Während ich nichtsahnend an einem der vergangenen, warmen Sommerabende bei Kai und Birgit auf der Terasse beim zünftigen “Grillieren” verbrachte, eröffnete mir der Hausherr, das man ein letztes, kleines Trainingslager im schönen Tessin geplant hätte und ob ich den nicht Lust hätte, dazu zu stoßen. Hatte ich. Nach ein wenig Planung, hin und her, trafen wir uns dann am letzten Donnerstag spätnachmittags und verluden die Ausrüstung in Fügels Transit. Auf direktem und schnellstem Wege ging’s dann nach Tenero, direkt am schönen Lago Maggiore – gerade noch rechtszeitig für eine letzte Pizza des Kochs (und natürlich die obligatorischen Hefe-Weizen für Onkel Kai).
Auch wenn ich mich sonst damit zurückhalte, das zu trainieren, was andere trainieren, hörte sich der Plan im Grunde ganz vernünftig an. Außerdem bin ich ja auch diesbezüglich (wie auch grundsätzlich im Leben) flexibler als die meisten Zeitgenossen. Als erstes schrieb Bennie (Fügels Coach) uns einen gepflegten Kurztriathlon in den Trainingsplan. Also gleich mal nach dem Frühstück die Klamotten fertigmachen und ab in den See. Er war so warm, dass ich ohne Neo schwamm (während die Verfrorenen-Fraktion natürlich nicht vom Neo lassen konnte). So entfernte sich Kai dann auch recht schnell am Horizont und ich erwartete ihn auf dem Rückweg. Er kam und kam aber einfach nicht. Als es gar nicht mehr weiter ging, drehte ich um und war statt 1,5k circa 2,1k geschwommen. Man machte sich schon Sorgen um mich…
Also auf die Räder und volle Lotte Paarzeitfahren zur italienischen Grenze und zurück (40k). Nach flottem Wechsel dann noch die unvermeidlichen 10k laufen in der prallen Sonne und in inzwischen schier atemberaubenden Temperaturen. Ich nahm’s als Willensschulung für mich Kälte-Fetischisten und als gutes Thermo-Adaptions-Training. Hart war’s.
Dann ging’s zum gemütlichen Teil über, denn schließlich hatte sowohl Birgit (69er), als auch Onkel Jörgi (68er) Geburtstag. Nach extrem leckerem Gelati statt Kuchen ließen wir es uns im LungoLago direkt an der Promenade in Locarno gut gehen. Später kam noch Sportfreund René vorbei (mit nagelneuem, schicken Felt 29er) und wir ließen den Tag ganz gechillt an der Strandbar ausklingen.
Samstag war wie erwartet der einzige leicht verregnete Tag und wir verlegten unseren langen Lauf vor. Davor war noch langes Schwimmen angesagt aber irgendwie hatte mein Körper nicht so richtig Lust und so dümpelte ich mehr schlafend als wach durch den See. Abends führten René und seine Freundin uns in ein nettes Grotto im Centovalli. Extremst leckeres Risotto mit Rind plus Rotwein. Nice. :-)
Sonntag stand dann der Giro di Lago Maggiore (Seeumrundung) auf der Tagesliste. 180 gepflegte Kilometer mit einem schönen Abstecher hoch zum Lago d’Orta und einer einerseits dringend notwendigen, andererseits äußerst netten und hilfreichen Lunchbreak in Sesto Calende mit Cola, Wasser, Panini und Espresso. So muss das sein! Leider lasse ich mein iPhone auf dem Tischchen liegen (Dussel!), was einerseits für etwas Ungemach sorgt, andererseits aber eine wunderbare Lernerfahrung bescheert (vgl. “ausgeraubt werden auf meiner Weltreise”). Bis hierhin fuhren wir anständig mit Birgit und nach Hause machten wir dann wieder einen auf Paarzeitfahren (den Schnitt verrate ich hier jetzt lieber nicht – das glaubt uns eh’ keiner). Jedenfalls bestätigte sich meine Überzeugung eins auf’s andere Mal, dass Kai sich aufgrund der Trainingsleistungen locker “auf der linken Arschbacke” für Kona qualifizieren können müsste. 180k war ich (natürlich!) auch schon seit meiner letzten Langdistanz (Roth 2011) nicht mehr gefahren und ich war überrascht, wie gut das ging. Also vor meinen drei noch ausstehenden Mitteldistanzen dieses Jahr (Ulm, Zell am See, Paguera) habe ich jedenfalls keine Bange. Überdies taten mir die Berge gut für den IRONMAN 70.3 in Zell am See (denn da soll’s auf neuer Radstrecke gehörig steil den Berg hochgehen).
Montags musste Kai unbedingt noch eine von René empfohlene Killerrunde über die Alpe di Neggia fahren, die stets direkt im Blick von unserer Homebase sichtbar steil die Nordseite hinauf führt (1187 Hm auf 13 km). Das musste und wollte ich mir mit dem Zeitfahrhobel und 25er-Ritzel nicht geben und zeigte Birgit statt dessen das wunderschöne Valle Verzasca. Hier geht es nur zu Beginn zur Staumauer steil bergan (spektakulär anzusehen mit seinen 220m Höhe und vielleicht bekannt als Backdrop für die ebenso spektakuläre Bungee-Intro-Szene aus James Bond 007 “Goldeneye”).
Von dort zieht sich das Tal relativ flach mit ein paar Steilstufen hinauf zum Talschluss in Sonogno. Links und rechts wird man dabei begleitet von gewaltig steilen 2000ern und der in wildem Flussbett steil zu Tal stürzenden Verzasca. Kraftausdauer am Berg stand auf dem Menü und ich gab mir allergrößte Mühe, ein letztes Mal mit Dampf die letzten Körner zu verheizen und gleichzeitig alle anderen Biker zu versägen. Schon bei der Abfahrt bemerkte ich, dass es jetzt aber auch genug war.
Nach Hamsterkäufen (Schokolade, Kaffee, das “Übliche” halt) rutschten wir recht geschmeidig durch nach Hause und waren zu einem späten Abendessen wieder daheim. Schee war’s. :-)