Gewalt unter der Geburt ist ein großes Thema, und auch wenn ich unter der Geburt keine Gewalt erfahren habe, so war dies leider davor und danach der Fall. Ich habe den folgenden Text wenige Stunden nach dem Erlebnis geschrieben und erst einmal liegenlassen. Ich wusste, dass eines Tages der Moment kommen würde, an dem ich diese Beschwerde einreichen würde. Und soeben habe ich es getan. Ich habe es noch um einen letzten Absatz ergänzt, denn ich bin mir sicher, dass dieses Erlebnis maßgeblich dazu beigetragen hat, dass ich noch weniger für die Klinikentbindung offen war als ohnehin schon, und dieses Erlebnis damit auch indirekt mit zu meinem Kaiserschnitt geführt hat.
Triggerwarnung Esststörungen, ärztlicher Machtmissbrauch, emotionale Erpressung, alles im Kontext Schwangerschaft und Terminüberschreitung.
Ich habe den Namen der Ärztin abgeändert, und verzichte darauf, die Klinik zu nennen, um die es geht. Es handelt sich jedoch um eine DER Entbindungskliniken in Hamburg, die als besonders „gut“ gilt. Sofern mir jemand sagen kann, ob es rechtlich unbedenklich ist, die Klinik in diesem Artikel zu nennen, würde ich mich über ne kurze Info freuen.
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Sehr geehrte Damen und Herren,
im Rahmen meiner Überschreitung des errechneten Geburtstermins bei meinem ersten Kind hatte ich in Ihrem Unternehmen Kontakt mit Frau Trulla Kummer.
Frau Kummer hatte Dienst als Ärztin auf der gynäkologischen Station am 15. Juli 2017, um die Funktion der Plazenta sowie die Fruchtwassermenge zu überprüfen.
Folgendes ereignete sich:
Als Frau Kummer mich für den Ultraschall aufrief, konnte ich bereits in ihrem Verhalten erkennen, dass sie sich anhand der Aktenlage nicht nur einen Eindruck über meinen Fall, sondern auch eine Meinung über mich und meinen Mann gemacht hatte, die sie leider nicht auf einer professionellen und sachlichen Ebene kommunizieren konnte. Ihr Verhalten war erst passiv-aggressiv, wurde dann eindeutig aggressiv und ich fühlte mich von Ihr eingeschüchtert.
In meiner Vorgeschichte gibt es diverse psychische Erkrankungen, und auch eine Historie von Essstörungen. Diese thematisiere ich tiefer ausschließlich und aus gutem Grund mittlerweile nur noch mit dafür ausgebildeten Therapeuten. Daher habe ich auch in meiner Schwangerschaft das triggernde Thema „Gewicht“ als Thema, das oft wie beiläufig besprochen wird, ausgeschlossen. Frau Kummer war darüber von meiner Hebamme vorab informiert worden.
Nun lag ich also mit nacktem Bauch an ET+8 vor Ihr – ich bin mir nicht sicher, ob Sie sich vorstellen können, welche Machtposition dies suggeriert – und sie fragte mich nach meinem Gewicht. Schon nicht mehr beiläufig, sondern provokant und abfällig.
Ich sagte, dass ich mein Gewicht nicht weiß. „Ungefähr“ bohrte sie nach.
Ich verwies darauf, dass ich aufgrund meiner Essstörung mein Gewicht nicht thematisieren möchte, woraufhin Frau Kummer begann, mich über meine Essstörung zu befragen.
Vielleicht könnten Sie sich vorstellen, dass zu diesem Zeitpunkt mein Stresslevel bereits entsprechend hoch war. Es wurde nicht besser, als Frau Kummer mich dann zu meiner Insulinresistenz, der Überwachung meiner Zuckerwerte befragte. Diese hatten im frühen Verlauf meiner Schwangerschaft bei mir vermehrt zu Angstzuständen und einer Essensverweigerung geführt, und mit ihren Fragen, obwohl ich, immer noch liegend und nacktbäuchig versuchte, ein Gespräch auf Augenhöhe zu erreichen, stieg in mir langsam Angst auf.
Ich fühlte mich angegriffen, getriggert und hilflos ausgeliefert.
„Die Plazenta hier, sehen sie die weißen Flecken, die verkalkt.“ sagte sie zu mir in bedrohlichem Ton.
„Soweit ich weiß, passiert das zum Ende der Schwangerschaft“ sagte ich, „ist die Verkalkung denn zeitgemäß?“
Sie grummelte irgendetwas vor sich hin, weil sie offensichtlich nicht damit gerechnet hatte, dass ich durchaus informiert bin.
Bei der Messung des Oberschenkelknochens sagte sie etwas wie „ja ich messe das hier jetzt etwas kleiner“ – warum, erklärte sie leider nicht.
Auch war sie der Meinung, dass ich mit dem letzten Ultraschalltermin vor dem errechneten Termin, wie in den Mutterschaftsrichtlinien empfohlen in der 30. Woche von meiner Gynäkologin durchgeführt, nicht genügend Ultraschalluntersuchungen hätte machen lassen, da man ja nun keine Gewichtskurve des Kindes hätte und nicht einschätzen könne, wie sich das Wachstum entwickelte.
Dass ich regelmäßig den Wachstum des Kindes durch meine Hebamme habe prüfen lassen, interessierte Sie offenbar überhaupt nicht.
Während Frau Kummer weiterhin motivationslos auf meinem Bauch herumfuhrwerkte, sagte sie in vorwurfsvollem Ton, man habe mich ja sicherlich über die Risiken dieser „Übertragung“ bereits aufgeklärt. Ich verneinte, denn eine genaue Aufklärung hielt ich bei meinem letzten Termin (am ET) nicht für notwendig, da mir die Risiken bewusst waren und alle messbaren Werte in Ordnung und zeitgemäß gewesen waren.
Sie sagte daraufhin mit einem triumphierenden Tonfall (ich immer noch nacktbäuchig, liegend) auf mich herab: „Dann kläre ich Sie jetzt hiermit über das Risiko des intrauterinen Fruchttods auf!“. Ich sah zu meinem Mann, der sich im Gespräch mit unserer Hebamme befand, und versuchte, seine Aufmerksamkeit zu bekommen.
Die vermeintliche Aufklärung von Frau Kummer über das Risiko bestand dann aus der Aussage, dass das Risiko, unser Kind würde versterben, nun täglich steigen würde – mehr leider nicht. Leider war ich zu diesem Zeitpunkt schon dermaßen verstört über das aggressive und unsachliche Verhalten, dass ich nicht in der Lage war, eine ausreichende Aufklärung zu fordern.
Mein Mann versuchte dann noch herauszufinden, ob denn die Werte, für die wir uns eigentlich vorgestellt hatten – Plazenta und Fruchtwassermenge – zeitgemäß seien. Sie konnte sich nicht mal an den Wert erinnern, den sie gemessen hatte, sah dann nach (ich immer noch nacktbäuchig auf der Liege) und sagte dann so etwas wie „unterer Bereich“.
Mein Mann fragte „unterer Normbereich“ und sie antwortete widerwillig „Ja.“
Nachdem ich mich wieder hatte anziehen dürfen, wurde mir nochmals mit vorwurfsvollem Blick der Zettel zum unterschreiben hingeschoben, auf dem Frau Kummer zusätzlich notierte, sie habe mich aufgeklärt.
Heute möchte ich Ihnen folgendes mitteilen:
Frau Kummer hat mich nicht aufgeklärt, auch wenn ich dies so unterschrieben habe. Sie hat mich nachhaltig verunsichert, verängstigt und war offenbar nicht in der Lage, ihre persönlichen Befindlichkeiten und ihre Meinung gegenüber mir und meinem Mann professionell beiseite zu legen.
Sie hat bei mir damit eine erneute Angst und Skepsis gegenüber einer Klinik-Entbindung ausgelöst.
Auch am Tag nach der Untersuchung habe ich das Gefühl, dass die psychische Belastung durch den Kontakt mit Frau Kummer mich dermaßen verstört hat, dass ich mir nicht mehr vorstellen kann, einen natürlichen Geburtsbeginn haben zu können, weil ich völlig blockiert bin.
Persönlich:
Die Annahme, wir würden uns die Entscheidung leicht machen, unserem Kind noch einige Tage zu geben um sich selbst auf den Weg zu machen, statt es gewaltvoll mit Medikamenten zum Geburtsbeginn zu zwingen, finde ich höchst bedenklich.
Uns dafür zu verurteilen und zu versuchen, uns in eine Richtung zu drängen, die wir für falsch halten, unethisch.
Wir haben uns in der gesamten Schwangerschaft selbstständig und eigenverantwortlich um Vorsorgetermine gekümmert, haben eine Feindiagnostik vornehmen lassen, und immer nach bestem Gewissen für mich und unser Kind gehandelt.
Wir haben mehr Verantwortung übernommen als die meisten Eltern, haben uns an den Mutterschaftsrichtlinien orientiert, und nur Diagnostik ausgelassen, die für uns aus persönlichen Gründen und unserer Vorgeschichte nicht relevant war.
Ich möchte Ihnen zu bedenken geben, dass stabile, gesunde und glückliche Mütter die Basis für gesunde Kinder sind
Und: Schwangere nicht nur nackte Bäuche sind, auf denen man mit einem Ultraschallgerät herumfährt, und sie danach mit Papierhandtüchern bewirft, damit sie sich das Gel abwischen können. Gerade nach Terminüberschreitung wäre ein sensibler, respektvoller Umgang mit Schwangeren mehr denn je angebracht und wichtig für ein gutes Geburtserlebnis.
Ich kann einige Monate nach der Entbindung nun auch sagen, dass das Erlebnis mit Frau Kummer mein ohnehin schon schwaches Vertrauen in eine Krankenhaus-Entbindung noch mehr geschwächt hat. Ich war ständig von der Angst begleitet, dass man sie zur Geburt hinzuziehen könnte, und dies stellte einen weiteren Faktor dar, der mich blockierte und mir Sorgen bereitete.
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