Biografien, zumal Autobiografien haben oft etwas Steifes an sich. Wenn sich der Autor so darstellen möchte, wie er gern gesehen werden will und nur das verlautbaren lässt, was er für wichtig erachtet. Marion Wagner und Volker Panzer wählten einen anderen Weg.
Es sind einfach nur Gespräche, die die Herausgeberin Marion Wagner mit dem ehemaligen Nachtstudio-Moderatoren Volker Panzer führte. Gespräche, auf die dieser sich weder vorbereiten noch sich die Antworten lange überlegen konnte. So entstanden relativ spontane Geschichten, in denen Panzer nicht brilliert, aber aus seinem großen Erfahrungsschatz und Wissen plaudert.
Das ist nur selten chronologisch und nie langweilig. Panzer ist ein wirklich hervorragender und kluger Gesprächspartner. Das weiß ich, weil auch ich schon ein paar mal die Freude hatte, mit ihm zu reden. Und deshalb kann ich davon ausgehen, dass an dem gedruckten Text nur sehr wenig verändert wurde, als dieser von den Bändern abgeschrieben wurde.
Marion Wagner gab bei jedem Treffen nur ein Stichwort vor. Daraus entwickelten sich dann keine typischen Interviews, sondern Gespräche. Das liegt sicherlich auch daran, dass die Fragende selbst interessiert ist und kluge Zwischenfragen stellt. Hier sollte niemand gezwungen werden, sich zu entblößen. Und so sagt das Büchlein auch etwas über die Fragende aus; nicht nur über den Befragten.
Das Ganze ist ein Queerbeet durch das Leben. Interessanterweise steht nicht der Journalist und Medienmacher Volker Panzer im Vordergrund, sondern vielmehr – wenn sich das denn trennen lässt – der Mensch. Die Gespräche drehen sich um das Glück, um Freiheit, Humor und Pädagogik. Aber auch um “Gefühl und Verstand”, die Kunst und Politik. Und um das Wetter, einem Thema, das Panzer für außerordentlich wichtig hält als Möglichkeit, ein Gespräch zu beginnen.
Weshalb Volker Panzer in den Beirat der Giordano-Bruno-Stiftung berufen wurde wird zwar nicht gefragt, ergibt sich aber aus seinen Antworten. Denn etliche Male weist er darauf hin, dass er Religionen für mitverantwortlich hält am Leid der Welt. Dabei verwendet er nur selten Schlagworte. Gerade seine Natürlichkeit beim Umgang mit diesem Thema zeichnet ihn aus. Wenn er zum Beispiel, danach gefragt, was für ihn denn Glück sei, antwortet: “Ich glaube, dass ein religiöser Mensch nie glücklich sein kann. Und zwar, weil er nie auf sich selbst schauen kann, weil immer etwas über ihm ist.” Einige Zeilen später sagt er: “Glaube nichts. Glaube niemandem, der dir einreden will, dass es ein Leben nach dem Tod gibt. Denn das ist das Fatalste überhaupt. Wenn es ein Leben nach dem Tod gibt, dann ist man rein logisch auch durchaus bereit, selbst Attentäter oder Mörder zu werden.”
Dieses kleine Buch über (nicht nur) das kleine Glück des Sich-Bescheiden-Könnenden ist ein kleines und kluges Meisterstück des Frage-Antwort-Spiels. Oft wird von Fernsehmoderatoren erwartet, dass sie Egomanen sind; Volker Panzer zeigt, dass es auch anders geht. Dass man mit einer tiefen Klugheit eine Gelassenheit entwickeln kann (die aber bitte nicht mit Trägheit des Geistes oder Faulheit des Denkens verwechselt werden darf!).
Ich denke, Volker Panzer ist ein weiser Mann. Das zutage gefördert zu haben ist das Verdienst auch von Marion Wagner.
Nic
Marion Wagner – Glück ist etwas ganz Kleines, Gespräche mit Volker Panzer; Verlag für Kurzes; 2013; ISBN 978-3-942794-05-3; 12,00 EuroFotos von einer Lesung aus dem Buch