Tag 48. Freitag 21. Juni 2013. Von Les Setoux zur Papeterie bei Tence.
Schon früh packen die Australier ihre Sachen zusammen, sie wollen früher frühstücken und zeitig losziehen. Wir andern folgen etwa eine Stunde später. Das Frühstück im La Riboule punktet mit tollen selbstgemachten Marmeladen und reichlich starkem Kaffee. Dann packen auch wir, reden noch mit der Herbergsfrau und Nikolaus macht ein Foto von Susanne und mir vor der Gite.
Nun wandern wir in einer absolut herrlichen Ginster-Welt. Alles ist leuchtend gelb, grün leuchtende Wiesen, darüber tiefblauer Himmel mit fotogenen Schönwetterwolken. Unsere Schuhe stolpern bergab über grobe Steine. Dann überquert der GR den Bach Clavarine auf einer alten Bogenbrücke und führt daneben an einer Hausruine vorbei. Durch Nadelwald geht es bergauf, ginstergesäumt. Wir treffen Richard und Ersillia in einer Kehre, wünschen ihnen noch alles Gute und lassen sie hinter uns. Über Les Chomats erreichen wir gegen 14.30 Uhr das Städtchen Montfaucon-en-Velay. In einer Bar finden wir das ersehnte große Panaché. Die Restaurants haben ihre Küche bereits geschlossen. So kaufen wir einige Terrinenscheiben und pikante Stückchen in einer Konditorei, Susanne bringt noch einiges Obst aus einem kleinen Supermarkt mit und so sitzen wir an der zentralen Dorfkreuzung beim Postamt, essen und beobachten den heftigen Fernverkehr, der sich an der engen Altstadt regelmäßig selbst blockiert. In der Chapelle Notze-Dame-de-Montfaucon aus dem 12. Jahrhundert sind zwölf wertvolle Gemälde des flämischen Malers Abel Grimmer aus dem 16. Jahrhundert zu bestaunen. Auswärts überqueren wir die schmalspurigen Gleise der Museumsbahn La Galoche. Die historische Bahnlinie wird als touristische Attraktion hin und wieder mit einer Dampflok befahren. Wir denken darüber nach, ob der Gang auf den Gleisen nicht direkter zum Ziel führen würde als der GR 65, der oft sehr zickzackmäßig verläuft. Alte Steinkreuze halte Wache an der Wegkreuzung. Später treffen wir wieder auf die Gleise. An einer Deponie vorbei führt uns der Weg durch einen sonnigen Wald und dann abwärts ins Tal des Lignon. Drei Kilometer vor Tence steht eine alte Papierfabrik (La Papeterie), die als Wanderquartier und mit Ferienwohnungen eingerichtet ist. Hier haben früher bis zu 200 Menschen gearbeitet: im 18. Jahrhundert hat die wasserbetriebene Hammermühle Stoffe zerkleinert und zerfasert, damit daraus Papier hergestellt werden konnte – völlig ohne Holzanteil.
Ich tauche meine schmerzenden Füße in den kalten Bach und genieße die heftige Abkühlung.
Patrick und Isabelle Durieux bewirten uns mit einem erfrischenden Salat mit Speck- und Apfelstückchen und geschmolzenem Blauschimmelkäse und danach mit einer lokalen Spezialität: Eine Art Hackbraten mit feinen Kohlstückchen darin und ein vorzügliches Kartoffelgratin. Die Crème brulée zum Nachtisch ist mit Liquer de Verveine (Eisenkrautlikör) gebacken worden! Jeder von uns dreien hat eine eigene 4-Bett-Koje für sich. Offenbar sind dieses Jahr verhältnismäßig wenige Pilger unterwegs.
27,4 Kilometer sind heute zusammengekommen. Meinen Füßen gefällt das anscheinend nicht mehr, denn sie schmerzen zusehends. 659 Meter Anstieg und 971 m Abstiege waren es. Von 1151 m sind wir auf 839 m abgestiegen. 1018,4 km insgesamt.