Zum Jahresende 2011 einige wichtige Hinweise, damit Bedürftige und Rentner mit niedrigen Renten ihre Ansprüche noch sichern können.
Nach neuen Urteilen des BVerfG
Aktenzeichen: Bundesverfassungsgericht 1 BvR 3269/08, 1 BvR 665/10 und 1 BvR 656/10
sind auch SGB II/XII – Empfänger mit “Zuschlag” und Rentner mit geringen Renten (nahe Existenzminimum nach SGB XII) von der GEZ-Rundfunkgebühr zu befreien.
Zur näheren Erläuterung der abgeurteilten Fälle hat GEGEN-HARTZ.DE folgendes dargestellt:
In Karlsruhe wurden gleich zwei Fälle verhandelt. In dem ersten Fall bekam eine Hamburger Bezieherin von Hartz IV Leistungen eine befristeten Zuschlag gewährt. Dieser fiel jedoch geringer aus, als die geforderten GEZ-Gebühren. Daraufhin stellte die Klägerin einen Antrag auf Rundfunkgebühren-befreiung. Die GEZ lehnte eine Befreiung ab und verwies darauf, dass nur Bezieher von Sozialhilfe oder ALG II Leistungen befreit sind, die keine Zuschläge erhalten. So passierte es, dass die Frau trotz Zuschlag weniger Geld als vorher verblieb, weil sie durch das Überschreiten der Minimum-grenze zur Rundfunkgebührenzahlung verdonnert wurde. (Aktenzeichen: 1 BvR 3269/08 u.a.)
Der zweite Fall (Rentner) betraf folgenden Sachverhalt:
In dem zweiten verhandelten Fall bekommt ein Rentner eine sehr geringe Rentenzahlung plus Wohngeld. Obwohl der Betroffene über ein sehr geringes Einkommen verfügt, verlangte die GEZ eine Gebührenzahlung. Das hatte den Effekt, dass dem Kläger weniger Geld zur Verfügung stand, als vergleichsweise im Sozialhilfesatz verankert ist. Daraufhin stellte der Mann einen Antrag auf Befreiung der Gebühren, auch dieser wurde von der GEZ abgelehnt.
Beide Fälle hat das BVerfG als klar rechtswidrig erkannt; die Betroffenen sind von den GEZ-Rundfunkgebühren zu befreien!
Im 1. Fall ging es um die “Schmälerung des Hartz IV – Zuschlages und im 2. Fall darum, dass ein Rentner bei Zahlung der GEZ-Rundfunkgebühr unter den Sozialhilfesatz (= zu gewährendes unabdingbares Existenzminimum nach der Rechtsprechung des BVerfG – 1 BvL 1/09 vom 9.2.2010) fiel.
Beides ist nach der neuen Rechtsprechung des BVerfG klar rechtswidrig. Es kann als Skandal angesehen werden, dass insbesondere in einem vergleichbaren Fall, der einen Rentner mit geringer Rente betraf, die Vorinstanzen zu Gunsten der Behörde entschieden hatten, obwohl das unabdingbare Existenzminimum unabweisbar unterschritten wurde. Bei einigen Sozialgerichten war anscheinend immer noch nicht die Bedeutung des BVerfG-Urteils von 09.02.2009 angekommen, obwohl auch davor die Rechtslage bzw. Rechtsauslegung bereits eindeutig war.
In einem Rechtsfall, mit dem der Autor dieses Artikels selbst befasst war (Vertretung nach § 13 SGB X bzw. 73 SGG), wurde der Sachverhalt dem Gericht in aller Deutlichkeit dargelegt. Denn bei der “Vergleichsrechnung” Rentenbezug + Wohngeld zu Existenzminimum nach SGB II/XII wurde klar, dass die Sozialagentur in Dortmund die GEZ-Rundfunkgebühr nicht berücksichtigt hatte, was klar rechtswidrig war. Die Sozialagentur Dortmund weigerte sich in dem Fall, die GEZ-Rundfunkgebühr in den “Vergleichswert” einzurechnen; sie lehnte deshalb den Übergang auf Leistungen nach SGB XII für den Rentner an Stelle von “Wohngeld” ab. Erst nach dem Wegfall der “Heizkostenpauschale” in 2011 war das Wohngeld niedriger als die Leistung nach SGB XII, so dass der Rentner dann “zusätzlich” von der GEZ-Rundfunkgebühr befreit werden konnte. Jetzt sind nur noch GEZ-Altbeiträge offen, die bereits anfänglich erkennbar “rechtswidrig” waren, weil der Rentner bereits einen Anspruch auch Befreiung nach § 6 Abs. 3 RfGebStV hatte. Aber davon will die GEZ bis heute nichts wissen! Denn die GEZ geht (leider nach wie vor) so vor, dass selbst den Ärmsten der Armen das Geld aus der Tasche gezogen wird, auch wenn die Rechtswidrigkeit offenkundig ist. Da “Rentner” mit geringen Renten und andere Bedürftige kaum den Rechtsweg wagen, stellt diese Vorgehensweise eine Art “Amtsmissbrauch” bzw. “vorsätzliche Rechtsbeugung im Amt” dar. Das ist leider auch für viele Sozialagenturen typisch, was sich anhand der vielen Urteile ablesen lässt, die zu Gunsten der Betroffenen geurteilt werden.
In den beiden oben genannten Fällen urteilte das BVerfG nach der Beschreibung von GEGEN-HARTZ.DE wie folgt:
Regelungen verfassunsgwidrig
In beiden Fällen urteilten die obersten Verfassungsrichter, die Gesetzesregelungen verstoßen gegen den vom Grundgesetz verankerten Gleichheitsgrundsatz. Offensichtlich ist, so die Richter, dass Bürger die nur über ein Einkommen knapp über den Hartz IV Regelsätzen verfügen, hier benachteiligt werden. Sie müssen von den Rundfunkanstaltsgebühren befreit werden, weil sie ansonsten weniger Geld zur Verfügung haben als nach dem Sozialhilfegesetz.Bei den Beträgen gehe es zwar um geringe Summen, doch für die Kläger bedeute die Zahlung der GEZ-Gebühren eine „intensive Belastung“. Den Betroffenen stehen die zur Deckung des Existenzminirum konzipierten sozialen Leistungen nicht zur Verfügung, weil diese durch andere Pflichtzahlungen wieder zunichte gemacht werden. Dennoch hat ein jeder das Recht auf den Empfang von Rundfunk- und Fernsehsendungen, wie es im Grundgesetz durch den Punkt Informationsfreiheit verankert ist. Momentan kostet die GEZ je Monat 5,76 Euro ohne TV-Gerät und 17,98 mit Fernsehen. Die Gebühren werden jedoch reformiert, so dass nunmehr alle Bürger die keiner GEZ-Befreiung unterliegen für einen gemeinsamen Haushalt 17,98 Euro zahlen müssen. (sb)
Sofern ähnlich BETROFFENE ihre Rechte wahren wollen, wäre folgende Vorgehensweise zu empfehlen:
1. Antrag auf Gebührenbefreiung bei der GEZ stellen (Empfänger von Zuschlägen nach SGB II)
Zu beachten ist, dass die Befreiung von den Rundfunkgebühren erst mit dem “Folgemonat” beginnt! Wenn im Dezember 2011 noch der “formlose” Antrag gestellt wird (Bestätigung der Behörde bzw. Unterlagen wären nachzureichen), dann erfolgt die Befreiung ab Januar 2012.
Der “formlose Antrag” könnte wie folgt (schriftlich) gestellt werden:
(Adresse: Gebühreneinzugszentrale (GEZ)
50656 Köln)
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit beantrage ich die Befreiung von den Rundfunkgebühren, da ich nach der geltenden Rechtslage
- siehe Urteile des BVerfG 1 BvR 3269/08, 1 BvR 665/10 und 1 BvR 656/10 -
bedürftig bin bzw. unter die Regelung nach § 6 Abs. 3 RfGebStV falle.
Die entsprechenden Nachweise werde ich in Kürze nachreichen.
Mit freundlichen Grüßen
(Unterschrift)
2. Rentner mit nur geringen Renten
Den vorgenannten Text (formloser Brief) an die GEZ richten. Zusätzlich sollte geprüft werden, ob bei der Einbeziehung der GEZ-Gebühren an Stelle von WOHNGELD Leistungen nach SGB XII zu beantragen sind.
Die Bearbeiter bei der Behörde sollten auf die vorgenannte Urteilslage des BVerfG hingewiesen werden. Bei Abweisung durch die Bearbeiter sollte ein Sozialanwalt um Hilfe gebeten werden (häufig liegt bereits der Anspruch auf Prozesskostenhilfe vor), damit die bestehenden Ansprüche nötigenfalls durchgesetzt werden können.
Noch ein Tipp für Bezieher von Leistungen nach SGB II oder SGB XII.
Aufgrund der geänderten Rechtslage ab 01.01.2011 wirken seitens der Behörde zu korrigierende fehlerhafte Bescheide nur 12 Monate zurück.
Oder anders ausgedrückt:
Wer bis zum 31.12.2011 seiner Leistungen nach § 44 SGB X beantragt, kann Leistungen die ihm oder ihr (Bedarfsgemeinschaft) zugestanden hätten, noch rückwirkend ab dem 01.01.2010 bekommen. Würde der Antrag auf Überprüfung der Leistungen nach § 44 SGB X erst im Januar 2012 gestellt, so können nur noch Leistungen für 2011 korrigiert werden.
Der “Zugang” des “formlosen” Antrages
- Hiermit beantrage ich die Überprüfung für die zurückliegenden bereits bestandskräftigen Bescheide nach § 44 SGB X (und [ggfs.] vorliegenden noch nicht bestandskräftigen Bescheid vom xx.xx.2011. = sofern Widerspruchsfrist des letzten Bescheides noch nicht abgelaufen ist) -
noch in 2011 ist entscheidend. Im Zweifel den Brief in den Postkasten (mit Zeugen, möglichst kein Angehöriger) noch in 2011 einwerfen, sofern die Behörde zwischen den Feiertagen geschlossen ist bzw. der Empfang bereits geschlossen ist.
Die Antrag auf Überprüfung nach § 44 SGB X ist vor allem dann zu empfehlen, wenn beispielsweise Zweifel an der Zulässigkeit von “Sanktionen” bestehen oder die Bescheide “rechnerisch” nicht nachvollziehbar sind oder Beträge für die “Warmwasseraufbereitung” (Durchlauferhitzer) bisher nicht gewährt wurden oder beispielsweise die Kosten der Unterkunft (noch) strittig sind. Oder anders gesagt: Wenn Leistungen nicht oder noch nicht gewährt wurden oder die Höhe der zu gewährenden Leistungen in Zweifel zu ziehen ist, dann sollte ein Antrag auf Überprüfung nach § 44 SGB X erfolgen, damit die “Rückwirkung” sichergestellt wird.