Großstadttauglich

Nicht nur meine Bundeskanzlerin erfreut mich dank des Bremer Wahlergebnisses mit Überlegungen, wie man aus der CDU eine Großstadtpartei macht. Und wenn es vielleicht auch nicht mehr paradoxer geht, absurder geht es immer.Dafür gibt es Ulf Poschardt.

Herr Poschardt begeisterte mich auf Welt.de bereits mit der Feststellung, dass das Zeitalter der regenerativen Energien ein ästhetisch widerwärtiges würde (aufbereitet unter "Grüne sind häßlich"). Die Erwartungshaltung ist also entsprechend hoch, wenn er sinniert:

Schwarz-Gelb versteht die kulturell pulsierenden Großstädte nicht. Der Zeitgeist ist denkbar konservativ, doch Union und FDP verspielen ignorant ihre Zukunft.

Welt.de

Und ein Vorbild hat er auch schon gefunden:

bjohnson

Boris Johnson trägt die Haare wie ein Punk.

So ist das also: Wie ein Punk. Das ist der Bürgermeister von London. Er ist, deswegen wird er hier buchstäblich an den Haaren herbeigezogen, ein Tory, ein Mitglied der Konservativen in Großbritannien. Warum er das ist, wird wohl nie jemand herausfinden, denn bekannt - und beliebt - geworden ist er unter anderem deswegen, weil er vor allem gesellschaftspolitisch in den meisten Fragen eine komplett andere Linie als seine Partei vertritt. Wo genau sich da der konservative Zeitgeist bemerkbar macht, finden wir auch nicht mehr raus, aber wenigstens ist Johnson tatsächlich Bürgermeister. Einer von dreien...

Rechnet man Michael Bloombergs New York dazu werden die drei bedeutendsten und aufregendsten Metropolen der westlichen Welt rechts von der Mitte regiert oder verwaltet.

Die dritte Metropole ist übrigens Paris. Wie, werden Sie jetzt vielleicht sagen, Paris? Da regiert doch ein Sozialist, Betrand Belanoe. Aber nicht in der Welt von Ulf Poschardt. Da wird Paris von niemandem Geringerem als Nicholas Sarkozy regiert beherrscht:

Auch wenn er nicht Bürgermeister von Paris ist, so ist er doch eigentlicher Herr der Stadt.

Man lernt immer wieder was Neues. Zum Beispiel auch,. dass Christoph Ahlhaus nicht existiert. Das erklärt auf jeden Fall mal seine Wahlniederlage. Sie werden sich auch schon nicht mehr erinnern, wer das ist, und zustimmen - er war kurz Bürgermeister von Hamburg. Aber das geht garnicht, weil...

So wie Ahlhaus sieht in der Großstadt kein Mensch mehr aus.

Richtig: In Großstädten sehen alle so aus wie Mr. Johnson: Wie Punks. Und sie tummeln sich in Galerien, Theatern und Museen sowie unaussprechlichen anderen Orten:

...nur in den hintersten Winkel unwirtlicher Szeneviertel...

... die man aber, technische Revolution sei Dank, auch als Konservativer im Internet studieren kann. Man muss da nicht mal hingehen. Was eine völlig neue Art von Wahlkampf wird...

Im Netz kann jedermann aufregende Blogs und Seiten studieren, um Sound, Temperatur und Geschwindigkeit kultureller Taktgeber zu analysieren.

Leider verrät uns Herr Poschardt nicht, wie man die scheuen Großstädter dann in freier Wildbahn anspricht, um sie zum Beispiel zum Wählen zu animieren, aber zumindest kann man sie sich aus der Ferne ansehen, um zum Beispiel festzustellen, dass sie sich kleiden wie konservative Menschen:

Sie würden entdecken, wie akkurat die Hemden sitzen und Frisuren (...) wo die Streber von der Jungen Union und die biedere Fraktion der sonst eigentlich coolen JuLis ihre Krawatten ausziehen, werden die Binder von afrikanischen Stylisten und skandinavischen Elektromusikern wieder umgebunden.

Nur halt die Haare nicht, die trägt man wie ein Punk, nicht vergessen! Ja, das wird nicht einfach.

Vor allem, wenn wir uns mal kurz in Erinnerung rufen, wie ungeheuer szenebewußt und abgefahren der Wahlsieger vom Sonntag aussah und was für ein Lebemann Jens Böhrnsen auch sonst ist...

böhrnsen

... da wird man im Konrad-Adenauer-Haus ein ganzes Heer von Stylisten und Bloglesern beschäftigen müssen, um auch nur in die Nähe zu kommen. Ich freue mich auf das Ergebnis....

... und auf besseres Wetter.


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