Quelle: Badische-Zeitung.de
„Geliebt werde ich dort, wo ich ohne Maske herumlaufen kann.“
Unbekannter Autor
Ihr Lieben,
ich möchte Euch heute die Geschichte eines unbekannten Autors erzählen:
„Vom Mann mit den sieben Masken“
„Es war einmal ein Mann, der trug sieben verschiedene Masken, für jeden Tag der Woche eine. Wenn er morgens aufstand, bedeckte er sich immer unverzüglich sein Gesicht mit einer seiner Masken. Sodann kleidete er sich an und ging zur Arbeit aus dem Haus. Er lebte auf diese Weise, ohne jemals irgendjemandem sein wahres Gesicht zu zeigen.
Doch eines Nachts, während er fest schlief, stahl ihm ein Dieb seine sieben Masken. Als er aufwachte und den Diebstahl feststellte, schrie er völlig kopflos: „Haltet den Dieb! Haltet den Dieb!“ Dann rannte er auf der Suche nach seinen Masken durch alle Straßen der Stadt.
Die Leute sahen ihn wild gestikulieren, fluchen und die ganze Welt mit den schlimmsten Schicksalsschlägen bedrohen, wenn er nicht seine Masken wiederfinden könne. Den ganzen Tag verbrachte er damit, nach dem Dieb zu suchen, aber es war alles umsonst.
Verzweifelt und untröstlich brach er zusammen und weinte wie ein kleines Kind. Die Leute versuchten ihn zu trösten, aber nichts konnte ihm aus seinem Unglück helfen.
Da kam eine Frau vorbei und fragte ihn: „Freund, was ist mit dir los? Warum weinst du so?“
Er hob den Kopf und gab mit erstickter Stimme zur Antwort: „Man hat mir meine Masken gestohlen und mit derart unverhülltem Gesicht fühle ich mich viel zu verletzbar.“
„Tröste dich,“ sagte sie, „schau mich an: Ich habe von Geburt an immer mein Gesicht gezeigt.“
Er sah sie lange an und erkannte, dass sie sehr schön war.
Die Frau beugte sich zu ihm herab, lächelte ihm zu und trocknete ihm die Tränen ab.
Da spürte dieser Mann zum ersten Mal in seinem Leben auf seinem Gesicht, wie wohl es tat, zärtlich berührt zu werden.
Ihr Lieben,
unsere heutige Geschichte hat mich tief berührt, denn sie zeigt ein Stück der Wirklichkeit unseres Lebens.
Wir alle tragen ein Stück weit Masken in unserem Leben. Und warum tun wir das?
Weil wir Angst davor haben, verletzt zu werden, weil wir Angst haben, den Blicken und Gedanken anderer Menschen schutzlos ausgeliefert zu sein.
Aber wir sollten dabei bedenken, dass unsere Masken auch verhindern, dass wir anderen Menschen nahekommen, dass wir Zuwendung, Zärtlichkeit und Liebe erfahren.
Wenn wir uns das obige Bild des norwegischen Amokläufers betrachten, so ist das Erschreckende, dass uns eben kein Monster entgegenblickt, von dem man sagen könnte: „Ja, so sieht das Böse aus!“
Nein, uns blickt ein freundlicher junger Mann an, den man im Alltag freundlich grüßen und mit dem man sich freundlich unterhalten würde.
Aber eben dieser junge Mann trug über viel Jahre eine Maske, nach außen verbindlich und freundlich und innen eiskalt und böse.
Wenn wir etwas zum Schutz unserer Kinder und Enkelkinder tun wollen, wenn wir diese Welt heller und wärmer gestalten wollen, dann sollten wir selbst unsere Masken ablegen und den anderen Menschen in Offenheit und Liebe begegnen, damit auch diese den Mut finden, ihre Masken abzulegen.
Ich weiß nichts über den Amokläufer aus Oslo, aber vielleicht hat er niemals Liebe erfahren, vielleicht sind ihm nie Menschen begegnet, die ihm Zuwendung und Zärtlichkeit schenkten, die Vertrauen zu ihm hatten und zu ihm hielten.
Wie gesagt, ich weiß nichts über den Amokläufer…
Ihr Lieben,
manchmal muss man einfach zugeben, dass man etwas nicht weiß.
Wichtig ist nur eines, dass wir in unserem Bemühen, diese Welt durch unser Licht und unsere Liebe zu erhellen, nicht nachlassen.
Ich wünsche Euch einen guten Start in die neue Woche und grüße Euch herzlich aus Bremen
Euer zuversichtlicher Werner
Das Foto wurde von Karin Heringshausen zur Verfügung gestellt
