Nein, sie waren einfach klein und handlich: leicht mitzunehmen, zusammen zu rollen und in jede Tasche zu stecken. Ich las sie in der Straßenbahn oder in der Schulpause. Die Rede ist natürlich von den Groschenromanen – oft abfällig als Schund- oder Trivialliteratur bezeichnet. In Anbetracht gewisser Fernsehsendungen und Talkshows muss ich die Bezeichnung „Schund“ und „trivial“ allerdings gleich mal an die heutigen Programmmacher weitergeben. Aber das nur nebenbei. Zurück zum Groschenroman. Ich habe ihn geliebt und später vermisst.
Foto: Wikipedia/Andreas Praefcke
Wie eine aussterbende Tierart verschwand er schleichend und unmerklich aus den Kiosken und Buchhandlungen. Eine Serie nach der anderen wurde eingestellt. Heute sind sie tatsächlich fast ausgestorben, nur die großen Verlage wie Bastei und Kelter führen noch bestimmte Reihen fort, und die scheinen für die vorwiegend weibliche Zielgruppe zu sein. Geben wir´s doch zu: die früheren Heftromane im Abenteuer- und Horrorbereich haben auch viele Jungs gelesen selbst wenn sie es heute nicht mehr zugeben wollen. Da ist also eine ganze Zielgruppe komplett unter den Tisch gefallen.Irgendwie fehlt dieses Bindeglied zwischen Comicheft und Buch in der heutigen Gesellschaft. Das Heranführen junger Menschen an das Buchwäre doch soviel einfacher, wenn man diese kleinen, spannenden und romantischen Geschichten noch hätte, die zudem wesentlich günstiger als ein Buch waren! Auf diese Art kann man seine Vorliebe für ein bestimmtes Genre doch viel leichter entdecken!
Bei mir hat dieser Übergang lückenlos geklappt J. Heute schreibe ich selbst im Fantasy- und Mystery-Bereich. Und auch meine schriftstellerische Arbeit begann mit Kurzgeschichten und Novellen (kennt man dieses Wort überhaupt noch?).
Und ab und zu packt es mich: Dann schreibe ich im Stil der alten Groschenromane. Ich nenne es nicht Trivialliteratur, sondern Unterhaltung. Genau deshalb schreibe ich überhaupt. Um Menschen zu unterhalten, sie aus dem Alltag herauszulocken und ihnen eine Freude zu bereiten. Das scheint übrigens in meiner Familie zu liegen. Mein Großvater Hardy Kickers hat bereits in den 40er- und 50er-Jahren sogenannte Heimatromane geschrieben. Einer davon wurde damals auch in Österreich veröffentlicht.Außerdem schrieb mein Großvater Kolumnen für Tageszeitungen, Gedichte, Feuilletons, Liedtexte und natürlich seine unvergessenen Schlager.
Aber es gibt noch ein Argument, warum ich eine Lanze für den Groschenroman breche: Ist Euch aufgefallen, dass in diesen Heften so gut wie nie ein Tippfehler auftauchte? Hier wurde offenbar sorgfältig lektoriert, was man heute oft vermisst. Anstatt also lieblos Bücher wie am Fließband zu drucken, liebe Verlage, fasst Euch ein Herz und widmet Euch wieder dem vergessenen Genre der Trivialliteratur. Da draußen wartet eine neue Generation darauf, gut unterhalten zu werden. Einige renommierte Verlage wie Bastei und Cora scheinen das mittlerweile genauso zu sehen - und das ist gut so!