[Gelesen] Ferdinand von Schirach–Verbrechen

Vor einiger Zeit hatte mir mein Vater von diesem Autor und seinen Büchern erzählt. Wie leider so oft schaffte ich es nicht, seiner Empfehlung nach zu kommen. Dann kam Ferdinand von Schirach zu einer Lesung in meine Stadt. Damit sollte sich das ändern.

verbrechen

Verlag: Piper Verlag
Seiten: 208
Preis: 8,99 Euro
Genre: Kurzgeschichten, Politik, Krimi

INHALT Ferdinand von Schirach hat es in seinem Beruf alltäglich mit Menschen zu tun, die Extremes getan oder erlebt haben. Das Ungeheuerliche ist bei ihm der Normalfall. Er vertritt Unschuldige, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten, ebenso wie Schwerstkriminelle. Deren Geschichten erzählt er – lakonisch wie ein Raymond Carver und gerade deswegen mit unfassbarer Wucht. (Quelle)

MEINE ERWARTUNGEN Ich kaufte mir diesen Sammelband direkt am Abend der Lesung und schmökerte hinein, damit ich nicht allzu unwissend war. Ich wusste, dass mein Vater Ferdinand von Schirach beeindruckend fand. Und ich weiß, dass mein Vater selten daneben liegt. Dementsprechend freute und fürchtete ich mich. Denn die Geschichten in diesem Buch sind so oder so ähnlich alles passiert. Das wusste ich.

MEINE EINDRÜCKE Vorweg: die Lesung war großartig und umfasste Geschichten aus allen Werken von Ferdinand von Schirach. Meine detaillierte Meinung kommt morgen online.

Verbrechen ist ein Sammelband aus Kurzgeschichten, die alle mit nur einem Wort überschrieben sind. Es sind Geschichten, die so oder so ähnlich Ferdinand von Schirach während seines Berufsalltags als Strafverteidiger erzählt worden sind. Sie sind manchmal blutig, grausam, fast unglaubwürdig und immer irgendwie bedrückend. Sie erzählen die Geschichten von meist ganz normalen Menschen, die ein Verbrechen begangen haben. Es wird erzählt, wie es zu diesem Verbrechen kam und was für ein Urteil gesprochen wird. Und sie erklären, warum die Taten nach dem Strafrecht ein Verbrechen sind, aber menschlich manchmal vielleicht nicht.

Gewalt, Grausamkeiten und Ungerechtigkeiten erleben wir alle beinahe jeden Tag. Was dahinter steht, erfahren wir aber nur selten. Ferdinand von Schirach erzählt die Geschichten seiner Mandanten mit einem kühlen, fast gleichgültigen Ton und verleiht ihnen gerade dadurch besonders viel Gewicht und Schärfe. Er will die Taten nicht rechtfertigen, sondern seinen Lesern die Vielschichtigkeit seines Berufs und von Verbrechen im Allgemeinen aufzeigen.

Mir blieb manchmal die Spucke weg. Häufig musste ich das Buch beiseite legen und pausieren. Nicht allein aufgrund der Verbrechen, die verübt wurden. Manchmal waren diese beinahe harmlos. Sonst weil das Gesellschaftsbild, das der Autor da zeichnet, so kalt, grausam und irgendwie fatal ist. Und es ist einfach so. Punkt. In all seinen Facetten, guten wie schlechten.

FAZIT Egal, welches Buch ihr von diesem Mann in die Hände bekommt, schaut wenigstens einmal rein. Ich kann euch Verbrechen nur ans Herz legen. Es regt zum Nachdenken an, zum Diskutieren in kleiner vertrauter Runde und lässt einen zumindest kurze Zeit bewusster leben. Und wenn ihr die Chance habt, in eine Lesung von Ferdinand von Schirach zu gehen, geht hin! Die Geschichten, die er dort erzählt und wie er sie erzählt, beeindrucken. Die Szenarien, die er mit dem Publikum durchspielt, machen fassungslos und schaffen mehr Verständnis für seinen Berufsstand.

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