Theater Halle 7
Kennt ihr den Film „Tagebuch einer Nanny“ mit Scarlett Johansson? An diesen Film musste ich die ganze Zeit denken, als ich die Inszenierung sah! Die Nanny in dem Film ist zwar eine amerikanische Studentin die mal was neues ausprobieren will und keine Osteuropäische Frau die sich in einem fremden Land ein neues Leben erhofft, aber es gibt durchaus parallelen.
Wie befinden uns in Knautschland. Die Mädchen kommen aus Stolen, Mogelei, Schlamperei, Rostland usw. Sie wollen als Au Pair in Knautschland ein neues Leben anfangen und nur ein oder zwei Jahre bei der Hexe arbeiten, doch alles kommt immer anders.
Felicia Zeller zeigt in ihrem Text die Situation der Mädchen auf, die den Traum vom besseren Leben träumen und ganz allein in fremde Länder kommen um dann auf kontrollsüchtige, reiche Mütter und nervige Kinder treffen, die ihnen das Leben nicht einfacher machen. Ihr Text sprüht vor Witz und Charme. Die Wortakrobatik, die die vier Schauspielerinnen leisten, ist wunderbar mit anzuhören. Es fehlen immer wieder Wörter, aber der Zuschauer braucht sie nicht um den Text zu verstehen. Man denkt ganz automatisch den Satz zu Ende. Bis auf die ersten 5 Minuten, fällt es überhaupt nicht schwer dem Text zu folgen. Auch diese Wortverdrehungen wie Knautschland, jeder weiß was damit gemeint ist und gerade deswegen ist es so lustig.
Sahar Amini versteht es dieses spannende Textknäul wunderbar verstehbar zu machen. Es ist großartig den vier Darstellerinnen zuzuschauen. Sie haben Spaß am Spielen und das, ist das größte Geschenk für einen Zuschauer. Wie wunderbar leicht sie mit dem Text umgehen und sich nicht von ihm aus der Ruhe, oder vielmehr aus der Hektik bringen lassen, ist genial. Ein kleiner Raum, wenig Requisiten aber mehr braucht es gar nicht, wenn das Ensemble so harmonisch ist wie hier. Die vier Spielerinnen schlüpfen in verschiedene Rollen und wieder heraus und wieder herein und wieder heraus. Sie verkörpern einerseits individuelle Figuren aber auch die Masse. Es ist eine überspitze Inszenierung mit wahrem Kern, bei dem die Überspitzung aber nie nervig wird. Es ist einfach eine gelungene Mischung aus allem: Text, Regie, Bühnenbild und Schauspiel. Es gab sowohl eine als auch mehrere Geschichten, die sich ineinander verknoteten und wieder auflösten, trotzdem hatte man nie das Gefühl es wäre zu viel und man sehe nicht mehr durch. Ich war stellenweise so tief drin und so mitgerissen, dass ich den Raum und die Leute gar nicht mehr wahrgenommen habe.
Manchmal war es als säße man vor einem Fernseher und hört Werbespots, dann wieder Stille, dann Gefühle, dann Revolution, dann Angst. Es ist eine wahre Achterbahn an Situationen, Emotionen und Gefühlen, der man aber trotzdem folgen kann. Die Inszenierung, der Text und auch die Schauspielerinnen schaffen es das Stück überhöht aber doch ernst darzustellen. Slapstick vom Feinsten. Zwischendurch immer die Sirene und alles wieder auf Anfang und trotzdem geht es weiter.
Man muss dazu sagen, dass wir nur vier Zuschauer waren und sich die Schauspielerinnen so ins Zeug gelegt haben, als würden 100 vor ihnen sitzen. Dies ehrt einen als Zuschauer und wir vier hatten einen herrlichen, intimen Abend. Es hat so viel Spaß gemacht, den Darstellerinnen beim Spielen zuzuschauen. Das darf man sich nicht entgehen lassen!
Ach ja und „Tagebuch einer Nanny“ ist eine wunderbare Ergänzung zum Stück.
Also auf jeden Fall hingehen! Es lohnt sich! Die weiteren Termine findet ihr unter Veranstaltungstipps.