Da soll noch einer sagen, heute würde keiner mehr für seine Rechte am Arbeitsplatz kämpfen. Als Gegenbeweis hier das Gespräch zwischen unseren zwei Geschirrspülern, das ich neulich belauscht habe:
Leitender Geschirrspüler: “Mir reicht’s! Die behandeln mich wie einen Sklaven. Kaum habe ich einen anstrengenden Spülgang überstanden, beladen die mich mit neuem Geschirr. In meinem Arbeitsvertrag steht schwarz auf weiss, dass mir nach jedem Einsatz eine Pause zum Abkühlen zusteht, aber es kommt ihnen nicht in den Sinn, sich an den Vertrag zu halten. Die pressen mich aus wie eine Zitrone…”
Assistenzgeschirrspüler: “Deine Sorgen möchte ich haben. Es ist Monate her, seitdem ich zum letzten Mal in Einsatz kam. Als sie mich damals reparieren liessen, habe ich ganz fest damit gerechnet, dass ich wieder häufiger gebraucht würde, aber manchmal fühle ich mich, als hätten sie mich vergessen.”
L.G.: “Ich wünschte, die würden mich mal vergessen. Warum schieben die bloss alle Arbeit auf mich ab? Du bist ebenso kompetent wie ich, und ausserdem bietest du viel mehr Stauraum. Mir scheint, die glauben, ich hätte übergeschirrspülerische Kräfte, dabei bin ich doch nur ein ganz gewöhnliches Haushaltgerät.”
A.G.: “Jetzt untertreibst du aber. Dein ökologisches 30-Minuten-Programm ist einfach der Hammer. Das kann nicht jeder bieten. Für eine Familie, die so unglaublich viel schmutziges Geschirr produziert, bist du ein Top-Shot. Sag mal, wann hast du zum letzten Mal einen Bonus gekriegt?”
L.G.: “Einen Bonus? Du scherzt wohl. Die sind so geizig, dass sie manchmal sogar beim Pulver sparen. Neulich hat der Herr des Hauses dieses Billigpulver gekauft, ganz ohne Spülglanz, Regeneriersalz und so. Geht man so mit einer verdienten Arbeitskraft um?”
A.G.: “Das geht ja wirklich zu weit. Sowas darfst du dir nicht bieten lassen. Hast du schon mal daran gedacht, in Streik zu treten?”
L.G. (mit einem verschwörerischen Blinken): “Ich hab’ nicht nur daran gedacht, ich bin schon dabei, erste Massnahmen zu ergreifen. Die Heizstäbe habe ich schon mal ausgeschaltet. Du solltest mal die langen Gesichter sehen, wenn sie das nasse, schmutzige Geschirr sehen…”
A.G. und L.G. grinsen hämisch, dann fährt L.G. fort: “Irgendwie ist mir das aber nicht effektiv genug. Ich glaube, der Streik hätte viel mehr Wirkung, wenn du auch mitmachen würdest…”
A.G.: “Ich? Aber warum denn? Da habe ich die einmalige Chance, wiedermal in Einsatz zu kommen und du verlangst von mir, dass ich streike? Wie kommst du auf diese hirnverbrannte Idee?”
L.G.: “So hirnverbrannt ist meine Idee nicht. Erinnerst du dich noch, wie der Onkel Doktor bei seinem letzten Besuch gesagt hat, du müsstest auch hin und wieder im Einsatz sein, damit du nicht ganz aus der Übung kommst? Glaub mir, die nehmen zwar keine Rücksicht auf uns, aber wenn der Onkel Doktor kommt, dann geben sie sich danach jede erdenkliche Mühe, damit es uns gut geht. Bei dem Honorar, das der gute Mann verlangt, können sie es sich nicht anders leisten…”
A.G. (nachdenklich): “Da ist was dran. Vielleicht mache ich doch mit bei deinem Streik. Was meinst du, soll ich besser die Wasserzufuhr so sehr einschränken, dass nichts mehr sauber wird, oder soll ich das Pulverfach geschlossen halten?”
L.G.: “Ich würde sagen beides. Wenn schon Streik, dann richtig…”
Und so kam es, dass die beiden Geschirrspüler rechtzeitig zum ersten Mai ein klares Zeichen für bessere Arbeitsbedingungen setzten. Ob sie damit Erfolg haben, sei dahingestellt. Heute Abend verkündete ein ziemlich junges, weibliches Familienmitglied, dass es eigentlich ganz nett sei, das Geschirr im Familienverband abzuwaschen und abzutrocknen. Es könnte also durchaus sein, dass der Schuss nach hinten losgeht und die zwei Geschirrspüler sich mit ihrer lächerlichen Aktion gleich selbst abschaffen.