Ganz die Mama

Wer kennt das nicht: Eines Tages dämmert einem, dass man endlich mal wieder etwas für die Fitness tun sollte und man fängt an, bei jeder Gelegenheit davon zu reden, dass man unbedingt mehr Sport machen sollte und dass man sich einfach noch nicht entscheiden kann, ob man lieber schwimmen oder Rad fahren möchte. Irgendwann gibt man sich einen Ruck, besorgt sich ein Abo und eine Ausrüstung und dann nimmt man sich ganz fest vor, sich regelmässig am Riemen zu reissen und die ersten drei Wochen geht das wirklich ganz gut. Voller Elan macht man sich auf zur körperlichen Ertüchtigung, voller Stolz verkündet man im Bekanntenkreis, man betreibe jetzt regelmässig Sport, voller Freude hätschelt man den ersten Muskelkater. Nach drei Wochen, manchmal auch etwas früher oder etwas später, ist es vorbei mit der ersten Euphorie, doch man rafft sich noch zwei oder dreimal auf, sich dennoch in die Sportkleider zu stürzen und den Lesesessel zu verlassen. Gut, während man dabei beim einen Mal noch den Weg in die Sporthalle findet, landet man beim anderen Mal schon vor dem Training im Café. Schliesslich ist der gute Vorsatz ganz verpufft und das Abo läuft ab, ohne dass man es je voll ausgeschöpft hätte.

So ähnlich war das auch mit dem Zoowärter und dem Muki-Turnen. Den ganzen Sommer über freute er sich darauf, im Herbst wieder jede Woche mit mir in die Turnhalle zu gehen. Jedes Mal, wenn er seine Turnhose sah, redete er davon, was er alles machen werde, wenn der Spass erst wieder losginge. Jedem, der es hören wollte, erzählte er, dass er dann wieder mit Mama ins Turnen gehen werde. Als es endlich soweit war, war die Begeisterung riesig. So riesig, dass ich ihm gleich ein Muki-T-Shirt bestellen und uns in die Liste der regelmässigen Teilnehmer eintragen musste. In der ersten Zeit hätte er täglich dorthin gehen mögen. Doch so langsam aber sicher kühlt sich die Begeisterung ab. Irgendwann begann er, auf dem Weg zu trödeln, er fragte mitten in der Stunde, wie lange das denn noch dauern würde und seit einer Woche nun weigert er sich, das Haus zu verlassen. Er wolle lieber schlafen, lässt er mich jeweils wissen, wenn ich ihn morgens zur Eile antreiben will.

Nun wäre es natürlich an mir, den Zoowärter zu motivieren, ihm zu sagen, dass Sport eine ganz tolle Sache sei und dass wir uns doch verbindlich angemeldet hätten. Und ich war heute Morgen, als er wieder nicht aus dem Bett kommen wollte, tatsächlich nahe daran, ihn zu überreden. Doch dann liess ich es bleiben. Denn weshalb soll ich von meinem Sohn etwas erwarten, was ich selber nicht zustande bringe? Wozu soll ich ihn zwingen, seinen inneren Schweinehund zu überwinden, wo ich doch meinen eigenen nicht im Griff habe? Und zu guter Letzt: Warum soll ich ausgerechnet in einem der wenigen Bereiche einschreiten, in denen mein Zoowärter nach mir kommt? Wo er doch sonst ganz der Papa ist.

Ganz die Mama



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