Going home

"Maria? Maria bist du es Liebes?," voller Hoffnung und Liebe in der Stimme öffnete er die Tür zur Veranda. Es ist früh am morgen, der Tau ist noch zu sehen, es ist leicht nebelig. Irgendein Geräusch, dass der alte Mister gehört hatte, ein Geräusch, dass er doch irgendwoher kannte, es kam ihm so bekannt vor, er dachte es sei eine Stimme, aber der Mister ist doch nicht paranoid! Trotzdem zog ihm seine Neugierde raus, auf die Veranda. Die Farbe blättert etwas ab, scheinbar muss der Mister bald jemanden beauftragen sie neu zu streichen, oder es selber tun, falls er dazu in der Lage ist, denn der er ist auch nicht mehr der jüngste. Er ist alt geworden, so wie das Haus, so wie sein Leben. Er sieht, wenn er aus dem Fenster schaut, oder beim Laden um der Ecke einkaufen geht, die Kinder und Jugendlichen mit ihren Telefonen ohne Knöpfe rumlaufen. Er hatte einmal einen Jugendlichen gefragt, wie diese Dinger funktionieren. Wie bedient man sie, obwohl sie keine Knöpfe haben? "Alter Mann, das verstehen Sie nicht," bekam er nur als Antwort und ein Lachen, ein Lachen das wirklich unangebracht war, so fand es zumindest der Mister. Manchmal kommt es ihm so vor, als verstehe er die Welt nicht mehr, als sei er einfach nur noch hier. Und freut sich, dass seine Rente zum Leben reicht. Seine Kinder haben einen Job, einen sicheren. Seine Tochter, Alice 'Allie', arbeitet sogar bei der Bank.


"Maria? Liebes, sag schon. Bist du es?," wieder entweichen die Worte seinen Mund, ehe er die Veranda betritt. Er kann nichts sehen. Es ist schon hell, aber die meisten stehen erst in einer halben Stunde auf um sich für die Arbeit fertig zu machen und ihren Kindern ein Frühstück zuzubereiten. Der alte Mann lässt sich auf den Sessel nieder und blickt von dort aus in seinen Garten, den er so schön angelegt hat und den er immer noch so gut pflegt. Früher hatte er mehr Pflanzen, mehr Blumen. Heute sind in dem Garten am Rand nur noch ein paar Sträucher und hier und da eine Blume, zumindest im Frühling und Sommer. Nun aber, im September beginnen sich langsam die Blätter der umliegenden Bäume zu färben. Dann hat der Mister wieder zu tun. Er muss die Blätter in seinem Garten aufharken und von der Veranda und dem Weg wegfegen.


Plötzlich sieht er jemanden aus dem Ende seines Gartens auf ihn zukommen, er erhebt sich und fragt wieder: "Maria, Liebes. Sag, bist du es?" Der Mister kann nicht mehr so gut sehen, aber er hat keine Zweifel, dass sie es ist. Er hatte doch vorhin seine Stimme gehört. Das ist Maria! Es ist seine Maria! Die Frau kommt bis auf wenige Meter der Treppe zur Veranda entfernt auf ihn zu. Der Mister traut seinen Augen kaum. Sie ist es! Was macht sie hier? Warum steht sie da? Und - Jetzt fällt es ihm auf. Maria, das letzte Mal als er sie gesehen hatte, das war erst vor wenigen Wochen, da war sie nur zwei Jahre jünger als er. Aber jetzt steht sie vor ihm und sieht so jung aus. Wie aus ihrer Jugend. Anfang zwanzig´, nicht jünger, aber auch nicht älter. "Was? Du siehst gut aus. Aber, Maria, warum bist du hier?," wollte er von ihr wissen. Es kam ihm komisch vor, dass sie aussah, wie eine Jugendliche. Er hatte mal darüber gelesen, dass man irgendwann wieder so aussehen wird, wie in seiner Jugend, dass man so immer aussehen wird. Er kann sich daran nur nicht mehr erinnern in welchem Zusammenhang er es gelesen hat. "Hallo. Ich bin hier, weil du mitkommst. Komm her Liebling," hauchte sie. Ihre Stimme klang so wundervoll, voller Hoffnung, Liebe, Zärtlichkeit. Alles an ihr war so, so vollkommen. Der Mister versuchte sich zu sammeln und trat einen Schritt näher an seine Liebe heran. "Maria," begann er, "wohin meinst du soll ich denn kommen? Hier, siehst du, ist unser Zuhause. Ich - Warum sollte ich mitkommen?" Der Mister schien ein wenig verwirrt, er verstand nicht, was sein Gegenüber, diese wundervolle Frau, mit 'komm her' meinte. Wieder hauchte die Frau etwas in seine Richtung: "Liebes. Ich erlöse dich von deinen Schmerzen, komm mit, ich zeige dir wie." Schmerzen? Aber der Mister hatte doch gar keine Schmerzen. Wieder trat er einen Schritt näher auf sie heran, sodass er nun auf der obersten Treppenstufe stand. "Welche Schmerzen?," fragte der alte die junge und bewegte sein Fuß zur nächsten Stufe.


"Komm mit mir ich befreie dich von deinen Schmerzen," hörte er die Stimme wieder in seinem Kopf. Das Bild war verdreht, er sah die Frau nun eher seitwärts von der Seite, als würde sie - nein! Moment! Als würde er auf dem Boden, irgendwie komisch liegen, sodass er sie sieht. "Siehst du das Licht?," fragte die liebevolle Stimme ihn. Verwirrt antwortete der alte Mister: "Ja, aber das Licht. Das bist doch du."


inspiriert von Tom Day - "Going Home"
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