Gipfelstürmerphase in der Cordillera Blanca

Die letzte Woche der Eignungsprüfung für zukünftige SAS-Elitesoldaten wird als Gipfelstürmerphase bezeichnet. 6 Geländemärsche, über 25 Kilogramm Marschgepäck und täglich über 20 Kilometer sollen das Letzte aus den Rekruten herausholen und so die Spreu vom Weizen trennen.

Wir sind keine Soldaten, brauchen keinen Kompass, haben Schleppesel, mindestens 2 warme Mahlzeiten am Tag und alle Zeit der Welt…sind aber mindestens genau so motiviert.

Genau genommen haben wir eine ganze Woche um die wunderschöne Gegend um Huaraz zu erkunden. Hier dreht sich alles ums Trekken und Bergsteigen. Touristen sind hier nicht mit Flipflops sondern mit Wanderschuhen und in Outdoorkleidung statt Badehose unterwegs. Wirft man einen Blick über die zerfallenen Häuser der Stadt, sieht man in der Ferne die schneebedeckten Gipfel der Cordillera Blanca. Wenn das keinen Drang in einem auslöst ebenfalls aufbrechen zu wollen, muss man schon ein extremer Outdoormuffel sein!

Huaraz und der Blick auf die Cordillera Blanca

Huaraz und der Blick auf die Cordillera Blanca

Mittlerweile haben wir in unserer Zeit in Peru schon Trekkingerfahrung gesammelt – auch in großen Höhen (Colca Canyon) und auf Ausdauer erfordernden Touren (Machu Picchu). Die Höhe hier sollte man dennoch nicht unterschätzen und sich mindestens einen Tag in der Stadt akklimatisieren und bevor man zum Santa Cruz Trek aufbricht, eine Daytour zur Laguna 69 buchen.

Daytour zur Laguna 69

Die 3-stündige Busfahrt zum Huascaran Nationalpark verbrachten wir damit, Schlaf nachzuholen. 5:00 Uhr Morgens ist für ehemalige Barkeeper dann doch eher die Zeit für ne Gute-Nacht-Floskel als anderen einen guten Morgen zu wünschen.

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Auf den ersten Metern des insgesamt 7 Kilometer langen Treks hinauf zur Laguna 69 auf 4600 Metern durchqueren wir die malerische Landschaft des Huascaran Nationalparks mit Blick auf schneebedeckte Gipfel. Wir überqueren kleine Flussläufe, bestaunen verlassene Ruinen und hoffen, dass das Wetter uns keinen Strich durch die Rechnung macht. Auf der Hälfte der Strecke zieht eine dichte Regenwolke über uns hinweg und erschwert uns den ohnehin schon nicht einfachen Aufstieg – die 4 Wochen Nichts-Tun und Getränke-Mixen in Lima zollen dann doch ihren Tribut – ich zumindest komme nur ganz langsam voran und merke, wie das Brummen in meinem Kopf immer stärker wird.

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Ich nehme mir ein Beispiel an den Peruanern, stopfe mir eine Hand voll Kokablätter in meine Mundwinkel und hoffe auf Besserung. Die Essenz der Kokapflanze zeigt Wirkung. In meinem Mundraum spüre ich nach ner halben Stunde kaum noch etwas und die Kopfschmerzen lassen auch nach. Mittlerweile befinde ich mich auf 4200 Metern, meine Kleidung ist klitschnass und so richtig Lust auf Fotos habe ich auch nicht. Ich fühle mich, als würde ich versuchen, den Mount Everest zu besteigen. Mein Körper scheint für diese Höhen echt nicht gemacht zu sein: schon in Potosi und beim Aufstieg aus dem Colca Tal zurück hinauf zum Canyon hatte ich mit ähnlichen Problemen zu kämpfen.

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Nach 4 Stunden erreiche ich völlig erschöpft den letzten Abschnitt, der auf gerader Strecke zur Laguna 69 führt. Jennifer befindet sich zu diesem Zeitpunkt schon auf dem Rückweg – mittlerweile glaube ich, dass sie die wenigsten Probleme damit haben wird unser Vorhaben, den 5900 Meter hohen Vulkan Cotopaxi in Ecuador zu besteigen, zu verwirklichen. Ich setze mich auf einen Stein, genieße das malerische Bild dieser türkis-blauen Lagune und falle, aufgrund von Unwohlsein und Erschöpfung, in einen kurzen Schlaf.

Laguna 69

Laguna 69

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Ich wache auf, schieße ein paar Fotos und genehmige mir eine Tasse Koka-Tee nach der anderen. Das Zeug schmeckt nicht nur sondern hilft auch noch! Und nein, Koka-Tee und Koka-Blätter sind noch lange nicht Kokain. Die einzige Droge hier oben ist diese unglaubliche Aussicht gepaart mit absoluter Stille und einem Wolkenbruch, der die Sonne doch noch für die letzten Stunden des Tages scheinen lässt.

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Mein Fazit: Absolut einmalig! Auf jeden Fall solltet ihr Kokablätter, wasserfeste Kleidung und gegebenenfalls Schmerztabletten dabei haben. Diese Höhe ist echt nicht zu verachten!

Jetzt wirds ernst: Der Santa Cruz Trek

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Was ihr da auf dem Teller liegen seht ist keine Maus und auch keine Ratte sondern ein Tier, welches in Deutschland als Haustier gilt und in Peru als teure Delikatesse. Meerschweinchen vom Grill! Tausende kleine, süße Meerschweinchen finden zum Mittag oder Abendbrot nicht den Weg in den Haustierkäfig sondern auf die Teller der hungrigen Peruaner. Einen Tag vor unserer Abreise, blenden wir dieses Haustier-Ding mal kurz aus und teilen uns zur Stärkung und Vorbereitung auf den Santa Cruz Trek ein Meerschweinchen. Das Fleisch ist ganz lecker, man muss es nur erstmal finden! Zwischen all den kleinen Knochen und knuspriger Haut bleibt nicht viel an Fleisch über. Wenn man dann mal ein Stück erwischt, ist es wirklich ganz lecker: so irgend etwas zwischen Hühnchen und Fisch würde ich sagen. Naja, genug. Wir haben unsere Rucksäcke gepackt und sind bereit für die nächsten vier Tage!

Wieder geht es mit dem Minibus in den Huascaran Nationalpark. Mit im Team sind ein Pärchen aus New York, eine 6-köpfige Familie aus Montana, ein Südkoreaner, ein spanisch-englisches Pärchen und wir. Begleitet und unterstützt werden wir von Riccardo – unserem Guide mit mehr als 20 Jahren Erfahrung, Julio – Küchenchef, und Jose – Eseltreiber.

Tag 1: Regenwolken

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Unser erster Ausblick haut uns direkt aus den Latschen. Nach knapp 4 Stunden Fahrt erreichen wir den Punkt, an dem es heißt die Esel zu bepacken und die Schuhe zu schnüren. Auf ins Abenteuer. Am ersten Tag wandern wir durch ein riesiges, grünes Tal. Wir durchqueren zahlreiche Dörfer und sehen in der Ferne die ersten bösen Regenwolken auf uns zu kommen. Auf die Anordnung des Guides “Zusammenbleiben, bitte!” hört schon nach 15 Minuten niemand mehr. Jeder schlägt sein eigenes Tempo an, sodass Jennifer und ich den ersten Abschnitt erst einmal zusammen angehen.

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Hat uns der Regen die ersten 3 Stunden noch verschont, will er uns auf den letzten Metern den ersten Tag doch noch versauen. Wir wandern immer tiefer ins Tal hinein, dort wo die Regenwolken immer dunkler werden und der Nebel die Sicht auf maximal 50 Meter einschränkt. Klitschnass erreichen wir die, zum Glück schon aufgebauten, Zelte und gönnen uns eine Tasse warmen Tee. Nach einem ausgiebigen Abendbrot geht es kurz nach 8 ins überflutete Zelt. Viel machen kann man hier nicht, alles ist durchgeweicht, die Mannschaft müde und kaltes Bier haben wir auch nicht im Anschlag.

Tag 2: Gipfelstürmer

Nach 10 Stunden Schlaf ist es endlich an der Zeit, weiter zu ziehen. Laut Riccardo, ist der heutige Tag der schwierigste. Gegen Mittag wollen wir am Punta Union auf 4750 Metern angekommen sein und direkt hinunter ins Tal um unser Lager für die Nacht zu beziehen. Nebelwolken verdecken die Sicht auf die umliegenden Berge. Im Zick Zack geht es für etwa 5 Stunden immer weiter nach oben. Auf dem Weg sehen wir nicht sonderlich viel, außer ein paar kleine Seen und, es war ja nicht anders zu erwarten, Regenwolken. Egal, Regenponcho an und hoch da!

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Langsam kämpfen wir uns immer weiter nach oben bis wir um 11:30 Uhr die letzte Stufe erreichen. Wahnsinn! 4750 Meter über dem Meeresspiegel. Punta Union. Eine glasklare, blaue Lagune umgeben von schneebedeckten Gipfeln und einem riesigen, türkisfarbenen See in der Ferne machen diese Aussicht zu einer der Besten der ganzen Reise. Das hat sich definitiv gelohnt. Wir zücken die Lunchpakete, genießen unser Avocadobrot und machen uns auf den Weg nach unten.

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Zufrieden, durchgeschwitzt, mit nassen Füßen und total hungrig erreichen wir gegen 15 Uhr unser Nachtlager. Ich mache das, was ich am Tag davor auch schon gemacht hab: ich nehme Platz neben dem Koch, trinke meinen Kokatee und warte auf das wohl verdiente Abendbrot. Nebenbei renne ich immer wieder aus dem Küchenzelt um Fotos von den Bergen zu schießen. Nicht von irgendwelchen Bergen, sondern vom Alpamayo, welcher laut Guide der “schönste Berg der Welt ist”. Ich habe es mir nicht nehmen lassen und das gegoogelt: Man erhält außergewöhnlich viele Verweise auf den Alpamayo, nicht schlecht!

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Tag 3 und 4: Sonne satt!

Am nächsten Morgen begeben wir uns auf die letzte und längste Etappe des Treks. Etwa 20 Kilometer gilt es am heutigen Tag zurückzulegen. Allerdings geht es diesmal nur Berg ab und das Wetter meint es heute besonders gut mit uns. Die Sonne lässt die ohnehin schon grünen Wiesen noch grüner und die türkisblauen Seen noch farbenprächtiger erscheinen. Meine Beine bewegen sich an diesen letzten beiden Tagen fast wie von ganz allein. Im Donkeydriverstyle renne ich durchs Tal und erreiche noch vor dem Eseltreiber – der eigentlich immer der Schnellste ist – die Ziellinie. Zusammen mit dem Koch gönne ich mir das längst überflüssige, kalte Bier und stelle meine Schuhe zur Seite.

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Fazit

Rückblickend betrachtet landet der Santa Cruz Trek in unserer Top 3 der Dinge, die wir bisher in Südamerika erlebt haben. Wir beide sind uns einig, dass das Wandern durch die endlosen Täler und über die hohen Pässe in dünner Luft uns einfach glücklich macht. Jeder, der ein wenig was für Natur uns Wandern übrig hat sollte diese 100$ investieren und sich von der Schönheit der längsten Gebirgskette des Amerikanischen Kontinents selbst ein Bild machen!


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