Am Kopfende saß das alte Paar. Beide noch sehr schön. Sie zart, ein wenig leidend, aber stolz, so stolz. Er verwittert, hart, in sich gekehrt.
Endlich ließ es sich nicht mehr vermeiden. Er erhob sich, immer noch aufrecht, von erstaunlicher Größe und Kraft. Aber als er anfing zu sprechen, klang seine Stimme rauh und ungeübt.
"Ich möchte", sagte er, "an diesem Tage an jemand denken, der heute nicht hier ist."
Entsetztes Schweigen. Seine Frau senkte schamerfüllt ihren Kopf. Er hatte, das wusste sie und das wussten etliche, die an diesem Tag hier saßen und schmausten, als junger Mann eine Andere geliebt, eine fröhliche junge Frau.
Aber seine Eltern hatten ihn gezwungen, sich von ihr loszusagen und eine andere zu nehmen, die, die jetzt neben ihm saß und sich weit weg wünschte.
Er schwieg einen kleinen Moment.
Eine Träne bildete sich in seinem linken Auge und rollte die zerfurchte Wange hinab.
"Ich habe zuerst nicht verstanden, was meine Eltern getan haben. Aber dann hat sich alles geändert. Ich möchte heute an meine Eltern denken. Sie haben gleich gesehen, was für eine wundervolle Frau Du bist."
Damit hab er das Glas und wandte sich seiner Frau zu, die immer noch nicht wusste, was ihr geschah.
"Meinen Eltern verdanke ich mein Glück", sagte er mit seiner knarrenden Stimme. "Deshalb denke ich gerade heute auch an sie."
Dann setzte er sich.
Unbekannter Autor
Das Foto wurde von Karin Heringshausen zur Verfügung gestellt