Genuss sollte das Thema für meinen Ausflug ins Sauerland sein. Ich dachte dabei natürlich sofort an die Verkostung von vielen lokale Spezialitäten. Es sollte aber ganz anders kommen und ich lernte eine ganz andere Art von Genuss kennen - Genuss in den Sauerländer Seelenorten.
Sauerländer Seelenorte - Was ist das?
Einen Seelenort hat wahrscheinlich jeder. Ein Ort, der einem Kraft gibt, lebendige Stille spüren läßt, wo die Seele zur Ruhe kommt. Der Sauerland Tourismus e.V. hat sich zur Aufgabe gemacht, die Seelenorte des Sauerlands zu finden. Sie haben die Bewohner der Region nach ihren Seelenorten gefragt und haben so 43 verschiedenen Orte zusammengetragen. Diese sind ganz unterschiedlich, es sind z.B. Kirchen, Friedhöfe, historische Stätten, Bäume oder Quellen. Das spannende an dem Projekt ist, dass nicht künstlich von einer Marketingagentur Orte willkürlich zu Seelenorten erklärt wurden. Es sind die Orte der Einheimischen, die teilweise schon seit Jahrhunderten eine wichtige Bedeutung für die dort lebenden Menschen haben.
Während meines Aufenthalts im Sauerland durfte ich drei Seelenorte und eine besondere Art des Spaziergangs kennenlernen: den Warnehmungsspaziergang. Wenn man sich auf diesen Spaziergang einläßt, sollte man 10 Minuten alleine und still am Seelenort verbringen. Es ist erstaunlich, was man alles hört, riecht, aber auch fühlt. Geht man etwas hin und her, merkt man, dass man sich an einigen Stellen wohler fühlt als an anderen. Der Warnehmungsspaziergang ist eine besondere Art, einen Ort zu entdecken. Ein wahrer Genuss für die Seele.
Seelenort Kirche und Kirchhof St. Peter und Paul in Wormbach
Den ersten Seelenort, den ich gemeinsam mit zwei anderen Bloggern besuchen durfte, war Kirche und Kirchhof St. Peter und Paul in Wormbach. Betritt man durch das Tor den kleinen Kirchhof, fällt sofort auf, dass dies kein gewöhnlicher Friedhof ist. Auf allen Gräber steht ein einfaches Holzkreuz mit kleinem Dach und sind alle nach Osten ausgerichtet, das Holz steht am Fußende. Der Priester August Rüsing hatte verfügt, dass alle Gräber gleich sein sollen, denn „alle sind vor Gott gleich".
Eine besondere Kraftquelle an diesem Seelenort ist der große, mächtige Lebensbaum. Er hat eine bewegende Geschichte hinter sich und eine große Bedeutung für die Bewohner und die Geschichte des Ortes Wormbach. Am Ostersonntag 1945 wurde aus einem Flugzeug der Alliierten eine 500 kg schwere Bombe über dem Ort abgeworfen, während sich die meisten Bewohner zur Ostermesse in der Kirche befanden. Die Bombe traf allerdings die Spitze des Lebensbaums, wurde von diesem abgefedert und ging als Blindgänger zu Boden. Gut zu erkennen ist dies noch an den drei Spitzen, die der Baum seit diesem Tag hat.
Auch die Kirche St. Peter und Paul ist Teil des Seelenortes. Gebaut wurde der heutige Kirchenbau im 13. Jahrhundert an einem sehr wichtigen Wegpunkt, vermutlich stand an gleicher Stelle eine Holzkirche. Sie steht an einem Kreuzungspunkt alter Totenwege, am Jacobsweg und am Beginn des Heidenwegs, entlang dem Bonifazius die Christianisierung des Sauerlandes vorangetrieben hat. Während der Renovierungsarbeiten in den 1950er Jahren wurden unter dem Putz alte Wandbemalungen gefunden. Erstaunlich sind die Tierkreiszeichen, die sich an der Decke der Kirche befinden. Diese Symbole passen eigentlich nicht in eine Kirche und sind einmalig im christlichen Abendland. Die genaue Bedeutung ist bis heute nicht geklärt, aber man vermutet, dass sie darauf hinweisen sollten, dass Wormbach in vorchristlicher Zeit eine Sternwarte war.
Eine weitere Bedeutung hat St. Peter und Paul als Ort der Walburgaverehrung. Nachgewiesen ist, dass sie dort schon seit 300 Jahren verehrt wird, vermutlich aber schon seit dem 11. Jahrhundert. Daher kommen jedes Jahr im Mai zahlreiche Pilger nach Wormbach. Auch die Orgel, welche als die älteste Pfeifen-Orgel Westfalens gilt, zieht viele Besucher zu den Sommerkonzerten an, die von Juni bis September stattfinden.
Etwas skeptisch ging ich hier an diesem Seelenort auf meinen ersten Warnehmungsspaziergang. Nachdem ich mich einmal darauf eingelassen hatte, stellte ich doch fest, dass man unterschiedliche Dinge spürt. Es gab Orte, die mir gut taten, an anderen wollte ich direkt weiter gehen. Seltsamerweise verspürte ich keinen Drang, das Innere der Kirche zu betreten. Es war eine interessante und spannende Erfahrung, wirklich ein wahrer Genuss.
Nach dem Besuch des Seelenortes konnte ich noch einen kleinen Spaziergang durch Wormbach machen. Begeistert bestaune ich die tollen Fachwerkhäuser. In einem kleinen Haus, befindet sich ein Zimmertheater mit 28 Sitzplätzen, in dem seit vielen Jahren Stücke von Loriot gespielt werden. Interessant ist noch die kleine Quelle vor dem Pfarramt, dem Pastor Strülleke. Hier soll im 8. Jahrhundert Bonifatius die ersten Christen getauft haben.
Mit dem Ranger durch das Schwarzbachtal zum Haus Schwarz
Unendliche Wälder, dafür kennt und schätzt man das Sauerland. Ein Wald war für mich schon immer ein Art Seelenort und ein Spaziergang dadurch immer eine Erholung für die Seele. Darum habe ich mich sehr auf den Spaziergang durch das Schwarzbachtal mit einem Ranger gefreut. Am Parkplatz zum Nationalpark wartete schon Ranger Ralf Schmidt auf mich und meine Begleiter. Ralf erklärte einiges über das Schwarzbachtal. So ist das sumpfige Tal mit einem Bruchwald bewachsen. Dies macht es zu einem sehr seltenen Lebensraum, denn meistens sind diese trockengelegt und kultiviert. Früher war auch das Schwarzbachtal mit Fichten bewachsen, die im Sauerland bei der Holzindustrie sehr beliebt sind. Leider sind diese Bäume nicht sturmfest, was man bei Kyrill sehr gut gesehen hat. So wurde das Tal entfichtet und ein natürlicher Lebensraum entstand. Die Nutzwälder an den Hängen sind noch vermehrt Fichtenwälder, aber auch hier verändert sich langsam etwas.
Das Schwarzbachtal ist die Heimat von seltenen Tieren wie dem Schwarzstorch oder dem Eisvogel. Wir hatten sogar Glück und haben einen der sehr scheuen Störche gesehen. Es war interessant, was Ranger Ralf alles über Flora und Fauna zu erzählen hatte. An der kleinen Brücke über den Schwarzbach erklärte er uns zum Beispiel, woran der Profi erkennt, ob die Wasserqualität in Ordnung ist, nämlich an den kleinen Tieren dort. Mit geschultem Auge fand er unter einem Stein eine Köcherfliege und fing ein Neunauge im klaren Wasser. Beide Tiere zeigen, hier ist alles in Ordnung.
Natürlich wurden beide Tiere wieder freigelassen. Toll finde ich, dass an der Brücke ein wetterfestes Buch angebracht ist, in dem man viele nützliche Informationen zu der Landschaft und den Lebewesen findet.
Unweit der kleinen Brücke befinden sich die Reste des Hauses der Familie Schwarz, das Ende des 19. Jahrhunderts abgebrannt ist. An einer Bank können Wanderer rasten und diesen Seelenort auf sich wirken lassen. Viel ist von dem ehemaligen Heim einer Familie nicht mehr zu sehen, aber ein schattiges Plätzchen und einen Brombeerstrauch findet hier jeder müde Wanderer.
Seelenort Unterkirche im Wanderdorf Hallenberg
Der dritten Seelenort, den ich an dem Wochenende im Sauerland entdecken durfte, lag unweit meines Hotels im Wanderdorf Hallenberg. Die kleine Kirche Maria Himmelfahrt wird von den Hallenbergern Unterkirche genannt. Sie liegt direkt neben der vielbefahrenen Bundesstrasse, doch betritt man die kleine Kirche und schließt die Holztür ist plötzlich alles ruhig. Im erstaunlich schlichten Inneren der Kirche fühlt man sich sofort geborgen, vielleicht weil man hier nicht von dem Prunk, der sonst üblich ist, erdrückt wird. Einzig die Marienstatue am Altar, „Unsere liebe Frau von Merklinghausen", zeigt etwas glanzvolles. Geht man näher an die Statue heran, sieht man das besondere - Maria schaut nicht ernst, wie sonst immer, sondern hier ist sie lächelnd dargestellt.
Nach der Besichtigung der kleinen Kirche zieht es mich aber noch etwas durch das kleine Städtchen Hallenberg. Geht man durch die Straßen, klingt die Bezeichnung Stadt doch etwas befremdlich. Hallenberg hat nur 4500 Einwohner, aber trotzdem das Stadtrecht und ist somit die zweitkleinste Stadt von NRW. Während des Spaziergangs begeistern mich die vielen Fachwerkhäuser, der kleine Kräutergarten und die kleinen Gassen.
Hoteltipp: Der Sauerländer Hof
Während meines Aufenthalts im Rahmen des Blogwärts Retreats war ich im Sauerländer Hof in Hallenberg untergebracht. In dem von den Geschwistern Kerstin Bäumer und Christoph Stöber geführten Hotel fühlte ich mich direkt wohl. Die gelungene Mischung von rustikalem und modernem sorgt für eine angenehme Atmosphäre. Mein Zimmer lag im zweiten Stock, war mit allem nötigen ausgestattet und hatte sogar einen kleinen Balkon mit einer wunderbaren Aussicht auf die Hallenberger Hügel.
Von dem anstrengenden Tag kann man sich in der kleinen Wellnessoase des Hotels ausruhen und die Seele baumeln lassen. Der Blick aus der Sauna ist einfach traumhaft.
Für den kulinarischen Genuss ist im Sauerländer Hof ebenso gesorgt. Morgens startet man in den Tag mit einem abwechslungsreichen Frühstück, sogar einen Gemüsesmoothie kann man zubereiten. Zum Kaffee am Nachmittag kann ich den unglaublich leckeren, frisch gebackenen Kuchen empfehlen. Nach einen langen Wandertag lässt man den Tag im Restaurant bei einem guten Essen ausklingen. Ich durfte an beiden Abend ein 3-Gänge Menü genießen und war wirklich begeistert. Hervorheben möchte ich das Serviceteam, dass mit viel Aufmerksamkeit und Freundlichkeit zu den gelungenen Abenden beigetragen hat.
Der Sauerländer Hof gehört zu den Wandergasthöfen. Diese sind auf die speziellen Bedürfnisse von Wanderern eingerichtet. Man bekommt Empfehlungen für Wanderungen in der Umgebung, ob anspruchsvolle Tageswanderung oder einen Spaziergang. In einem kleinen „Wanderladen" kann man Ausrüstung leihen oder kaufen. Plant man eine Mehrtageswanderung wird von den Wandergasthöfen der Transport des Gepäcks organisiert.
Mir hat das Wochenende im Sauerland gezeigt, wie schön das Sauerland ist. Ich werde definitiv wieder dorthin fahren. Von den 43 Seelenorten durfte ich mir drei ansehen, es gibt also noch einiges zu entdecken. Auch habe ich gelernt, das Genuss so viel mehr als Essen und Trinken sein kann.
Offenlegung: Das Wochenende im Sauerland wurde vom Blogwärts Retreat mit Unterstützung vom Sauerland Tourismus organisiert. Vielen Dank an Antje Zimmermann und Udo Telaar sowie Sabine Risse für die Einladung und die tolle Organisation. Meine Meinung bleibt von der Einladung natürlich unberührt.
Andere Blogbeiträge über dieses Wochenende findest du hier:
Antje / Weltenkundler: Sauerland - Wanderungen zu den schönsten Dörfern
Udo / Waldhelden: Die schönsten Orte im Sauerland - 43 Sauerland-Seelenorte
Anne / Little Big Hiking Rucksack: Seelenorte im Sauerland - leichte Wandertouren mit Tiefgang
Kathi / Kulturtänzer: Magische Orte im Sauerland - Zwischen überwältigender Natur und aktivem Genuss
Daniela / Sinne und Reisen: Sauerland Seelenorte: Die 3 schönsten Orte und Wanderwege
Martina / Places and Pleasure: Sauerland Seelenorte - der perfekte Dreiklang aus Kultur, Natur und dörflicher Idylle
Hubert / Travelerblog: Sauerland-Seelenorte erkunden und genussvoll schlemmen in den Wandergasthöfen