Gegensätze ziehen sich an oder wie viel Unterschiedlichkeit tut einer Beziehung wirklich gut? (Copyright: Laura Gibson – Lauraland)
Darf ich mir eigentlich einen schlanken Freund wünschen? Im ersten Moment klingt es nach einer sehr, sehr dummen Frage. Wirklich? Denn im Alltag werde ich immer wieder mit den komischsten Fragen konfrontiert, wenn es um eine Liebesbeziehung geht. Fragen wie ‚wie groß darf ein Altersunterschied sein? Darf ich einen wesentlich jüngeren Mann lieben, oder muss er älter sein? Was ist, wenn er kleiner ist als ich? Oder wenn er schlanker, jünger und kleiner ist als ich?‘ sind nicht selten. Manchmal frage ich mich belustigt, ob ich mich überhaupt in den verlieben darf, in den ich mich verlieben möchte? Du regst dich beim Lesen auf über die letzte, absurd klingende Frage?
Schön… aber im Stillen mal ganz ehrlich: Hast du nicht selbst auch schon in der Stadt einen ungläubigen Blick hinter optisch deutlich unterschiedlichen Paaren hergeworfen und dir deinen Teil gedacht? Wenn der Gedanke positiv war, wie „toll, muss wahre Liebe schön sein“, dann super. Aber war nicht auch mal ein kleines gemeines „Was will der denn mit der?“ dabei? Letzteres schließt du für dich kategorisch aus? Sorry, aber das glaube ich dir nicht.
Denn die Meinungen anderer Leute beeinflussen uns nunmal. Konsequenz daraus ist: Ich muss mir ständig anhören, dass ich drauf sch*** soll, was andere von mir denken. Ja, klar, eine gute und gesunde Grundeinstellung zu sich selbst ist wichtig… aber im Alltag wird es schnell zum Blablabla.
Nämlich genau dann, wenn jemand dir im Bus gegenübersitzt und irgendwie komisch grinst. Du beziehst es automatisch auf dich, fühlst dich unsicher und zupfst nervös an deinem T-Shirt herum, um auch ja sicher zu gehen, dass es am Busen richtig sitzt und die Speckrollen kaschiert.
Dann heißt der gut gemeinte Rat meist: “Ignorier es einfach”. Ein ironisches Hoch auf diese glorreichen Weisheiten. Und abhaken, denn sie funktionieren nicht.
Wenn es um eine Liebesbeziehung geht, bleibt man auch nicht lange von Weisheiten wie „Gleich und gleich gesellt sich gern“ oder „Gegensätze ziehen sich an“ verschont. Ich stehe dann immer nur da und denke: „Hä, watt dann nu? Gleich oder unterschiedlich?“
Ja, in der Auffassung, bzgl. der Werte und einiger Grundprinzipien ist es für eine Liebesbeziehung sicher wichtig, ähnlich zu ticken. Aber wie langweilig Paare wirklich sind, die über die Jahre eher wie Bruder und Schwester wirken als noch irgendwie verliebt, weil sie sich so ähneln, muss ich hier nicht groß erklären. Die kennen wir alle aus unserem Bekanntenkreis. Vielleicht EIN Grund, warum so viele Beziehungen und Ehen bis zum 20-jährigen Jubiläum scheitern? Weil man letztlich vorhersehbar wird und das langweiligt irgendwann?!
Also doch die Gegensätze-Variante? Wählt man einen Partner nicht gerade auch deshalb aus, weil man eine Eigenschaft in ihm entdeckt hat, die man selbst gerne hätte? Gleiche Werte, gleiche Vorstellungen vom Leben sind schön und gut und sicher auch die richtige Basis. Wichtig ist aber auch ein Maß an Unterschiedlichkeit, denn man kann immer wieder Neues entdecken und die Beziehung fährt sich nicht ein.
Aber was ist, wenn die Unterschiedlichkeit sehr deutlich ist? Was ist, wenn er jünger, schlanker, attraktiver und, und, und ist? Der Mann, in den ich dachte verliebt zu sein, verkörperte eigentlich alles, was ich nie gesucht hätte, wenn ich gesucht hätte. Er ist in meinem Leben einfach passiert. Mit Happyend oder ohne ist unterm Strich total egal. Er war besonders. Und ist es nicht letztlich das, was das Phänomen Liebe ausmacht? Das unerwartete, nicht zu wissende Etwas, dass dieses besondere Gefühl hervorruft und so wunderbar unerklärlich ist … in all seiner Unterschiedlichkeit der Beteiligten …. und egal, was andere denken oder sagen.
Was meint ihr? Wie viel Unterschiedlichkeit von Partnern kann eine Liebe aushalten?