Anatol erwacht von den Toten. Orientierungslos und mit Erinnerungslücken wandelt er von Odessa nach Kiew und wird dabei stets von einem Hund begleitet. Was Anatol nicht weiß: Seine Nachbarin Irina hat ihn auferweckt und sie weiß nicht, dass ihr Experiment geglückt ist.
Von Anfang an habe ich mich beim Lesen fremd gegenüber der Handlung gefühlt, habe mich während des Lesens sogar unwohl gefühlt. Durch die russischen Zitate zu Beginn jedes Kapitels (ich habe erst zu spät bemerkt, dass sie im Anhang übersetzt wurden) und die vielen sich ähnelnden osteuropäischen Namen, hat sich dieses Gefühl bestärkt. Hinzu kommt, dass der Roman mit der Auferstehung Anatols einsteigt, die Szene zwar atmosphärisch ist, ich sie aber als sehr abstoßend empfunden habe.
Diese Gefühle ließen während des gesamten Romans nicht nach, ich musste mich manchmal überwinden die langen Sätze mit ihren viele Einschüben zu lesen. Es erforderte viel Konzentration, alles zu erfassen, und zwischen den Orts-, Szenen- und Themenwechseln nicht die Orientierung zu verlieren. Dennoch finden sich zwischendurch immer wieder treffende Formulierungen, die sofort eine gewisse Stimmung vermitteln, z. B.:
„Teewarm war die Luft“
Der auktoriale Erzähler berichtet kapitelweise abwechselnd über Anatol und Irina. Dazwischen beschreibt er unterschiedliche Szenen und Milieus, z. B. die Totengräber am Friedhof. Vor allem die Dialoge dieser Zwischenszene und des Besäufnisses wirken monoton und hätten durchaus gestrafft werden können, da sie die Handlung kaum voran bringen.
Die Protagonisten sind passiv angelegt, hinterfragen kaum etwas und wandeln durch die Gegend. Auf den knapp 200 Seiten passiert wenig Handlung und manche Informationen bleiben zu rätselhaft und kryptisch. Die Geschichte und die Charaktere wirken insgesamt noch nicht ganz rund. Irinas Motiv, Anatol aufzuerwecken erscheint zu schwach, als das es nachvollziehbar ist – zumal Anatol, besonders in einer Szene gegen Ende, teilweise ekelerregend beschrieben wird, sodass Irinas Gefühle und Taten nicht immer plausibel wirken.
Fazit
Obwohl sich der Klappentext vielversprechend anhört und die Grundhandlung Potenzial besitzt, wirken die Handlungsstränge und die Charaktere noch nicht ganz ausgereift. Der Roman hat mich verstörend hinterlassen, was dafür spricht, dass die düstere und beklemmende Atmosphäre sehr gut transportiert wird, doch leider schadet dieses Gefühl dem Gesamteindruck.
Cordula Simon: Der potemkinsche Hund. Picus Verlag 2012. 208 Seiten. Gebunden mit Schutzumschlag. 19,90€. ISBN: 9783854526889
Ein Rezensionsexemplar von Picus Verlag und