Golfclub, Golfclub über alles

Ist dieses Video nicht lustig? Falls Sie das Original nicht kennen, schauen Sie es sich hier an und dann fragen Sie sich, ob das, was die Osteuropäer-Combo da abliefert, die Essenz des Songs wiederspiegelt. Oder stellen Sie sich die Frage, ob das, was die Ukrainer da machen, eigentlich "richtig" ist. Im Sinne von "passend", "angepasst". Oder mit anderen Worten "musikgeschmacklich integriert".

Was Sie unzweifelsfrei sehen ist, dass die Ukrainer eine Polka-Version von dem Lied machen. Es ist also eine Überführung des Originals in eine lustige Stimmungsmusik aus ihrem Kulturkreis. Dieses Prinzip kennt man auch in Deutschland. Auf einschlägigen Radiowellen dröhnt es nur so von deutschsprachigen Coverversionen eigentlich anderssprachiger Hits. Wir passen die Musik so an, dass wir sie verstehen und sie uns gefällt.

In unserem Land haben wir auch die unglaublich fortschrittliche Haltung, dass das, was man mit Musik machen kann, auch mit Menschen funktioniert. Menschen kommen zu uns und sollen so sprechen und sich so verhalten, dass es - vor allem - uns gefällt. Besser gesagt, nicht stört. Weil das ist ja nicht ihr Land. Sollen die doch dort so machen, wie sie wollen, wo sie herkommen tun. Mit Westerwellisch gesprochen: "Weil es ist Deutschland hier und so spricht man auch Deutsch."

Bitte keine Integration!

In der taz gab es zum Tag der deutschen Einheit einen Appell, der das Wort "Integration" verdammt und abgeschafft haben möchte. Weil solange wir davon ausgehen, dass die Leute, die hier kommen sich uns anpassen müssen, tun wir eigentlich nichts anderes als sie diskriminieren. Mit der Forderung nach Integration tun wir also Ihnen Unrecht und verschleiern unsere eigene Unwilligkeit. Im Appell heißt es deshalb:

Wenn wir über die Verhältnisse und das Zusammenleben in dieser Gesellschaft sprechen wollen, dann müssen wir aufhören, von Integration zu reden. Integration heißt, dass man Menschen, die in diesem Land arbeiten, Kinder bekommen, alt werden und sterben, einen Verhaltenskodex aufnötigt, bevor sie gleichberechtigt dazugehören. Aber Demokratie ist kein Golfclub. Demokratie heißt, dass alle Menschen das Recht haben, für sich und gemeinsam zu befinden, wie sie miteinander leben wollen. Die Rede von der Integration ist eine Feindin der Demokratie.

Wo steht eigentlich geschrieben, dass die Menschen "richtig" Deutsch sprechen müssen? Wo steht eigentlich geschrieben, dass unsere tolle Demokratie jüdisch-christliche Wurzeln hat und deshalb der Islam eine Gefahr für diese Demokratie darstellt? Warum dürfen wir gerade kein Einwanderungsland sein, damit wir nicht unsere "deutsche Identität" verlieren?

Die Antwort ist: weil es uns damit einfacher ergeht.

Hach, es ist ja so anstrengend, sich Gedanken machen zu müssen, wenn man Fremden begegnet. Woher die kommen, was die für Sorgen haben, welche Gründe sie haben, ihr Land zu verlassen. Überall in Europa, in den Niederlanden, in Schweden, Deutschland sieht man die Integration als gescheitert an. Ja natürlich ist sie gescheitert, wenn man lieber die Bild-Zeitung kauft und da sich sein Islam-Bild zurechtzimmert, anstatt mal raus zum nächsten Dönermann zu gehen und sich mal mit dem über Gott und diese Welt zu unterhalten.

Deutschland ist kein Golfclub, wo Menschen nur reinkommen und mitspielen dürfen, wenn sie akzentfrei Deutsch sprechen, sich rasieren und der deutschen Nationalmannschaft zujubeln! Die Menschen, die hier leben, zahlen Steuern wie wir, leiten eigene Unternehmen wie wir, kriegen Kinder wie wir und sterben wie wir. Die Rede von "richtiger Integration" ist ein Unding - nur weil wir damit sagen können: "die müssen sich bemühen, wir aber nicht!"
So heißt es auch weiter im Appell:

Es sind politische Entscheidungen, die für die Verarmung und soziale Deklassierung zunehmender Teile der Bevölkerung verantwortlich sind. Reden wir davon, wie dieses Deutschland jahrzehntelang den Eingewanderten ihre sozialen und politischen Rechte vorenthalten hat. Reden wir davon, dass MigrantInnen der Zugang zu Bildung, Wohnraum und Arbeitsplätzen, in öffentliche Institutionen und Ämter ebenso wie in Clubs und Fußballvereine systematisch erschwert wird. Das Problem sind weder die Armen noch die MigrantInnen, das Problem ist eine Politik, die Armut und Rassismus produziert. Das Problem ist eine Gesellschaft, die sich auch über Ausgrenzung definiert.

Bis dahin erbiete ich der osteuropäischen Polka meinen Dank. Das hatte irgendwie doch mehr Gehalt als Kate Perry.



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