Es ist der erste Urlaub für mich, seit dem ich mich intensiv mit Kapitalismus, Ausbeutung und Nachhaltigkeit beschäftige. Es war mir nie so bewusst wie jetzt. Die Themen des Blogs sind allgegenwärtig.
Im Hotel ist alles inklusive, sogar die Ausbeutung ist mit drin. Da sind freundliche Animateure und hilfsbereite Kellner. Sie sind jeden Tag da und haben somit keinen freien Tag. Dazu kommt, dass sie kaum freie Stunden haben. Von morgens bis abends sieht man sie fast pausenlos. Alles junge Frauen und Männer, kaum älter als 25. Vielleicht sammeln sie Geld für das Studium.
Sie sind immer gut gelaunt und arbeiten unerschöpflich wie fleißige Bienen. Ich muss da unweigerlich daran denken, wie viele in Deutschland für einen 8-Stunden Tag zur Arbeit kommen und so schlecht gelaunt sind, als müssten sie 12 Stunden und mehr arbeiten. Wie schafft man das, täglich 12 Stunden und mehr zu arbeiten?
Das Hotel könnte mehr Personal einstellen, das würde aber zu höheren Kosten führen und den Urlaub verteuern. Das widerspricht jedoch den Marktgesetzen. Ich muss für mich leider feststellen, dass ich Teil des Systems dieser Ausbeutung bin und dem nicht entkommen kann. Während ich unvergessliche Tage des Entspannens habe, blicken die Kellner auf weiterer harter Arbeitstage zurück.
Ich fühle mich nicht wohl bei diesen Gedanken und frage mich, wie ich einerseits mit den Finger drauf zeigen kann und andererseits diese Form der Ausbeutung noch unterstütze. Dieser Widerspruch nagt an mir und kann ihn nicht beantworten.
Frei hat das Personal vermutlich nur an den gesetzlichen Feiertagen, sowie wenn die Saison vorbei ist. Das Hotel hat von November bis März geschlossen. Bedeutet aber auch, dass in dieser Zeit kein Lohn gezahlt wird und das Personal gezwungen ist, doch eine Arbeit annehmen zu müssen.
Ein anderes Thema ist die Umwelt in der Türkei. Hier bin auch im System gefangen und kann dem mangels Alternativen ebenfalls nicht entkommen. Auf diesem Sektor ist die Türkei noch Entwicklungsland. Wasser gibt es ausschließlich in Plastikflaschen zu kaufen. Ich denke darüber nach. Ich habe vermutlich in den 11 Tagen mehr Plastikmüll verursacht, als in Deutschland in 6 Monaten. Glasflaschen sind nur für alkoholische Getränke vorgesehen. Es fehlt auch ein Pfandsystem. Alles kommt auf den Müll, der nicht getrennt wird.
Im Supermarkt gibt es auch kein Toilettenpapier, Küchen- oder Taschentücher aus recycelten Papier. Das 10er-Pack Taschentücher kostet gerade mal 50 Cent. Vermutlich kann das Holz zu diesen Preisen nicht legal produziert werden.
Bei der Kleidung sieht es nicht anders aus. Bio-Baumwolle ist nicht zu finden. Immerhin finde ich eine Badehose aus recycelten Polyester. In einem Laden der zum Bazar in Alanya gehört, kommt die Frage auf, wo die Jeans, Hemden und Co produziert werden. Ein wenig erleichtert bin ich, weil man vorgibt, in Istanbul zu fertigen. Zumindest nicht in den Slums in Bangladesch. Ich habe die Hoffnung, dass es in Istanbul bessere Arbeitsbedingungen gibt, aber sicher bin ich mir nicht. Überprüfen kann ich die Angaben auch nicht. Immerhin waren die Hosen und Hemden günstig und nicht billig. Auch ist nur ein schwacher Trost.