Gehört_193

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No Age „Everything In Between“ (Sub Pop)
Irgendwann bekommt man natürlich ein gewisses Glaubwürdigkeitsproblem, wenn man aller paar Wochen einen neuen Anwärter auf den Sieg in der bunten Lotterie zum Album des Jahres ins Rennen schickt – The Black Keys, LCD Soundsystem, The Divine Comedy, The Roots, natürlich Arcade Fire – zuletzt die zweite Grinderman. Allesamt erstklassige Platten und auf den ersten Blick will sich einem selbst nicht erschließen was denn um Himmels Willen das neue, dritte Album von No Age für einen Platz auf dieser Liste qualifiziert.
Wie auch der wunderbare Vorgänger „Nouns“ ist auch dieses wieder von recht fragwürdiger Produktionsqualität, klingt phasenweise seltsam flächig, blechern und unscharf, so als wäre die Aufnahme vor der finalen Pressung noch über einen Kurzwellensender gejagt worden. Und trotzdem steckt in „Everything In Between“ eine selten gehörte Vielfalt und ungefilterte, ungebremste Energie, roh und bei aller Einfachheit trotzdem – ja, klug. Und man lehnt sich sicher nicht zu weit aus dem Fenster, wenn man behauptet, No Age bekommen langsam den Stellenwert, den Fugazi zu Zeiten ihres Bestehens hatten und teilweise auch jetzt in punkto Nachlassverwaltung noch genießen.
Zum Start hämmert bei „Live Prowler“ ein unablässiges Anlassergeräusch auf den Schädel, der Song schleppt sich träge und in reizvoller Monotonie über die kurze Zeit, bevor dann in „Glitter“, der ersten Singleauskopplung, kreischende Noisegitarren mit einem vergleichsweise braven New-Order-Bass kontrastieren. Es bleibt laut und angenehm chaotisch – bei „Fever Dreaming“ legen die beiden Jungs aus L.A. los wie weiland die Ramones, das Jaulen im Hintergrund lässt sich nicht näher verifizieren, und auch „Depletion“ kann und will die Probekeller im Hinterhof nicht verleugnen. Zuweilen bremsen sich Randy Randall und Dean Allen Spunt auch etwas ein, „Common Heat“ oder „Valley Hump Crash“ haben – man reibt sich verwundert die Ohren – sogar liedhafte Züge.
Allein der Umstand, dass man jeden einzelnen der dreizehn Songs kommentieren möchte zeigt, dass No Age mit kleinster Besetzung ein erstaunlich großes Repertoire hervorzubringen in der Lage sind – Garage, Punk, Electro, Shoegazing, Noise, sollen nur kommen! Vieles wirkt grob zusammengehauen, unfertig und bezieht doch genau aus diesem skizzenhaften seinen Zauber. Ganze drei Instrumentaltracks werden auch noch untergebracht und selbst die fallen zum Rest keinesfalls ab. Das stampfende „Sorts“ grandios, „Shed And Transcend“ schnell, dicht, eine Furie, zum abschließenden „Chem Trails“ gerechte Arbeitsteilung am Mikro. No Age gehören im Übrigen auch zu der seltenen Spezies, die sich auch für ihre B-Seiten richtig Mühe geben – das wunderbare „Inflorescence“ mit dem überraschenden Keyboard-Break von der verlängerten „Glitter“-Version ist dafür das beste Beispiel.
Gerade erst am Wochenende konnte man die Klage des kanadischen Entertainers Chilly Gonzales lesen, in Deutschland gäbe es keine Bewunderung ohne Kritik. Lasst uns also damit hier und heute anfangen: Uneingeschränktes, schonungsloses Lobpreisen für diese Band und diese Platte – es würde nicht verwundern, wenn nach The XX auch das Album dieses Jahres eines in schlichtem schwarz/weiß wäre.
http://www.myspace.com/nonoage

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