von Uwe Lehnert
Die verschiedenen negativen Rezensionen zu Lüdemanns Buch zeigen wieder einmal, wie schwer es gläubigen Menschen fällt, über ein so emotional besetztes Thema wie den Glauben sachlich zu diskutieren. Lüdemann wird Unsachlichkeit, Polemik, Geldverdienen mit Unwahrheiten, unbegründete Kritik vorgeworfen. Liest man jedoch seinen Text, dann spürt man in jeder Zeile das ernsthafte Bemühen um Wahrheit, um Begründung, um Offenlegen seiner Kriterien, auch um Verständnis für jene, die — wie er einst selbst auch — nur zu gern an die Verheißungen der Botschaft von Jesus glauben wollen. Diese negativen Rezensionen lassen durchweg erkennen, dass sie von Menschen kommen, die sich von Erkenntnissen verletzt, ja erschüttert fühlen, die ihnen etwas rauben, das fester Bestandteil ihres Denkens und Fühlens geworden ist. Die Sorge, ja Angst, dass man sich geirrt haben könnte, dass man falschen Versprechungen aufgesessen sein könnte, lässt es einfach nicht zu, die erarbeiteten und wohl begründeten Einsichten eines Forschers sich wenigstens anzuhören.
Was Lüdemann in diesem und auch in seinen anderen Büchern vorträgt, wird ja von vielen anderen Theologen längst auch vertreten. Was Lüdemann (und wenige andere) auszeichnet, ist seine intellektuelle Redlichkeit und sein Drang nach aufklärender Wahrheit, die es einfach nicht zulassen, solche Einsichten für sich zu behalten. Er klärt auf, begründet detailliert und das in einer verständlichen Sprache. Ausdrücklich muss doch gewürdigt werden, dass er in voller Kenntnis der zu erwartenden Schwierigkeiten und Anfeindungen, die er sich durch die Kirche (er verlor auf Betreiben der Kirche seinen theologischen Lehrstuhl!) und einen Teil seiner akademischen Kollegen zuzog, dennoch seinen Weg der Aufklärung gegangen ist und noch immer geht. Für mich ist seine Haltung bewundernswert und absolut vorbildlich. Um die Moral in unserer Gesellschaft stünde es besser, wenn wir mehr Menschen seiner Statur hätten.
Was den Vorwurf angeht, seine Religionskritik brächte nichts Neues, so gilt nach wie vor: Eine Argumentation verliert doch nicht an Gültigkeit, nur weil sie schon früher geäußert wurde. Entscheidend ist der begründende Gehalt der Argumente, ihre logische, empirische und historische Substanz. Und hier trägt Lüdemann — nicht nur in diesem Buch — wahrhaft ”erschütterndes” Material, Belege und Bedenkenswertes zusammen. Man sollte doch immer auch berücksichtigen, dass seine Bücher sich auch an die Öffentlichkeit wenden, daher immer auch Sachverhalte neu anführen, die innerhalb der akademischen Zunft in der Tat nicht Neues darstellen, außerhalb der weltabgewandten Theologenwelt aber oft unbekannt sind und daher immer wieder auch in Erinnerung gerufen werden müssen.
Zusammengefasst: Ein unbedingt lesenswertes, aufklärendes und daher notwendiges Buch, das zudem den Vorteil prägnanter Kürze aufweist.
« ”Ich glaube … ” — ”Ich glaube nicht …”