Gefühlsnebel

Gefühlsnebel

Foto copyright by Wolfgang Dirscherl / pixelio.de

Ich schlief wenig in dieser Nacht. Oft wachte ich auf. "Das hast Du alles nur geträumt!" dachte ich immer wieder. Doch dann registrierte ich., dass ich in Drejus Arm lag und er neben mir tief und fest schlief.
Nach 9 Jahren des Alleinseins wieder in den Armen eines Mannes zu liegen - es war ein unbeschreiblich schönes Gefühl der Geborgenheit, des Beschütztseins, der Nähe. Tiefe Liebe und Dankbarkeit stieg in mir empor. Immer wieder stützte ich mich ganz vorsichtig auf meine Unterarme und betrachtete den schlafenden Dreju. Mit seinen 42 Jahren hatte er keine Falte, die ich im Halbdunkel hätte erkennen können. Ohne seine goldumrandete Brille sah er noch jünger aus. Er hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit Wesley Snipes, er hatte mir auch erzählt, dass er das ein oder andere Mal von Leuten angesprochen wurde und gefragt wurde, ob er der amerkanische Schauspieler sei. Lachend hatte er gesagt:"Wie kommen die Leute nur darauf, dass isch Wesley Snipes ähnlisch se'en könnte... mais non... er sieht MIR gleisch!" An Selbstbewusstsein mangelte es Dreju also nicht, soviel war nach diesem Ausspruch sicher!
Glücklich kuschelte ich mich in seinen Arm und schlief wieder ein.
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"Bonjour Cheri!" hauchte eine männliche Stimme neben mir in mein Ohr und ein zärtlicher und weicher Kuss folgte direkt hinterher. "Es ist schon nach 10 Uhr! Mon Dieu! So lange 'abe isch schon lange nischt mehr geschlafen. Isch sage doch: Du bist meine Schlaftablette!"
Zaghaft öffnete ich meine Augen ein kleines Stück. Dreju lag neben mir - seinen Kopf auf seine Hand gestützt. Er betrachete mich lächelnd, strich über mein Haar und als er sah, dass ich wach war und meine Augen ein wenig geöffnet hatte, da beugte er sich über mich und küsste mich ganz sanft.
"Guten Morgen Dreju!" antwortete ich ihm und räkelte und streckte ich mich, um die Müdigkeit aus meinen Gliedern zu vertreiben. "Hast Du gut geschlafen?"
"Beloti, isch 'abe so gut geschlafen wie schon Jahre nischt mehr. Es war wundervoll, neben Dir zu schlafen!" antwortete er lächelnd.
"Beloti? Was bedeutet dieses Wort?"
"Beloti ist ein Wort aus meiner 'eimatsprache Lingala und bedeutet auf deutsch in etwa schöne Frau. Das bist Du für misch, eine wunderschöne Frau!"
Da waren sie wieder, diese Komplimente von ihm, die meine Seele streichelten und meinem Selbstbewusstsein so unendlich gut taten. Glücklich kuschelte ich mich an ihn.
So lagen wir ein paar Minuten, dann merkte ich, dass er langsam unruhig wurde.
"Wann musst Du Deine Kinder von Deiner Mutter holen?" fragte er mich.
"Wir hatten ausgemacht, dass ich zwischen 14 und 15 Uhr die Kinder wieder abhole. Warum fragst Du?"
"Isch will Deine Kinder nischt stören. Sie kennen misch noch nischt. Isch werde misch besser langsam auf den Weg machen, dann kannst Du in aller Ru'e 'ier wieder alles in Ordnung bringen und anschließend zu Deinen Kindern gehen."
"Bitte bleib noch ein bisschen", bat ich ihn, "ich habe noch genug Zeit!"
Wortlos nahm er mich in den Arm. Nach ein paar Minuten löste er sich vorsichtig von mir und ging ins Bad, um sich zu duschen.
Der Zauber der letzten Nacht verflüchtigte sich langsam wie der Morgennebel, wenn er allmählich aufsteigt und die Sicht auf die Landschaft wieder frei gibt. Ich ließ also die Realität Stück für Stück wieder zu und stand ebenfalls auf. Ich wollte noch ein schönes Frühstück für uns vorbereiten, doch Dreju sagte, dass er normalerweise nicht frühstückte und höchstens eine Tasse Tee morgens zu sich nahm.
Irgendwie hatte ich das Gefühl. dass er es nun eilig hatte.
Dreju zog sich an. Als er seinen Mantel an hatte, nahm er mich nochmals in den Arm, versicherte mir, wie schön es gewesen war und verabschiedete sich auf seine ihm so eigene wundervoll zärtliche Art und Weise.
Wir vereinbarten nichts weiter. Mir lag die brennende Frage "Wann sehen wir uns wieder?" zwar schwer auf der Seele. Aber ich wollte ihn nicht bedrängen, daher behielt ich sie für mich.
Als er gegangen war, fühlte ich mich sehr einsam. Einerseits schwang die letzte Nacht noch intensiv in mir nach, aber andererseits war ich auch sehr unsicher. Warum hatte er nichts mehr gesagt? Da war eine Stimme in mir, die sagte:"Er wird ganz sicher wieder kommen!" Es gab aber auch eine 2. Stimme in mir, die sagte:"Das wars! Jetzt hat er bekommen was er wollte! Er wird nicht wieder kommen!"
Hin und her gerissen von meinen Gedanken und Gefühlen duschte ich mich und brachte meine Wohnung wieder in Ordnung.
"Warum hast Du ihn nicht nach seiner Telefonnummer gefragt?" fragte ich mich immer wieder. "Dann könntest Du Dich auch bei ihm melden!" Doch instinktiv wusste ich auch, dass Dreju nicht begeistert gewesen wäre, wenn ich ihm angerufen hätte. "Eine richtige Frau will erobert werden, eine Frau mit Klasse bietet sich nicht an", hatte er mir an einem unserer Treffen gesagt. Er war in dieser Richtung noch sehr mit den alten Regeln der Partnersuche behaftet. Irgendwie fand ich das prickelnd und aufregend. Wenn nur diese Unsicherheit nicht wäre...
Gegen 13 Uhr machte ich mich auf den Weg zu meiner Mutter, um Bianca und Marco wieder abzuholen.
Freudig empfingen die beiden mich bei ihrer Oma. Sie hatten ein schönes Wochenende bei ihrer Großmutter verbracht, die sie nach allen Regeln der Kunst verwöhnt hatte. Nachdem mir meine Kinder und ihre Oma alles erzählt hatten, was sie so gemacht hatten, verabschiedete ich mich dankbar von meiner Mutter
Auf dem Heimweg dann fragten mich die beiden:"Und? Wie war dein Wochenende?"
Was sollte ich ihnen erzählen? Sie waren meine Kinder, ich musste vorsichtig sein mit dem, was ich ihnen sagte. So antwortete ich nur:"Es war schön. Ich bin aber auch sehr froh, Euch wieder bei mir zu haben!"
Ich bekam keine Chance mehr, mich mit Dreju und mir zu beschäftigen, Bianca und Marco nahmen mich komplett in Beschlag. Zuhause angekommen wurden noch die Hausaufgaben für die Schule gemacht, dann aßen wir gemeinsam zu Abend und schauten uns einen Film an. Schon war wieder Schlafenszeit, die Kinder mussten am nächsten Morgen wieder früh aufstehen und zur Schule gehen.
Erst als Bianca und Marco im Bett lagen, kehrte wieder Ruhe ein. Und mit der Ruhe kamen auch meine Gedanken um Dreju und mich wieder zurück. Den ganzen Tag hatte er sich nicht gemeldet. Warum? Wollte er Rücksicht nehmen und die Kinder und mich nicht stören? Oder hatte er keine Lust gehabt, sich zu melden? Gab es da irgend etwas, das ich übersehen hatte? Ein mulmiges Gefühl mischte sich mit meinen Gefühlen der Liebe zu Dreju.
Ich ging zu Bett. Ein anstrengender nächster Arbeitstag wartete auch auf mich.
"Wird er sich wieder melden? Und wenn ja, wann?" waren die letzten Gedanken, bevor ich einschlief.


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