Gabriels nachgebessertes Rentenkonzept ist reiner Zynismus: 45 Beitragsjahre = Recht vor 67 abschlagsfrei in Rente zu gehen

An Zynismus ist das neue nachgebesserte Rentenkonzept der SPD Führung nicht mehr zu überbieten. Parteichef Sigmar Gabriel hast einen seiner Meinung nach gerechten Kompromis im parteiinternen Rentenstreit gefunden: Demnach soll ohne Abzüge in Rente gehen können, wer 45 volle Versicherungsjahre vorweisen kann. Es gehe einfach darum, auch diejenigen gerecht zu behandeln, “die ganz lange schon arbeiten”, sagte Gabriel am Sonntagabend im ARD-”Bericht aus Berlin”. Das SPD Rentenkonzept ist in der Partei sehr umstritten. Der linke Flügel sieht eine Gerechtigkeitslücke. Das angepeilte Rentenniveau von 43% zum durchschnittlichen Nettoverdienst ist ihnen zu wenig, die geforderten 45 Versicherungsjahre zu viel und unrealistisch.

Dennoch scheint sich wieder einmal mehr der rechte neoliberale Parteilügel in der Sache durchzusetzen, so dass es nur marginale Unterschiede zum Rentenkonzept der schwarz-gelben Regierung gibt. Die Unterschiede zwischen den grossen “Volksparteien” verwischen zunehmens.

Man ficht zur Zeit innerhalb der SPD auf der Detailebene den Kompromis aus. Dies wird aber keineswegs den von Grunde auf ungerechte Rentenschlüssel reormieren. Der Vorsitzende der SPD-Arbeitnehmer (AfA), Klaus Barthel, sagte zwar der “Berliner Zeitung”, es sei gut, dass überhaupt Bewegung in die Debatte komme. “Gerade für die Frauen wird dadurch aber nichts erreicht.” Das Berufsleben von Frauen sei nach wie vor oft durch längere Erziehungszeiten unterbrochen. Außerdem arbeiteten Frauen häufiger in sozialversicherungsfreien Minijobs. Dass dies auch viele Männer betrifft ist den Sozialdemokraten wohl nicht bewusst.

Derzeit wird die einst von der großen Koalition beschlossene Rente mit 67 bis 2029 schrittweise eingeführt. Gabriel als einer der Mitbegründer des Rentenkonzepts wollte bislang daran festhalten. Arbeitnehmer bekommen demnach nur dann mit 65 Jahren ihre volle Rente, wenn sie 45 Jahre Beiträge gezahlt haben. Im Unterschied zu Beitragsjahren gelten als Versicherungszeiten, die Gabriel nun stärker als Kriterium heranziehen will, auch Perioden der Arbeitslosigkeit sowie Kindererziehungsjahre. An der Absenkung des gesetzlichen Rentenniveaus von derzeit etwa 50 auf 43 Prozent des durchschnittlichen Nettolohns, will Gabriel nichts ändern. Das zeigt, wie realitätsfern und entmenschlicht Gabriel und seine Mannschaft ist.

Nach Hartz 4 ist nun auch das asoziale Rentenkonzept zum Sinnbild einer mutierten SPD geworden, die ihre ehemalige Klientel verraten hat und nun zusammen mit der FDP und den Unionsparteien in den Chor der radikalen Neoliberalen einstimmt. Sie trägt nicht dazu bei die aktuelle Krise zu lösen, sondern wird sie weiter verschärfen.

Die K Frage, der man sich in der SPD nicht stellen möchte, zumindest nicht noch in diesem Jahr, rückt im Kontext der aktuellen Diskussion in den Hintergrund. Denn wem von den aufgeklärten und kritischen Bevölkerungsteil interessiert noch eine Personalie in einer Partei, die keine wirkliche Aternative zur gegenwärtigen destruktiven Politik darstellt? Die Linke, Teile der Grünen und vielleicht in Zukunft auch die Piraten und die Freien Wähler bieten eventuell im kommenden Wahljahr eine Alternative. Aber auch gerade diese Parteien kämpfen mit den Folgen eines Transformationsprozesses. Die Linke geht im parteiinternen Kampf zwischen westlichen Fundamentalisten und östlichen Pragmatikern unter, die Grünen etabieren sich zu einer zusehens konservative und wirtschaftskonformen Partei für stylische Akademiker, die Piraten organisieren sich falsch oder gar nicht und gleiten in das Chaos ab, und die Freien Wähler proben die Emanzipitation von den Unionsparteien, möchten aber dennoch konservativ bürgerlich bleiben.

Was tun? Die Qual der Wahl wird nächstes Jahr besonders gross sein.

so long – humanicum


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