Grundlagen der Achtsamkeit

141 tgk Vajradhara MF96 KopieDie buddhistische Meditation besteht aus zwei Aspekten – geistige Ruhe oder stilles Verweilen (skt., shamatha; tib., zhine) und durchdringende Einsicht (skt., vipassana; tib., lhagthong). Durchdringende Einsicht oder auch „Hellblick“ lässt Vergänglichkeit aller zusammengesetzten Phänomene erkennen, realisiert die Leidhaftigkeit alles Bedingten, weiß um die Ich-losigkeit und realisiert das Verlöschen, das den begrifflichen Geist übersteigt. Die geistige Ruhe ist von Sammlung, Einspitzigkeit und Nicht-Zerstreutheit gekennzeichnet. Damit man dieses stille Verweilen auch realisieren kann, muss man fünf Fehler beseitigen, indem man acht Gegenmittel anwendet. Die fünf Fehler sind: 1) Faulheit; 2) das Objekt der Meditation vergessen; 3) Nachlässigkeit und Aufgeregtheit; 4) Nicht-Anwendung; und 5) zu starke Anwendung. Die Gegenmittel sind: 1) Vertrauen, 2) Bestreben, 3) Ausdauer und 4) Geschmeidigkeit – diese vier helfen gegen Faulheit; 5) Erinnerung um das Objekt nicht zu vergessen; 6) Aufmerksamkeit um nicht nachlässig und aufgeregt zu sein; 7) Anwendung und 8) Gleichmut.
Weiters gibt es neun Stufen der Meditation, die durch sechs Kräfte erreicht werden: 1) die Kraft des Zuhörens (erste Stufe); 2) die Kraft des Nachdenkens (zweite Stufe); 3) die Kraft der Erinnerung (dritte und vierte Stufe); 4) die Kraft der Aufmerksamkeit (fünfte und sechste Stufe); 5) die Kraft der Ausdauer (siebte und achte Stufe) und 6) die Kraft der völligen Vertrautheit (neunte Stufe).

Vier Grundlagen der Achtsamkeit

Buddha Shakyamuni hat die vier Grundlagen der Achtsamkeit gelehrt: 1) analytische Betrachtung des Körpers bzw. der physischen Existenz; 2) analytische Betrachtung der Emotionen; 3) analytische Betrachtung des Geistes bzw. des Intellekts; und 4) analytische Betrachtung der Geistesobjekte bzw. der Phänomene.

Erste Betrachtung

Bei allen diesen Betrachtungen wird mit dem Atem als Anker gearbeitet. Zunächst wird man sich des eigenen Atems bewusst. Dadurch gelangt man in einen Zustand von Sammlung und achtsamer Präsenz. Die Betrachtung des Körpers geschieht über sechs Etappen: 1) zunächst auf das Ein- und Ausatmen; 2) die Betrachtung der vier Körperpositionen; 3) Betrachtung von Achtsamkeit und Bewusstseinsklarheit bzgl. der sieben Glieder der Erleuchtung; 4) Achtsamkeit bzgl. der 32 Körperteile; 5) das Untersuchen der vier körperlichen Elemente und 6) die neun Friedhofsbetrachtungen.
Danach macht man sich den eigenen Körper bewusst und bringt schließlich durch erste Grundlage den Körper in einen Zustand von Ruhe und Frieden. Indem man dabei Achtsamkeit mit dem Atem als Anker praktiziert, werden Körper, Geist und Atem in Harmonie vereint.

Zweite Betrachtung

Durch die zweite Grundlage der Achtsamkeit wird man sich der eigenen Gefühle und Empfindungen gewahr. Diese können von dreifacher Natur sein: 1) angenehm; 2) unangenehm oder 3) indifferent.
Man kann bei dieser Betrachtung auch versuchen, angenehme Empfindungen wie Freude und Glück zu erzeugen, sodass man einerseits Zerstreutheit und Unachtsamkeit beendet und andererseits Körper und Geist in einen friedvollen Zustand versetzt. Auf diese Weise macht man sich die Gefühle bewusst und erlangt schließlich Kontrolle über sie.

Dritte Betrachtung

Die dritte Grundlage der Achtsamkeit handelt vom Gewahrsein der Geisteszustände. Dabei macht man sich jeden aufsteigenden Geisteszustand bewusst und erkennt, ob der Geist anhaftend, frei von Gier, gehässig oder frei von Hass, selbstbezogen verblendet oder offen und weit ist, ob er verkrampft und zerstreut oder gesammelt oder frei ist.
Auf diese Weise lernt man, den Geist zu konzentrieren und ruhig werden zu lassen. Dadurch kann man die Hindernisse im Geist auflösen und erkennt so die Formkräfte im Geist.

Vierte Betrachtung

In der Betrachtung der Geistesobjekte, der Phänomene, werden meist neun Aspekte aufgezählt: 1) Gewahrsein darüber, ob die fünf Hemmnisse (Begierde, Aversion, Trägheit, Unruhe, Skepsis) vorhanden sind oder nicht; 2) man weiß um ihr Entstehen, ihre Überwindung, sodass sie nicht mehr auftauchen; 3) man weiß um die Beschaffenheit der fünf Erlebnishaufen (skandhas), wie sie entstehen und sich auflösen; 4) man kennt die zwölf Grundlagen der Geistesprozesse (ayatanas); 5) man erkennt, wie man dadurch gebunden ist; 6) wie sie entstehen und man sie überwindet; 7) man weiß, ob eines der sieben Glieder der Erleuchtung vorhanden ist oder nicht; 8) man weiß, wie es entsteht und zur vollen Reife gelangt; und 9) man erkennt die Vier Edlen Wahrheiten ihrer Wirklichkeit gemäß.
Soweit nun die Theorie. Im Grunde blickt man durch diese vierte Betrachtung in die Unbeständigkeit und Vergänglichkeit aller bedingt entstandenen Phänomene – der unbeständigen Natur aller Dharmas. Dabei wird auch die letztendliche Unzulänglichkeit alles Geschaffenen realisiert, da alle Phänomene eben bedingtes Entstehen sind. Man wird sich der Identitätslosigkeit aller wechselseitig bedingten Phänomene gewahr und dadurch erlöschen diese in Leerheit – d.h. das Greifen nach ihnen erschöpft sich, da der begriffliche Geist erlischt. Auf diese Weise gelangt man zu einer völlig offenen Präsenz, in der sich Gedanken als der Schmuck des Geistes und alle Erscheinungen als illusionäres Spiel ereignen.
Betrachtet man sich selbst und alle Phänomene auf diese Weise, erlangt man durch Gewahrsein eine Freiheit von Anhaftung und Ablehnung – den Kräften, die uns immer wieder in einen redundanten Erfahrungskreislauf zwingen – und kann so mitten im Leben stehen und dabei Frieden und Freude empfinden, da die Bindungskräfte erloschen sind.

Weiters verknüpfte Buddha Shakyamuni diese vier Methoden des achtsamen Betrachtens mit den sieben Faktoren des Erwachens. Aber die Schilderung dazu hebe ich für ein nächstes Mal auf.


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