Gesetzentwurf zum gemeinsamen Sorgerecht liegt vor

Gesetzentwurf zum gemeinsamen Sorgerecht liegt vorEndlich hat das Bundesjustizministerium einen eige­nen Gesetzentwurf zum gemeinsamen Sorgerecht nichtver­heirateter Eltern vorgelegt. Allerdings besteht der einzi­ge Unterschied zur vorherigen Gesetzeslage darin, das es Vätern nicht mehr verboten ist, einen Antrag auf ge­meinsame Sorge zu stellen. Ansonsten müssen Väter weiterhin um das Sorgerecht betteln und sind auch zukünftig dem Gutdünken von Müttern und dem Gesetzgeber ausgeliefert.

Wenn allerdings die familienpolitische Sprecherin der Grünen auf ihrer Homepage nichts negatives über den Refe­ren­tenentwurf schreibt, kann man nicht nur davon ausgehen, dass der Entwurf dem Kindeswohl widerspricht, sondern auch davon, dass das Mütterwohl in allen Belangen berücksichtigt wurde.

Sorgerecht: Regierung legt endlich diskussionswürdigen Gesetzent­wurf vor

[..]Endlich hat auch die Koalition verstanden, dass sich das Familienrecht am Wohl des Kindes orientieren muss.

Ich behaupte, keine Fraktion des Bundestages hat verstanden, was Kindeswohl bedeutet, denn es gibt bis heute keine gesetzliche Definition des Wortes. Jeder Richter kann nach Gutdünken seine Definition des Wortes Kindeswohl zu Grunde legen. Wenn man aber bedenkt, das Kindesmisshandlungen zu ungefähr gleichen Teilen von Eltern ausgeht, dann kann nicht erklärt werden, wieso 90% der Kinder bei ihren Müttern leben.

Das Familienrecht darf nicht zwischen Kindern von miteinander verheirate­ten und nicht miteinander verheirateten Eltern unterscheiden.

So ein nonsens. Jeder ehelicher Vater erhält automatisch das Sorgerecht mit der Geburt seines Kindes. Die Grünen wollen hingegen, dass Väter explizit einen Antrag stellen müssen, damit in Erwägung gezogen werden kann, ob sie des Sorgerechts überhaupt würdig sind. Die Fraktion brachte sogar hervor, dass es Müttern nicht zugemutet werden könne, sich im ersten Lebensjahr des Kindes einem eventuel­len Gerichtserfahren zu stellen. So steht es zumindest im Antrag der Grünen an den Bundestag:

Um den Beteiligten genügend Zeit zur Konfliktklärung zu lassen und die (zumeist) Mütter in der ersten Zeit nach der Geburt nicht durch Gerichts­verfahren zu belasten, soll eine Klage frühestens nach Vollendung des ersten Lebensjahres des gemeinsamen Kindes möglich sein.

Der vorliegende Referentenentwurf bietet eine gute Grundlage für das wei­tere Gesetzgebungsverfahren, das wir konstruktiv begleiten werden.

Was sämtliche Fraktionen unter konstruktiv verstehen, kann man in folgendem Bei­trag lesen: Niedrigschwelliger Weg zum Sorgerecht. Nun zur Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums.

Pressemitteilung: Durch neues Sorgerecht unverheirateter Eltern einfache und unbürokratische Verfahren fördern

Zur heutigen Versendung des Referentenentwurfs zur Neuregelung des Sor­gerechts von nicht miteinander verheirateten Eltern an die Länder und Verbände erklärt Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarren­berger:

Die Neuregelung ermöglicht das gemeinsame Sorgerecht für Unverheirate­te, wenn nicht ausnahmsweise das Kindeswohl entgegensteht. Die Bun­desregierung hat sich damit nach intensiven Gesprächen auf eine Lösung verständigt, die auf einer Linie liegt mit dem Ziel, für das ich von Anfang an geworben habe: Ein einfaches und unbürokratisches Verfahren für un­problematische Fälle zu finden.[..] BMJ

Die unproblematischen Fälle waren bisher sowieso kein Thema. Eltern, denen das ge­meinsame Kindeswohl am Herzen lag, haben sich auch ohne Jugendamt und Gerichtsverfahren verständigt. Liest man sich aber die Punkte durch, die das BMJ in seiner Pressemitteilung eingestellt hat, kann einem nur das Grausen kommen.

  • Erklärt die Mutter nicht von selbst ihr Einverständnis mit der gemeinsamen Sorge, hat der Vater die Möglichkeit, zunächst zum Jugendamt zu gehen, um doch noch eine Eini­gung mit der Mutter zu erreichen.
  • Der Vater kann aber auch jederzeit das Familiengericht anrufen, entweder direkt oder dann, wenn sich herausstellt, dass die Mutter sich beim Jugendamt nicht mit einer gemeinsamen Sorge einverstanden erklärt oder sich nicht äußert.
  • Im gerichtlichen Verfahren erhält die Mutter Gelegenheit zur Stellungnahme, zum An­trag des Vaters. Die Frist dafür endet frühestens sechs Wochen nach der Geburt.
  • Das Familiengericht entscheidet in einem beschleunigten und im schriftlichen Verfah­ren – ohne persönliche Anhörung der Eltern -, wenn die Mutter entweder gar nicht Stel­lung nimmt oder sich zwar äußert, aber keine potenziell kindeswohlrelevanten Gründe vorträgt und wenn derartige Gründe dem Gericht auch sonst nicht bekannt geworden sind. Diese Vorschrift trägt gleichzeitig einer rechtstatsächlichen Untersuchung Rech­nung, wonach es in vielen Fällen gar nicht um das Kindeswohl geht, wenn Mütter die gemeinsame Sorge ablehnen. So wünschen sich Mütter beispielsweise, bei Konflik­ten weiterhin alleine entscheiden zu können, andere sind nicht ausreichend über die gemeinsame Sorge informiert oder wollen Bürokratie vermeiden.
  • Das Familiengericht spricht dem Vater das Sorgerecht zu, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht (negative Kindeswohlprüfung).

Ein Vater ist ein Vater – so er denn kein Kuckucksvater ist – und das dieser darum betteln muss, sorgeberechtigter Vater sein zu dürfen, ist an Unverschämtheit kaum zu überbieten. Während Mütter nicht einmal beweisen müssen, ob sie überhaupt er­ziehungsfähig sind, wird dieses aber von Vätern verlangt und das im 21. Jahrhundert. Vermutlich ging es in der Steinzeit realistischer zu. Was an den Verfahren unbüro­kra­tisch sein soll, entschließt sich meiner Kenntnis.

Und überhaupt – wer bezahlt eigentlich die Gerichtsverfahren oder kommt der Staat für die Kosten auf? Dazu steht im Gesetzentwurf :

E.3 Erfüllungsaufwand für die Verwaltung

Die gesetzlich normierte Möglichkeit für beide Elternteile, die gerichtliche Übertragung der gemeinsamen Sorge zu beantragen, wird zu zusätzli­chen Verfahren bei den Familiengerichten, Oberlandesgerichten und even­tuell auch beim Bundesgerichtshof führen. Ob und gegebenenfalls in wel­chem Umfang dadurch Mehrkosten für Bund, Länder und Kommunen ent­stehen, ist nicht abschätzbar. Insbesondere liegen keine repräsentativen Daten darüber vor, in wie vielen Fällen bereits derzeit – aufgrund der Über­gangsregelung des BVerfG – der Gerichtsweg beschritten wird.

Der Clou ist dann noch folgender Satz aus der Pressemitteilung:

Der Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums wurde heute an Län­der und Verbände verschickt, die jetzt Gelegenheit zur Stellungnahme ha­ben.

Der djb hat zum Thema bereits Stellung bezogen und man kann davon ausgehen, das er auch an diesem Gesetzentwurf etwas zu mäkeln hat. Vermutlich wird es noch Monate dauern, bis das Gesetz seine Gültigkeit erhalten wird. Hier noch eine weitere Mitteilung des BMJ zum Thema Sorgerecht. Lese ich allerdings folgende Mitteilung des BMJ, dann könnte ich schon wieder…

20 Jahre UN-Kinderrechtskonvention

Die UN-Kinderrechtskonvention wurde am 5. April 1992 von Deutschland ratifiziert. Sie legt weltweit wesentliche Standards zum Schutz von Kin­dern fest und betont wie enorm wichtig Kinder und ihr Wohlbefinden sind. Zu ihrem Schutz stellt die Konvention mehrere elementare Grundsätze auf: Das Recht auf Überleben, das Recht auf Entwicklung, die Nichtdiskri­minierung und die Wahrung der Interessen der Kinder und deren gesell­schaftlicher Beteiligung.[..] BMJ

Dazu erinnere ich an meinen Beitrag Politikern ist Gewalt gegen Kinder nichts wert.

Tags: BMJ, Familie / Eltern, Gesetzentwurf, Sorgerecht, Väter


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