[Gelesen] Jennifer Benkau–Dark Canopy

Ich hatte schon lange nicht mehr solche Schwierigkeiten, ein Buch zu beenden. Im positiven Sinne. Denn ich wollte nicht aufhören. Jetzt, da ich den zweiten Band Dark Destiny angefangen habe, kann ich euch also meine Meinung zu Dark Canopy schildern.

5390

Verlag: script 5 Verlag
Seiten: 528
Preis: 18,95 Euro
Genre/Thema: Jugendbuch, Dystopie

INHALT Die Percents, die von den Menschen als Soldaten gezüchtet worden waren, haben die Weltherrschaft übernommen. Es gibt aber Rebellen, die sich dieser Ordnung nicht unterwerfen, sondern in den Wäldern rings um die Städte ums Überleben kämpfen. Als Joy, eine Rebellin, in die Fänge der Percents gerät, lernt sie den Überlebenskampf von einer anderen Seite kennen…

MEINE ERWARTUNGEN Damals waren meine Erwartungen nicht extrem hoch. Aber ich hatte viel Gutes über die Bücher gehört, weshalb ich sie dringend lesen wollte. Ich freute mich auf eine interessante Zukunftsdarstellung und hoffte, dass die Geschichte nicht wie alle anderen Dystopien verlaufen würde.

MEINE EINDRÜCKE Die Geschichte wird zunächst aus der Ich-Perspektive von Joy erzählt. Sofort fällt der angenehm, unkomplizierte Schreibstil auf. Er ist leicht zu lesen, es gibt keine langen verschachtelten Sätze und die Sprache ist sehr natürlich, also so gewählt, wie man heute wirklich spricht. Gedankenfetzen, Ich-Rede, alles wirkt ganz selbstverständlich. Schon nach wenigen Seiten bekommt man ein gutes Gespür dafür, wer Joy ist, wie sie denkt, fühlt und handelt. Und das, obwohl man zunächst relativ wenig von der Zukunftswelt erfährt. Aber der Fokus liegt auch mehr auf den Charakteren. Diese sind alle fein aufeinander abgestimmt, gut zu unterscheiden und charakterstark.
Nachdem Joy in die Fänge der Percents geraten ist, wechselt die Erzählperspektive hin und wieder zu Matthial. Er ist der Sohn des Rebellenführers und ein enger Vertrauter von Joy. Seine Erzählweise ist merklich anders, immer noch leicht zu lesen, aber mir weniger sympathisch. Matthial denkt und fühlt anders als Joy, was für den Leser den Vorteil hat, dass er die Sichtweise der Rebellen auf die Percents besser kennenlernt.

Obwohl sich Joy schon bald in einer für sie fremden Welt befindet, in der sie eigentlich permanent in Gefahr lebt, steigt die Spannung zunächst nicht wirklich spürbar an. Das ist auf jeden Fall anders als in anderen Dystopien, in denen es häufig rasanter zugeht. Dennoch bleibt man an der Geschichte dran. Was für mich vor allem an den starken Charakteren liegt. Menschen wie Percents sind alle sehr unterschiedlich, schnell auseinander zu halten und zuzuordnen. Allen voran Neél. Er ist der Percent, der sich um Joy kümmern muss. So konzentriert sich die Geschichte auch hauptsächlich auf deren Beziehung bzw. Zusammenarbeit.
Ich empfand dies als sehr intensiv, ja auch langsam erzählt, aber in diesem Falle ist das sehr sinnvoll. Der Leser lernt so sehr genau die beiden Charaktere kennen, spürt jede kleine Veränderung, die sich zwischen den beiden ergibt und fühlt am Ende das, was Joy fühlt: Zerrissenheit, Hoffnung, Getriebenheit.

Ich habe mich von den Gefühlen mitreißen lassen, fühlte wie Joy, und hatte tatsächlich Angst vor dem Ende des Buches. Ich wollte nicht, dass die Geschichte beendet wird, ahnte Schlimmes, denn immerhin ist Dark Canopy immer noch eine Dystopie. Und in diesem Genre gibt es immer Kämpfe, Verluste und Siege.

FAZIT Man könnte einiges Negative an dem Buch finden: wenig Spannung, erst spät wichtige Details zur konstruierten Welt. Aber Jennifer Benkau gelingt ein ganz großer Vorteil: sie zieht den Leser in ihren Bann, fesselt ihn an die Charaktere und lässt den Leser mitfühlen, mitleiden und hoffen sowie fürchten. Benkaus Schreibstil ist von einer Authentizität, die sehr intensiv ist, eine Natürlichkeit mitbringt, weshalb manche Charaktere einem auch schnell ans Herz wachsen. Diese sind das zweite As in Benkaus Ärmel: die Protagonisten sind stark charakterisiert, jeder auf seine Weise weckt Empathie, jeder handelt logisch, nachvollziehbar. Jeder hat echte Gefühle und macht eine Entwicklung durch. Ich gebe zu, ich war und bin beeindruckt. Mich hat schon lange keine Dystopie oder ein Fantasie-Buch so mitgerissen.

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