Glatzenstein – Wanderung mit Glücksgefühlen

Von Frankenlandler @frankenlandler

Warum der Glatzenstein glücklich macht, über verpasste Gelegenheiten, ich ein Panorama-Frühstück der besonderen Art genießen durfte und was es mit dem Speikerner Reiterlein auf sich hat? Das alles erfahrt ihr auf meiner Wanderung vom Wanderparkplatz Speikern-Kersbach, über Kersbach, Weißenbach, den Gipfel des Glatzensteins, die hintere Röd und das Schallerholz.

Der Herbst hat endgültig Einzug gehalten im Nürnberger Land. Der Blick auf das Thermometer verrät mir 3 Grad und in ungünstige Lagen wird es wohl schon den ersten Nachfrost gegeben haben. Sei's drum, ich fahre zum Wanderparkplatz Speikern-Kersbach und auf geht's zum Glatzenstein.


Mit dem Speikerner Reiterlein nach Kersbach

Archäologischer Wanderweg Neunkirchen

Dort angekommen packe ich meinen Rucksack und folge dem archäologischem Rundwanderweg. Die grün weiße Kennzeichnung auf dem Wegweiser stellt einen Reiter auf einem Pferd dar. 

Was hat es damit auf sich? 1962 wurde in der Nähe von Speikern, in einem Sandabbaugebiet eine keltische Tonplastik gefunden. Diese ca. 8 cm lange Reiterfigur wurde von den Kelten als Grabbeigabe mitbeigelegt und wies den Verstorbenen als Mitglied einer wohlhabenden Kaste aus.

Auf den ersten Metern komme ich an einem Feld verblühter Sonnenblumen vorbei. Ihre Köpfe hängen herunter und der Reif glitzert noch an ihren Blättern. Der erste Frost dieses Jahrs hat sichtbar Einzug gehalten im Nürnberger Land.

Ich folge der Beschilderung des archäologischen Wanderwegs weiter in den Wald und erreiche das Schallerholz. Hier halte ich mich links und gehe den Pfad entlang in Richtung des Grabhügelfeldes aus der Zeit der Kelten. Wenn es nicht beschildert wäre, hätte ich es nicht erkannt. 

Am Ende des Waldes gelange ich zu einem fränkischen Karpfenweiher. Die Sonne kommt langsam hinter dem Wald hervor, der Wasserdampf steigt als Nebel vom Weiher auf und der Reif auf den Wiesen verwandelt sich in tausende glitzernder Wassertropfen. Gegenüber auf einem Hügel steht eine Kuh oder vielleicht auch ein Stier einsam auf der Weide vor dem Gipfel des Glatzensteins. Die Szenerie wirkt schon fast kitschig und ich verweile hier noch eine Weile.


Kersbach am Fuße des Glatzensteins

Der Forstweg endet an einem Bauernhof in Kersbach von wo ich auf die Hauptstraße gelange. Entlang der Hauptstraße stehen schöne alte Bauernhöfe, meist aus Sandstein und mit typischen fränkischem Fachwerk errichtet. Vor mir steht ein Leiterwagen der Gollers welcher Sonnenblumenkerne und Heu zum Verkauf anbietet. Dahinter entdecke ich Teile eines gewaltigen Baumstamms und ein paar Meter dahinter ein fränkisches Gedicht in einer Eiche verewigt:

Gollers Wetterbaum

Gollers Wetterbaum:

Einst stand ich als Eiche 150 Jahre lang am Hutanger in Poppenhof und spendete vielen Rindviechern Schatten!

Jetzt stehe ich hier in Kersbach:

wenn ich Schatten werfe dann scheint die Sonne!

wenn ich nicht zu sehen bin, dann ist es Nacht!

wenn ich nass bin, dann regnet es!

wenn ich verschwommen bin, dann ist Nebel!

wenn mein Haupt weiß ist, dann schneit es!

wenn ich hin und her wanke, dann ist Sturm!

wenn ich auf und ab hüpfe, dann ist ein Erdbeben!

wenn ich umgekehrt dastehe, dann geht die Welt unter!

wenn ich quergeschnitten werden, dann brauchen sie mich als Brennholz!

wenn ich längsgeschnitten werde, dann brauchen sie mich als Sargbretter!

wenn ich nicht mehr da bin, dann haben sie mich geklaut!!

von Goller Bauer 2007

Herrlich einfach logisch gehalten mit einer Spur fränkischen Ironie. Unbemerkt fange ich an zu lächeln und grinse noch eine Weile vor mich hin, während ich weiter durch Kersbach wandere. An der nächsten Kreuzung halte ich mich rechts in Richtung Weißenbach und links neben mir begleitet mich nun stetig der Glatzenstein.


Verpasste Gelegenheit in Weißenbach

Nach ein paar hundert Metern biegt der archäologische Wanderweg links hinauf zum Glatzenstein ab und ich wandere vorbei an einer Wiese mit Apfelbäumen. Ich erreiche nun das erste Anwesen von Weißenbach, drehe mich um und genieße die ersten Ausblicke über das Nürnberger Land, mit Lauf an der Pegnitz und am Horizont Nürnberg. Ich wusste bisher gar nicht, dass man von Weißenbach so einen Panoramablick über Nürnberg hat.

Blick hinunter nach Kersbach und Lauf an der Pegnitz

Während ich so ein paar Aufnahmen mache, spricht mich eine Anwohnerin an und wir kommen ins Gespräch. Sie erzählte mir: Heute frühe um achte rum hätten sie hier sein müssen. Ich: Warum? Sie: Wir haben hier ja das Glück, dass wir oft herrliche Sonnenauf- und untergänge bewundern können, aber so was wie heute früh ist wirklich sehr selten. Weiter erzählte sie mir, dass der Nebel heute morgen langsam aus dem Pegnitztal empor stieg bis über Kersbach. Sie meinte das kommt nicht so oft vor. Wir verabschiedeten uns und ich ging weiter an dem Anwesen entlang, bis mich ihr Mann ansprach und haargenau dasselbe erzählte.

Hm, sauber Herr Huber dachte ich mir, wärst früher los, hättest du das auch gesehen, aber so ist es halt mit verpassten Gelegenheiten. Es bewahrheitet sich immer wieder: Der frühe Vogel fängt den Wurm.

In Kersbach geht es steil die Glatzensteinstraße hinauf in den Laubwald. Überall um mich herum prasselte es – von den Eichen und Buchen fallen die Eicheln und Bucheckern herunter. Die Eichelhäher und Eichhörnchen in den Baumkronen haben jetzt Hochsaison,


Panorama Frühstück am Glatzenstein

Bei der zweiten Möglichkeit links verlasse ich die Glatzensteinstraße und wandere den schmalen Weg die letzten paar hundert Meter hoch zum Gipfel des Glatzensteins. An einer Stelle lichtet sich der Wald und in der Ferne erscheint zum Greifen nahe die Silhouette Nürnbergs.

Glatzenstein

Ich erreiche den Gipfel des Glatzensteins und gehe an den Jurakalkfelsen vorbei zum Gipfelkreuz und der Bank. Sauber, denke ich mir, (fast) alles richtig gemacht heute morgen. Der Blick heute morgen über das Nürnberger Land ist phänomenal. Nach der kalten Nacht ist die Luft klar und der Morgennebel aus dem Pegnitztal hat sich bereits aufgelöst.

Glatzenstein Frühstück mit Weitsicht

Ich lege den Rucksack auf die Bank, hole eine Breze und den Tiroler Heumilchkäse heraus (mein letztes Stück Urlaubsmitbringsel vom Walchsee) und beginne mein Panorama-Frühstück am Glatzenstein.

Genau das sind die Momente die Glücksgefühle in mir auslösen, allein am Gipfel, eine Brotzeit und ein herrliches Panorama.

Während ich hier so sitze und frühstücke beginne ich die Ortschaften und markanten Punkte des Nürnberger Lands zu erkennen. Sie liegen heute glasklar vor mir, Moritzberg, Schönberg, Lauf an der Pegnitz, Nürnberg, Kuhnhof, Simonshofen, Nuschelberg usw. bis hinüber nach Schnaittach, der Festung Rothenberg und letztendlich die weiteren Hügel der Frankenalb und fränkischen Schweiz.

Der Glatzenstein ist für mich einer der schönsten Aussichtspunkte im Nürnberger Land, mit einer imposanten Weitsicht hinein in die Frankenmetropole Nürnberg und hinüber bis nach Erlangen.

Ich bleibe lange hier oben, denke über dies und jenes nach und merke wie es kühl wird. Langsam zieht die angekündigte Schlechtwetterfront von Nordosten her über die Frankenalb rein. Es wird Zeit den Glatzenstein zu verlassen. 


Auf dem archäologischen Wanderweg hinab

Befestigungsanlage

Ich mache mich auf den Rückweg und wandere mit den letzten Blicken auf das Nürnberger Land aus dem Wald heraus hinunter zur Hinteren Röd. Diesmal erkenne ich die Befestigungsanlage, die Erhebung passt nämlich überhaupt nicht in den sonst so flachen Waldboden. Über die Entstehung und das Alter herrscht Uneinigkeit, die Einen nehmen an, dass sie zu einer Burganlage aus dem 10. Jahrhundert n. Chr. stammen, die Anderen vermuten ihre Entstehung wesentlich früher in der Bronzezeit oder der frühen Eisenzeit, 1200/700 v. Chr. 

Die Befestigungsanlage lasse ich hinter mir und in weiteren Etappen geht es leicht bergab zu einer weiteren Informationstafel, die das fränkische Schichtstufenland beschreibt. An einem Felsabbruch sind die verschiedensten Schichten und der Muschelkalk gut zu erkennen. Der Jura begann vor etwa 201,3 Millionen Jahren und endete vor etwa 145 Millionen Jahren. Er dauerte somit ca. 56,3 Millionen Jahre und wurde von den Dinosauriern dominiert. Für mich ist es schwer vorstellbar dass hier einmal der Grund eines Meeres war.

Die letzte Etappe meiner Wanderung führt nun weiter bergab, mit Blicken hinüber über das Pegnitztal und den Moritzberg, zu einem Grabhügel aus der Hallstattzeit (750 – 500 v. Chr.). Die beiden rekonstruierten Gräber vermitteln einen Eindruck mit welchem Aufwand diese errichtet wurden. Mehr Informationen hierzu findet ihr unter

http://www.neunkirchen-am-sand.de oder zur Hallstattzeit auf https://de.wikipedia.org/wiki/Hallstattzeit.

Auf den letzten Metern meiner Wanderung scheinen die Bäume des Mischwaldes Spalier zu stehen und nach kurzer Zeit gelange ich zu meinem Ausgangspunkt den Wanderparkplatz Speikern-Kersbach.

Meine persönlichen Tipps zu der Wanderung am Glatzenstein:

Die beste Zeit hierfür ist der Herbst, wenn sich die Blätter der ringsherum liegenden Laubwälder in ein farbenprächtiges Farbenmeer verwandeln. Am liebsten gehe ich dort früh morgens hinauf, besonders im Herbst, wenn über dem Pegnitztal noch der Nebel liegt und der Glatzenstein bereits in der Sonne liegt. Sonnenuntergänge am Glatzenstein sind natürlich das ganze Jahr ein wundervolles Naturschauspiel.

Vielleicht treffe ich den Einen oder Anderen von euch mal früh morgens am Glatzenstein.

In diesem Sinne grüßt euch der FrankenLandler. 


Tourenkategorie: Familienwanderung, Wandern

Region: Frankenalb, Nürnberger Land

Ort: Speikern, Kersbach

Gehzeit (Hin & Rück): ca. 2,5 - 3 Stunden

Höhendifferenz Ziel: 288 Hm

Weglänge Gesamt: 9,2 Km

Ausgangspunkt: Wanderparkplatz Speikern-Kersbach

Schwierigkeit: leicht - mittel, für Kinder, Familien und Senioren geeignet

Kinderwagen geeignet: nein

Einkehrmöglichkeit: Berggasthof Glatzenstein, Avegantisch - das erste vegane Restaurant im Nürnberger Land, bei beiden bitte vorher über die Öffnungszeiten auf der Webseite informieren.


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