den Jahren kommt die Gelassenheit, man wird ruhiger und legt nicht mehr jeden Zwischenruf auf die Goldwaage … weder seine eigenen noch die von dritter Seite. Manchmal muss ich lächeln, wenn von Jungen dem Alten Ahnungslosigkeit unterstellt wird. Auch ich war einmal ein „junger Wilder“ und kann Euch sagen, das Wort „Wilder“ war in meinem Fall mindestens dreifach unterstrichen. Im vorgerückten Alter beginnt die Retrospektive, die Rückschau auf ein reich gefülltes Portfolio und die Erkenntnis, dass ich heute alles besser weiß, was ich früher vorgab besser zu wissen.

Oft überkommt mich der Eindruck, dass in der heutigen Fotografie der Drang nach Retrospektiven bereits nach drei oder fünf Jahren des Fotografierens einsetzt. Dies mag daran liegen, dass ein erhebliches Misstrauen in die Haltbarkeit von Bildern besteht. Ein anderer Grund mag darin liegen, dass auf kurzen Wegstrecken eine Art der Fotografie gepflegt wird, um abrupt vom nächsten Bildstil abgelöst zu werden. Schnell wird eine Retrospektive veranstaltet, der Wendepunkt eingeleitet und weiter geht es im neuen Kontext. Der Konkurrenzdruck ist groß und Trendverfolgung Zwang. Was heute gilt, wirkt morgen schon lange nicht mehr. Was als fotografischer Fortschritt verstanden wird, ist das Verlassen eines Weges bevor die Meisterschaft erreicht wurde.

Was bedeutet eigentlich Meisterschaft? Heute wird dies zumeist als unantastbare Spitzenposition in einem Fachgebiet angesehen. Bezirksmeister, Landesmeister, Deutscher Meister, Europameister, Weltmeister, Mister/Miss Universum, Galaktikon. Letzterer Begriff steht für die Spitzenposition innerhalb unserer Galaxis. Das Streben nach Auszeichnung ist menschlich, wobei Meisterschaft heute all zu schnell als elitäres Aufbauen von Zäunen angesehen wird. Gleichzeitig erscheint nichts einfacher, als sich selbst einen entsprechenden Elitezaun zu zimmern. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass Meisterschaft von Meistern geprüft und verliehen wurde. Manchmal ereilte diese Auszeichnung aber auch jenen, der sie gar nicht haben wollten. Im Rückblick dürfte dies als flüchtiges Luxusproblem angesehen werden … vorausgesetzt die Zeitspanne zwischen Auszeichnung und Rückblickpunkt ist ausreichend lang.

Zeitspannen haben kein einheitliches Wertsystem. Gemessen in der Länge werden sie in Jahren. Aber wo ist eine anerkannte Wertskala zu finden? In der Fotografie kann die Aufzählung von technischen Besitztümern, die Anzahl von Projekten mit „Berühmtheiten“ oder der Hinweis auf Veröffentlichungen, Ausstellungen, Erwähnungen oder Sternen in diversen Schaubuden Wertpunkte auf die Zeitstrecke legen. Je höher die Wertpunktdichte in einer möglichst kurzen Zeitspanne … die Schlussfolgerung bleibt mir im Halse stecken. Ich sah schon viele Sterne in der Fotografie aufgehen und nach kurzer Zeit wieder verglühen. Auf meinem Weg sind mir höchstens zwei Hände voll Fotografen begegnet, die über 20, 30 oder mehr Jahre auf hohem Niveau fotografiert haben. Natürlich gab es da auch Schwankungen, Wellenbewegungen und mehr oder weniger glückliche Umstände. Rückblickend lohnt sich jedoch die Schau auf deren Werk über die Jahre hinweg … Retrospektiven über das Gesamte oder Ausschnitte daraus. Und was ist mit der Meisterschaft? Die Verleihung ist wohl eine Folge der Retrospektive, deren Wert vielleicht tatsächlich erst in der Anzahl von Jahren gemessen werden kann.

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